Eine mörderische Hoch-zeit
sich aus dem Sessel. »Und jetzt muss ich packen.«
»Versuch es.«
Seine leise Stimme klang derart gefährlich, dass sie stehen blieb. »Roarke, ich muss mich an die Regeln halten.«
»Nein, du musst ein Mensch sein.« Er schlenderte betont gelassen in Richtung der Tür und warf sie donnernd zu. »Bildest du dir ernsthaft ein, du könntest mich einfach so verlassen, weil du dich, als du ein Kind warst, gegen ein Monster zur Wehr gesetzt hast?«
»Ich habe meinen Vater umgebracht.«
»Du hast ein verdammtes Monster umgebracht. Du warst noch ein Kind. Willst du mir etwa ins Gesicht sehen und mir erzählen, dass man diesem Kind auch nur den geringsten Vorwurf machen kann?«
Sie öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu. »Es geht nicht darum, wie ich die Sache sehe, Roarke. Die Polizei – «
»Die Polizei hätte dich schützen sollen!«, schnauzte er sie in Gedanken an die grausigen Dinge, die sie hatte ertragen müssen, an. Nicht mehr lange, und er verlöre die Beherrschung. »Zum Teufel mit der Polizei. Was hat sie uns beiden genützt, als wir sie gebraucht hätten? Du willst deinen Dienst quittieren, weil die Polizei, verdammt noch mal, zu schwach ist, um die Unschuldigen, um die Kinder zu beschützen? Bitte. Wirf deine Karriere einfach weg. Aber mich wirst du ganz sicher nicht so einfach los.«
Er wollte sie bei den Schultern packen, ließ dann jedoch die Hände sinken. »Ich kann dich nicht berühren.« Erschüttert von der Woge der Gewalt, die in ihm toste, trat er einen Schritt zurück. »Ich habe Angst davor, dich zu berühren. Ich könnte es nicht ertragen, wenn das Zusammensein mit mir dich an das erinnern würde, was er mit dir gemacht hat.«
»Nein.« Jetzt war sie diejenige, die auf ihn zutrat. »Nein. Das tut es nicht. Das könnte es niemals. Es gibt nur dich und mich, wenn du mich berührst. Es ist nur so, dass ich diese Sache irgendwie endgültig hinter mich bringen muss.«
»Allein?« Dies war, wie er bemerkte, das allerschlimmste Wort. »So, wie du auch allein mit den Albträumen zurechtgekommen bist? Ich kann nicht in die Vergangenheit zurückkehren und ihn für dich töten. Ich würde alles, was ich habe und noch mehr dafür geben, dass es mir möglich wäre. Aber es ist nun mal nicht möglich. Trotzdem werde ich nicht zulassen, dass du auch nur versuchst, diese Sache ohne mich durchzustehen. Das ist völlig unmöglich. Also setz dich am besten einfach wieder hin.«
»Roarke.«
»Bitte, setz dich.« Er atmete tief durch. Auf Zorn und Ärger würde sie nicht reagieren. Ebenso wenig wie auf vernünftige Argumente, kämen sie von ihm. »Vertraust du Dr. Mira?«
»Ja, ich meine – «
»Soweit du überhaupt irgendjemandem vertraust«, führte er den Satz zu Ende. »Das genügt.« Er trat an ihren Schreibtisch.
»Was hast du vor?«
»Ich werde sie anrufen.«
»Es ist mitten in der Nacht.«
»Ich weiß, wie spät es ist.« Trotzdem gab er die Nummer der Psychologin ein. »Ich bin bereit, mich ihrem Rat in dieser Angelegenheit zu beugen. Und ich bitte dich darum, dass du das auch tust.«
Sie wollte ihm widersprechen, fand jedoch keinen vernünftigen Grund, und so legte sie müde den Kopf zwischen die Hände. »Also gut.«
Während des kurzen Gesprächs vernahm sie weder Roarkes ruhige Stimme noch Dr. Miras leise Antworten. Und als er wieder zu ihr kam und ihr eine Hand gab, schaute sie ihn fragend an.
»Sie ist auf dem Weg. Kommst du mit nach unten?«
»Ich tue das hier weder, um dir wehzutun, noch, um dich wütend zu machen.«
»Trotzdem ist dir beides gelungen, aber darum geht es nicht.« Er zog sie auf die Füße. »Ich werde dich nicht so einfach gehen lassen, Eve. Wenn du mich nicht lieben, nicht wollen oder brauchen würdest, müsste ich es tun. Aber du liebst mich und du willst mich. Auch wenn es dir womöglich nicht passt, ist es außerdem eine Tatsache, dass du mich auch brauchst.«
Trotzdem werde ich dich nicht benutzen, dachte sie, folgte ihm jedoch schweigend hinunter in den Salon.
Es dauerte nicht lange, bis Dr. Mira kam. In der gewohnten Manier erschien sie prompt und derart tadellos frisiert, als warte sie nur darauf, dass sie mitten in der Nacht zu Gesprächen quer durch die Stadt gebeten wurde. Sie reichte Roarke die Hand und nahm mit einem Blick auf Eve in einem Sessel Platz.
»Wenn möglich, hätte ich gerne einen Brandy. Ich glaube, es wäre gut, wenn der Lieutenant mir dabei Gesellschaft leisten würde.« Während Roarke die Gläser füllte, schaute sie sich
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