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Eine Nacht, Markowitz

Eine Nacht, Markowitz

Titel: Eine Nacht, Markowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayelet Gundar-Goshen
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und holte tief Luft. »Gut, es ist so.« Und dann erzählte sie dem Irgun-Vizechef von Feinbergs Kriegserlebnissen, wie er aufrecht ausgezogen und als gebrochener Mann heimgekehrt war, dass er nachts keinen Schlaf und tags keine Ruhe fand, sich mit Schwamm und Steinen die Haut abschürfte, wie ein geprügelter Hund bei jedem Geräusch zusammenzuckte, sich peinigte, wand und quälte wegen eines Geheimnisses, dem sie nicht nachzugehen wagte und das ihm keine Ruhe ließ. »Als das Kind kam, dachte ich, das würde ihn vielleicht retten«, sagte Sonia, und die Ohren des Irgun-Vizechefs bebten. Aber dann redete sie von dem Sohn von Bekannten, den man ihnen gebracht hatte, nachdem seine Mutter Selbstmord begangen und der Vater vor Trauer den Verstand verloren hatte. Sie sagte, einige Tage lang habe sie noch gehofft, die Anwesenheit des Kindes würde genügen, um Feinberg wieder normal zu machen. Der Trost jedoch, den das Kind brachte, sei nicht von langer Dauer gewesen, nur eine kurze Zwischenaufheiterung, ein einzelner Sonnenstrahl, nach dem der Winter umso frostiger aussah.
    »Jetzt habe ich zwei Kinder auf den Armen. Da kann ich mich nicht auch noch um Seevik kümmern. Ich wüsste auch nicht, wie.«
    Der Irgun-Vizechef blickte Sonia in die Augen. Er hatte erwartet, Tränen darin zu sehen, fand aber nur stumme, graue Granitfelsen. »Was soll ich denn tun?«
    »Er ist ja schon einmal mit Markowitz in dein Büro geflüchtet und hat dich gebeten, ihm das Leben zu retten. Damals hast du ihn nach Europa geschickt. Tu es auch jetzt.«
    »Nach Europa?«
    »Die Erde hier vergiftet ihn.« Der Irgun-Vizechef gab zu bedenken, dass die Erde Europas auch nicht gerade die reinste war, vielleicht sollte sie Feinberg in ein Sanatorium schicken? Sonia lachte laut auf. Nein, sie würde Feinberg nicht mit verdorrten Frauen und fantasierenden Künstlern zusammensperren. Genau wie sie einen lädierten Leoparden zur Genesung nicht auf einen Bauernhof schicken würde. Nicht aus Sorge um die Nutztiere, sondern wegen der unendlichen Langeweile, die dem Leoparden schaden könnte. »Er braucht einen guten Jagdplatz. Er braucht etwas, was er verfolgen kann. Etwas zum Hassen und etwas zum Lieben und eine klare Unterscheidung zwischen beidem.«
    Der Irgun-Vizechef sann kurz über ihre Worte nach. Die Jagdsaison war in vollem Gang, und schon öfter hatte er Feinberg vorschlagen wollen, sich den Kommandoeinheiten anzuschließen, die Europa auf der Suche nach entflohenen Nazis durchkämmten. Aber immer wieder hatte er den Gedanken verworfen. Er wusste sehr wohl, dass er seinen Freund nicht um der Rache des jüdischen Volkes wegen in die deutschen Wälder schicken wollte, sondern wegen eines grauen Augenpaars und eines leichten Zitrusdufts und wegen eines Kindes, das er noch nie zu Gesicht bekommen hatte, aber an das er nur zu denken brauchte, um in seinem Kopf Fragezeichen in Galopp zu versetzen. Doch jetzt lagen die Dinge anders. Nicht er wollte Feinberg wegschicken, Sonia persönlich wollte es. Ehe er noch begriff, was sein Mund tat, sagte er: »Unter einer Bedingung.«
    Sonia streckte überrascht den Rücken. Sie war gar nicht auf die Idee gekommen, dass der Irgun-Vizechef Bedingungen stellen könnte. Er selbst auch nicht. »Komm zum Arbeiten hierher, nach Tel Aviv. Ich brauche eine Sekretärin. Solange Feinberg in Europa ist, bindet dich nichts an die Moschawa.«
    »Aber das Haus – «
    »Ich miete dir eine Wohnung.«
    »Ich nehme an, du erwartest, einen Schlüssel dafür zu bekommen?«
    »Ich verspreche dir, nicht ohne ausdrückliche Einladung an die Tür zu klopfen.«
    Sonia sah den Irgun-Vizechef an und lächelte. »Verzeih, Efraim. Einen Moment habe ich irrtümlich angenommen, du wolltest meine Lage ausnutzen.« Der Irgun-Vizechef rügte Sonia. Die Bedingung habe er ja nicht nur seinetwegen, sondern auch ihretwegen gestellt. Stimmt, er wolle sie jeden Tag bei sich sehen (und jede Nacht und in den violetten Übergängen zwischen Tag und Nacht und Nacht und Tag), aber sie sei doch wohl kaum erpicht darauf, jetzt wieder pausenlos am Strand auf Feinberg zu warten, ein Kleinkind an jeder Hand. Es gebe Kinder zu ernähren und ein geregeltes Leben zu führen, und eine Frau könne nicht ohne ein ausreichendes Einkommen existieren. Denn seien wir mal ehrlich, Sonia: Vielleicht kann man vor Liebe sterben, aber es ist verdammt schwer, davon zu leben.
    »Also gut«, sagte Sonia. »Ich komme her.« Doch gleich fügte sie die Warnung an, dass sie keinen Stein

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