Eine magische Begegnung
er sich traf, wären mehr wie Lili.
“Versprechen Sie, dass Sie nicht mehr allein losziehen, um irgendwelche Leichen zu suchen.” Es war seine Pflicht, ihr das mit auf den Weg zu geben. “Überlassen Sie das der Polizei.”
“Ich überlasse es der Polizei”, wiederholte sie folgsam.
“Und Sie reden nicht mehr mit Fluffy.”
“Ich rede nicht mehr mit Fluffy.” Sie verschränkte die Hände hinter ihrem Rücken.
“Zeigen Sie mir Ihre Finger. Ich möchte mich vergewissern, dass Sie sie nicht überkreuzen.”
Sie hielt beide Hände in die Höhe. “Ich rede kein Wort mit Fluffy. Oder mit Erika oder Roscoe. Noch jemand, mit dem ich nicht darüber reden soll? Dann sagen Sie es am besten gleich. Vielleicht sollte ich mir einen Notizblock holen und mir alle aufschreiben.” Sie hielt sich rasch eine Hand vor den Mund. “Oops, da fällt mir gerade ein: Ich habe es schon meinem Boss erzählt.”
Er merkte, dass er mit ihr so herablassend geredet hatte, als sei sie so alt wie Erika. Statt wütend zu werden, machte sie sich über ihn lustig. Er zog eine Augenbraue hoch. “Und was hat er gesagt?”
“
Sie
meinte, ich solle vernünftig sein.”
“Das hört man gern.” Ihr Boss war offenbar eine kluge Frau. So wie die Frauen, mit denen er ausging.
Lili schwieg.
“Nachdem wir das nun geklärt hätten …” Tanner warf einen schnellen Blick auf seine Uhr. Er würde zu spät kommen, doch aufgrund irgendeines unerklärlichen Widerwillens, sie allein zu lassen, stand er immer noch wie angewurzelt hier herum.
“Noch etwas, das Sie mir verbieten wollen? Wie sagt man so schön? Reden Sie jetzt, oder schweigen Sie für immer.”
Was er wollte, war, den Abend mit ihr statt mit seiner Bekannten Anna, einer Buchhalterin, zu verbringen. “Ich bin verabredet.”
Sie legte den Kopf schief. “Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.”
Lili behauptete zwar, die Gedanken von Tieren lesen zu können, doch bei seinen Gedanken schien es – glücklicherweise – nicht zu funktionieren. “Ich habe heute Abend ein Date, aber bevor ich gehe, möchte ich mir sicher sein können, dass Sie alleine klarkommen.”
“Ich lebe schon geraume Zeit allein. Und ich kann sehr laut schreien. Falls also der Schwarze Mann oder Bigfoot bei mir anklopft, brülle ich so laut, dass sogar die Toten aufwachen.”
Solange es nicht die Leiche war, die irgendwo im Wald draußen lag …
Tanner konnte sich immer noch nicht losreißen.
Sie schwiegen beide. Dann fragte Lili: “Haben Sie Blumen für Ihre Verabredung besorgt? Frauen lieben Blumen.”
“Meine Bekannte gehört nicht zu dieser Sorte Frau.”
“Jede Frau gehört dazu. Warten Sie einen Moment.” Energischen Schrittes marschierte sie zum Haus, wobei ihre Wanderstiefel jede Menge Staub aufwirbelten.
“Ich muss hier weg”, murmelte er, als die Tür hinter ihr zufiel. Und doch wollte er bleiben. Er kannte Anna seit etwas mehr als einem Jahr. Drei Mal war er mit ihr ausgegangen, und ein Mal hatte er mit ihr geschlafen. Er war nicht verliebt in sie, und sie war es nicht in ihn. Tanner suchte weder einen Ersatz für Karen noch eine Mutter für Erika. Und er hatte übrigens keine Angst, sich gefühlsmäßig auf jemanden einzulassen, wie Roscoe des Öfteren behauptete. Aber zölibatär wollte er nun mal auch nicht leben.
In Lilis Gegenwart allerdings beschlich ihn das Gefühl, dass gelegentlicher Sex ein bisschen wenig war. Und dieser verdammte Gedanke machte ihm höllisch Angst.
5. KAPITEL
L ili kam mit einer Blumenvase, um die kunstvoll einige bunte Kreppmanschetten drapiert waren, wieder aus dem Haus.
“Das habe ich heute Nachmittag gemacht, als gerade nicht so viel los war”, sagte sie.
“Es ist …” Tanner suchte nach dem richtigen Wort. “Interessant?” Es klang wie eine Frage.
“Ich bin zwar keine richtige Blumenkünstlerin, aber ich bastle gern.” Sie hielt ihm den Strauß zur Begutachtung vor die Nase. “Nicht übel, oder?”
“Sehr gelungen.” Er hatte noch nie etwas Derartiges gesehen. Insgesamt war der Strauß eine wahre Sinfonie aus Farben – die Blumen wirkten exotisch und dennoch auf unbestimmte Art vertraut.
“Es sind Feldblumen. Ich habe sie selbst gepflückt.” Sie zuckte die Achseln. “Meine Chefin Kate meint, dass die Polizei mich eines Tages festnehmen wird, weil ich geschützte Pflanzen pflücke, aber ich habe keinen Kalifornischen Mohn genommen. Das wäre allerdings wirklich illegal.”
“Welche Blumen sind das?” Er betrachtete den
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