Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Mittelgewichts-Ehe

Eine Mittelgewichts-Ehe

Titel: Eine Mittelgewichts-Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
Vom Netzwerk:
vorstellst, was ich ihm sage, das ich dir nicht sagen kann, und was er sagen muß, das du nicht weißt.«
    »Ist dir das gerade eben eingefallen?« fragte er.
    »Nein«, sagte sie. »Ich habe abgewartet, bis du mich wirklich wieder wolltest. Ich habe abgewartet, ob es dir je wieder Spaß machen würde, mit mir zu schlafen.«
    »Natürlich macht es mir Spaß.«
    »Ja, ich hab's gemerkt«, sagte sie. »Aber jetzt habe ich diesen Hebel gegen dich. Ich spüre es, und du auch. Und daß ich ihn habe, gefällt mir genausowenig wie dir, also werde ich ihn benutzen, und dann wird er weg sein, und ich werde ihn nicht mehr haben.«
    »Es ist nicht alles gleich«, sagte Severin.
    »Merk dir, was ich gesagt habe«, antwortete sie. Später in der Nacht wachte sie auf; das Bett war leer. Severin Winter weinte in der Küche. »Nein, ich werde es nie tun«, sagte sie ihm sanft. »Komm wieder ins Bett. Es ist alles vorbei.« Sie umarmte ihn. »Hab keine Angst, ich liebe dich«, sagte sie. Aber später flüsterte sie: »Aber eigentlich sollte ich es tun. Aber ich tu's nicht.« Noch später sagte sie: »Vielleicht tu ich's nicht. Du sagst immer, du möchtest wissen, was ich denke.«
    Sie hatte das Gefühl, sie beide hätten frische Narben, die jeder am anderen sehen konnte. »Das machte uns befangen voreinander«, sagte mir Edith.
    Und Severin sagte mir: »Du siehst also, du und Utsch wart unvermeidlich. Wir hatten vorher schon über Vierer geredet, und ich glaube, wir interessierten uns beide für die Vorstellung, aber wir hatten beide unsere Zweifel. Ich glaube, wir fanden beide, es wäre besser als die heimliche Affäre, aber es könnte schrecklich sein, wenn man nicht die richtigen Leute fände. Na ja, ich habe nie das Gefühl gehabt, daß du und Utsch die richtigen Leute für uns seid - zumindest nicht für mich. Aber da es für Edith noch andere Motive gab ... verstehst du?«
    »Was willst du damit sagen?« fragte ich. Utsch war zu Bett gegangen. Zu ihr hätte er all das nicht sagen können, dachte ich. »Wenn du mir damit sagen willst, daß Edith diese Beziehung bloß hat, um es dir heimzuzahlen, dann glaube ich das nicht.«
    Er zuckte die Achseln. »Na ja, nicht bloß, um es mir heimzuzahlen. Es gibt immer noch andere Gründe ... für alles.«
    »Edith und ich fühlen uns aufrichtig zueinander hingezogen«, sagte ich.
    »Du und Edith wärt überhaupt nie zusammengekommen«, sagte er gelassen, »wenn da nicht diese andere Geschichte gewesen wäre. Ich hatte eben nicht ganz das Recht, sie zu bitten, es bleiben zu lassen.«
    »Und was ist mit Utsch?« fragte ich.
    »Ich mag Utsch«, sagte Severin, »und ich würde sie nie verletzen.« Er mochte sie! Dieser Arsch! So was von Mögen habe ich selten gesehen.
    »Willst du behaupten, du hättest keine eigenen Gründe, unsere Beziehung weiterlaufen zu lassen?« fragte ich. »Erwartest du etwa, daß ich glaube, du tust bloß Edith einen Gefallen?«
    »Es ist mir gleich, was du glaubst«, sagte er. »Ich sage dir einfach, warum die ganze Sache überhaupt angefangen hat. Edith und ich waren nicht auf gleich, verstehst du?«
    »Ich verstehe, daß du eifersüchtig bist«, sagte ich. »Egal wie alles angefangen hat. Ich verstehe, wie du jetzt bist.« Aber Severin schüttelte bloß den Kopf und sagte gute Nacht. Ich fragte mich, ob Edith ihn einlassen würde.
    Er blieb auch Edith gegenüber bei seinem Gerede von wegen Gleichheit. Er vermittelte uns das Gefühl, wir hätten damit gar nichts zu tun! Er reduzierte uns; er gab zu verstehen, daß die Verantwortung ganz bei ihm läge.
    »Es war nicht alles dein Entschluß!« schrie Edith ihn an.
    »Es war alles meine £/nentschlossenheit«, sagte er. »Und ich werde mit dir nie wieder weniger als auf gleich sein. Jetzt ist es gut«, sagte er uns allen leichthin. »Ich habe das Gefühl, ich bin jetzt wieder quitt.«
    »Du hast das Gefühl«, sagte Edith verächtlich. »Immer geht es um dich. Und ich nehme an, du wirst auch nie wieder mit einer anderen schlafen?«
    »Nein, nie«, sagte er. Er hatte soviel von einem Fanatiker, daß man ihm glauben konnte oder zumindest glauben konnte, daß er sich selber glaubte.
    »Ich will darüber nicht mehr mit dir reden«, sagte Edith kühl. »Ich weigere mich, dir zuzuhören.«
    »Behandle ihn nicht wie ein Kind«, sagte Utsch zu ihr.
    »Er ist ein Kind«, sagte Edith.
    »Seht mal«, sagte ich. »Wir sind zu viert, und es gibt von uns allen vier Versionen und wird es wahrscheinlich auch immer geben. Es ist albern,

Weitere Kostenlose Bücher