Eine Nacht und tausend Geheimnisse
sie verlassen hatte, statt ihr den erwarteten Heiratsantrag zu machen.
Sie blickte auf die Uhr und erschrak. Wenn sie weiterhin über ihr Schicksal grübelte, würde sie zu spät zur Arbeit kommen. Aber ihr war klar, dass sie den Erinnerungen nicht entfliehen konnte. Denn dass Trent und sie sich während der Dauer des Kongresses aus dem Weg gehen konnten, darauf wagte sie nicht zu hoffen.
Verflucht sei dieser hinterhältige Lügner und Frauenverführer, der sich Zwillingsbruder schimpfte! Trent Hightower knirschte vor Wut mit den Zähnen und eilte schnellen Schrittes auf den Fahrstuhl zu. Bevor er den Tagungsraum betrat, musste er unbedingt noch mit seinem Bruder sprechen. Wer war diese Frau? Und warum hatte der Bruder seine Ehe riskiert, nur um mit ihr zusammen zu sein? Hatte er denn gar nichts begriffen? Die zahllosen Affären ihrer Mutter sollten ihm doch eigentlich Warnung genug sein. Sowie die schwere Tür zu seiner Suite hinter ihm ins Schloss gefallen war, zog Trent sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer des Bruders. Ungeduldig lief er im Raum auf und ab. Warum nahm Brent nicht ab? Doch dann, endlich, hörte er seine Stimme.
„Hallo, Bruderherz. Wie ist es in Las Vegas? Bist du schon in deinem Hotel?“
„Brent, was, zum Teufel, hast du getan, als du letztes Jahr hier warst?“
„Sind viele Leute da?“ Sein Zwillingsbruder ging nicht auf die Frage ein. Typisch.
„Wer ist diese Frau?“, fuhr Trent ihn an.
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest“, sagte Brent in vorwurfsvollem, beinah beleidigtem Ton.
Das war zu viel. Trent kochte regelrecht vor Wut. „Ich bin im Hotel über eine Frau gestolpert, die behauptet, im letzten Juni bei mir in meiner Suite gewesen zu sein. Und du weißt so gut wie ich, dass ich im letzten Jahr nicht hier war. Du warst hier. Und du hast wieder meinen Namen benutzt. Bist du nicht allmählich zu alt für diese albernen Spielchen?“
„Ich habe es bei deinem Namen gelassen, weil ich sonst die Reservierung und die Akkreditierungen hätte ändern müssen. Denn du hast mich ja erst in letzter Sekunde auf diesen Kongress geschickt. Erinnerst du dich?“
„Allerdings. Weil die Firma in einer Krise gesteckt hat, die ich beheben musste. Erinnerst du dich?“ Eine Krise, die sein Zwillingsbruder verursacht hatte. Er hatte einem wichtigen Kunden Zusagen gemacht, die Hightower Aviation nicht hatte einhalten können. Trent hatte alle Hände voll zu tun gehabt, um schließlich doch noch das möglich zu machen, was der Bruder leichtsinnigerweise versprochen hatte. Denn Vertrauen und Zuverlässigkeit spielten im Geschäftsleben eine nicht zu unterschätzende Rolle.
„Wer ist sie, und was hast du da wieder angestellt?“
„Das kann ich so nicht sagen. Ist sie blond, brünett oder rothaarig?“
Trent konnte es nicht fassen. Dieser skrupellose Kerl! „Wie viele Frauen hast du denn gehabt?“
„Während der Messe? Lass mich nachdenken. Drei. Eine von jeder Haarfarbe.“
„Diese ist blond und heißt Paige.“
„Ach so. Die …“
Das klang so seltsam, dass Trent die Stirn runzelte. „Was ist mit der?“
„Nichts.“
„Hast du sie mit in deine Suite genommen?“
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann antwortete Brent: „Ja.“
„Und?“
„Das geht dich nichts an.“
„Du bist ein Idiot, Brent.“
„Du weißt doch genau, dass Luanne und ich damals Eheprobleme hatten. Da wollte ich ausprobieren, ob ich auch woanders Chancen hätte.“
„Eure Ehe steckt doch ständig in der Krise. Dauernd verkracht ihr euch wegen irgendetwas, und alle naselang fährt deine Frau zu ihrer Mutter. Aber was hast du dir nur bei dieser Geschichte gedacht?“
„Du musst diese Paige unbedingt loswerden, bevor Luanne und ich in der nächsten Woche nach Las Vegas kommen.“
„Bleibt lieber zu Hause.“
„Nein, das geht nicht. Meine Frau hat es sich in den Kopf gesetzt, endlich die Stadt kennenzulernen.“
„Das ist viel zu riskant.“
„Du schaffst das schon. Diese Paige muss verschwinden.“ Brent lachte leise. „Und auch andere Frauen, die möglicherweise plötzlich aus der Versenkung auftauchen. Wenn Luanne davon erfährt, ist der Teufel los.“
„Das würde dir recht geschehen. Aber irgendwie muss ich immer deine Fehler ausbügeln. Eins ist jedenfalls sicher: Deine Frau würde dir die Hölle heiß machen, und auch Hightower Aviation bekäme große Schwierigkeiten. Denn es ist durchaus möglich, dass sie diesmal genug von dir hat und dich verlässt. Was
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