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Eine mörderische Hoch-zeit

Eine mörderische Hoch-zeit

Titel: Eine mörderische Hoch-zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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um. »Was für ein wunderbares Heim. Es macht den Eindruck, als hätte es glückliche Bewohner.« Sie legte den Kopf ein wenig schräg und wandte sich lächelnd an Eve. »Sie haben eine neue Frisur. Steht Ihnen sehr gut.«
    Roarke hielt überrascht im Einschenken des Brandys inne. »Was hast du mit deinem Haar gemacht?«
    Eve zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nichts Besonderes, nur… «
    »Männer.« Mira nahm ihr Glas entgegen und schwenkte die Flüssigkeit langsam im Kreis. »Warum machen wir uns überhaupt die Mühe? Wenn mein Mann mal wieder nicht bemerkt, dass ich etwas an meinem Äußeren verändert habe, behauptet er stets, das läge nur daran, dass er mich um meinethalben und nicht meiner Haare wegen liebt. Für gewöhnlich lasse ich ihn damit durchkommen. Nun denn.« Sie lehnte sich zurück. »Können Sie mir erzählen, was passiert ist?«
    »Ja.« Eve wiederholte alles, was sie Roarke erzählt hatte. Nur dass sie jetzt mit der kühlen, gefassten, distanzierten Stimme der geschulten Polizistin sprach.
    »Das war für Sie beide eine schwere Nacht. Aber auch wenn es Ihnen schwer fällt, das zu glauben, ist das der Anfang der endgültigen Heilung. Können Sie es akzeptieren, wenn ich sage, dass Ihr Hirn nach all den Jahren jetzt endlich bereit war, sich mit dem Grauen Ihrer Kindheit zu befassen?«
    »Ich glaube, ja. Die Erinnerungen wurden immer klarer und kamen immer öfter, nachdem – « Sie schloss gequält ihre Augen. »Vor ein paar Monaten hatte ich einen Einsatz, bei dem es um einen Streit innerhalb einer Familie ging. Aber ich kam zu spät. Der Vater war auf Zeus gewesen. Er hatte das kleine Mädchen in Stücke gehackt, bevor ich durch die Tür war. Ich habe ihn erschossen.«
    »Ja, ich erinnere mich. Das Kind, es hätte Sie sein können. Sie aber haben überlebt.«
    »Dafür mein Vater nicht.«
    »Und was für ein Gefühl vermittelt Ihnen das?«
    »Ich bin froh. Und gleichzeitig ist mir unbehaglich, weil ich weiß, dass ich zu solchen Hassgefühlen in der Lage bin.«
    »Er hat Sie geschlagen. Er hat Sie vergewaltigt. Es war Ihr Vater und Sie hätten von ihm beschützt werden sollen. Aber das hat er nicht. Was sollten Sie Ihrer Meinung nach deshalb empfinden?«
    »Das alles liegt Jahre zurück.«
    »Einen Tag«, verbesserte Dr. Mira. »Eine Stunde.«
    »Ja.« Eve starrte in ihren Brandy und kämpfte mit den Tränen.
    »War es falsch, dass Sie sich gegen ihn zur Wehr gesetzt haben?«
    »Nein. Es war nicht falsch, mich zur Wehr zu setzen. Aber ich habe ihn getötet. Und selbst als er bereits tot war, konnte ich nicht aufhören. Dieser blinde Hass, diese unkontrollierbare Wut. Ich habe mich gebärdet wie ein wildes Tier.«
    »Er hatte Sie auch wie ein Tier behandelt. Zu einem Tier gemacht. Ja«, sagte sie, als sie Eves Zittern bemerkte. »Er hat Ihnen nicht nur Ihre Kindheit und ihre Unschuld genommen, sondern Sie obendrein Ihrer Menschlichkeit beraubt. Es gibt Fachausdrücke für eine Persönlichkeit, die fähig ist zu tun, was er getan hat, aber um es schlicht auszudrücken«, erklärte sie mit kühler Stimme, »er war ein Monster.«
    Mira verfolgte, wie Eves Blick zu Roarke wanderte und ein paar Sekunden bei ihm verharrte, ehe sie ihn zurücklenkte auf ihr noch volles Glas.
    »Er hat Ihnen die Freiheit genommen«, fuhr sie fort, »hat Ihnen keine Wahl gelassen, hat Sie gebrandmarkt und geschändet. Sie waren für ihn kein menschliches Wesen, und wenn sich die Situation nicht geändert hätte und Sie überhaupt lange genug überlebt hätten, wären Sie selbst vielleicht niemals mehr gewesen als ein Tier. Und trotzdem haben Sie, nachdem Sie ihm entronnen sind, etwas aus sich gemacht. Was sind Sie jetzt, Eve?«
    »Eine Polizistin.«
    Mira lächelte. Genau diese Antwort hatte sie erwartet. »Und außerdem?«
    »Eine eigenständige Person.«
    »Eine verantwortungsbewusste Person?«
    »Ja.«
    »Fähig zu Freundschaft, Loyalität, Mitgefühl, Humor und Liebe?«
    Wieder blickte sie auf Roarke. »Ja, aber – «
    »War das Kind zu diesen Dingen fähig?«
    »Nein, es – ich war zu verängstigt, um etwas zu empfinden. In Ordnung, ich habe mich verändert.« Überrascht und erleichtert, weil der bohrende Kopfschmerz allmählich etwas nachließ, presste sie eine Hand an ihre Schläfe. »Ich habe mich zu einem halbwegs anständigen Menschen entwickelt, aber deshalb dürfen wir nicht darüber hinweggehen, dass ich getötet habe. Dass in der Sache ermittelt werden muss.«
    Mira zog eine Braue in die Höhe.

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