Eine mörderische Karriere
weniger mit Tom zusammen. Oder zumindest verbringe ich die meisten Wochenenden mit ihm.«
Pat warf ihr einen Blick zu, den Jane nicht zu deuten wußte, und sie empfand plötzlich ein merkwürdiges Gefühl der Angst. Es war ein besorgter Blick, ein Blick, den eine Mutter ihrem Kind zuwerfen mochte, das gerade erklärt hatte, es wolle jetzt mit Skydiving anfangen.
Jane war fünfzehn Jahre jünger als Pat. Sie hatten sich an der Universität von Toronto kennengelernt, wo Pat das Studium aufnahm, als ihre Kinder erwachsen waren. Jane, damals frisch mit einem anspruchsvollen älteren Mann verheiratet, sah sich mit Verantwortlichkeit und Verpflichtungen überhäuft, die ihr oft über den Kopf wuchsen. Sie hatte sich zu Pat hingezogen gefühlt, die eine Art mütterlicher Wärme ausstrahlte. Jane dachte, daß diese Eigenschaft einen Teil der enormen Anziehungskraft ausmachte, die Pat auf Männer auszuüben schien: Sie war stets von Männern umgeben, auch während ihrer Ehe mit Malcolm, und um so mehr jetzt, als geschiedene Frau. Doch Pat schwor, sie wolle nie wieder heiraten, weil es für sie ein unnatürlicher Zustand sei, sie wolle nur noch lockere Liebesbeziehungen, bis sie in das Alter kam, wo niemand sie mehr begehrte. Dann, meinte sie, werde sie sich mit Pornographie und ihren Phantasien über Wasser halten. »Ich will den Job nicht, mich um einen Mann zu kümmern«, hatte sie einmal gesagt, »und mir ständig Sorgen um sein zerbrechliches Ego machen zu müssen. Nein danke. Sie wollen nichts als heiraten, und dann endet es damit, daß du ihre Kleidung in die Wäscherei bringst, ihnen das Haus führst, ihre Freunde unterhältst und dich ihrer Vorstellung, wer sie sind, entsprechend verhalten mußt. Vergiß es.«
Jetzt, als Jane sie beobachtete, wurde ihr bewußt, daß mit ein Grund für ihr Kommen der Wunsch war, sich vor ihrem Gespräch mit Malcolm etwas Beistand und Rückenstärkung zu holen. Das ebenso wie der Wunsch, von einer Eingeweihten die Geschichte Malcolms und die Geschichte von Georgias Verschwinden zu hören. Doch anstatt Pat auf diese Dinge anzusprechen, erzählte sie ihr von ihren Problemen mit Tom.
»Ich liebe ihn, wirklich, aber das Problem ist, er ist krankhaft eifersüchtig. Es passiert einfach so, aus heiterem Himmel, aus keinem erkennbaren Grund. Er glaubt, jeder Mann, der mich sieht, begehrt mich, und daß gleich etwas läuft, wenn ich mit einem Mann zusammen bin. Und du weißt ja, in meinem Beruf verbringe ich fast die ganze Zeit mit Männern. Ich bin ihm hundertprozentig treu. Ich versteh’s einfach nicht.«
Pat lächelte, ein verständnisvolles Lächeln. »Hundertprozentig treu — was bedeutet denn das?«
»Das bedeutet, seit wir uns kennen, habe ich mit niemandem außer ihm geschlafen«, erwiderte Jane ärgerlich. Dann, als sie Pats amüsiertes Gesicht sah, fügte sie hinzu: »Eins ist merkwürdig: Es ist, als brächten seine Eifersucht und sein besitzergreifendes Verhalten andere Männer erst auf Ideen. Bevor ich anfing, mit Tom zu schlafen, machte ich zwei Jahre durch, in denen ich niemanden wollte und auch niemand mich wollte. Und jetzt... es ist als ob... wo ich gehe und stehe, scheine ich jemanden zu treffen, und es funkt irgendwie...«
»Du sendest Signale aus. Das ist es.«
»Aber wieso? Wenn das stimmt, und das glaube ich nicht, aber wenn es doch stimmt, wieso denn? Ich liebe Tom. Es ist, als hätte seine Eifersucht mich... mich — « Sie wedelte mit der Hand, weil ihr das Wort nicht einfiel.
»Scharf gemacht«, ergänzte Pat. »Er schickt dir widersprüchliche Impulse und macht dich dadurch verrückt, so sieht’s aus.«
Jane schüttelte den Kopf. »Ich versteh nicht, was du damit meinst. Aber ich bin auch sowieso nicht hergekommen, um über mein Liebesieben zu reden. Ich möchte einiges über Malcolm wissen. Ich muß wissen, was so in ihm vorgeht.«
»Oh, sicher, klar. Tja, dafür brauchen wir einen Drink. Rühr dich nicht vom Fleck. Ich bin gleich wieder da .«
Jane merkte, daß die Sonnenstrahlen jetzt länger waren, schräger, und daß das Licht sich verdichtet hatte. Sie fand ihre Uhr, wo sie sie abgelegt hatte, auf einem kleinen Tisch neben ihrem Stuhl. Vier Uhr. Pat kam mit einer Weinflasche in einem Weinkübel aus Terrakotta, zwei Gläsern, etwas Käse, Weintrauben und Crackern zurück.
»Malcolm«, sagte sie. »Wo soll ich anfangen?...«
»Malcolm«, sagte Jane lächelnd. »Erzähl mir von dem Mann, der alles hat — der Mann, den du verlassen hast.«
»Er
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