Eine Nacht und tausend Geheimnisse
Schwestern und ich streiten uns auch manchmal, aber wir hängen sehr aneinander. Wer der einen etwas tut, bekommt es sofort auch mit den anderen drei zu tun.“
Trent sah so traurig aus, dass es Paige regelrecht ins Herz schnitt. Aber diese Gefühle durfte sie nicht zulassen. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Komm mit. Der Picknicktisch steht hier drüben auf der anderen Seite des Gewächshauses.“
Sie setzten sich unter den Sonnenschirm, der in der Mitte des runden Tisches angebracht war. „Weißt du, was ich hier in Las Vegas noch vermisse? Außer meiner Familie? Die Jahreszeiten. In Las Vegas scheint immer die Sonne, auch wenn es im Winter ein wenig kühler ist. Aber in South Carolina gibt es manchmal sogar Schnee.“
„Dann würde dir Knoxville gefallen. Wir haben alle vier Jahreszeiten und meist auch Schnee im Winter. Und im Frühling ist alles grün.“
„Wer weiß, auch wenn Knoxville nicht auf meiner Prioritätenliste steht, vielleicht komme ich doch eines Tages mal nach Tennessee. Aber jetzt lass uns essen.“
Sie stellte den Korb auf den Tisch und packte die Sandwiches aus. „Hier, nimm eins. Henri hat sie selbst gemacht.“
„Danke. Apropos, wie oft kommt er denn hier rauf, um nach seinen Kräutern zu sehen?“
„Nur frühmorgens. Warum?“
„Ich frage mich, ob du nicht Lust hättest, mir das Gewächshaus zu zeigen …“ Er lächelte sie auf eine so eindeutige Art und Weise an, dass sie sofort wusste, woran er dachte.
„Ich … ich weiß wirklich nicht, ob wir das tun sollten.“ Sie versuchte, ruhig durchzuatmen, um sich zu beruhigen. „Wenn man uns erwischt, werde ich garantiert gefeuert.“
„Und? Bist du bereit, das Risiko einzugehen?“
Um möglicherweise in Schimpf und Schande wieder nach Hause zurückzukehren? „Nein.“
„Bist du sicher?“
Nein, im Augenblick war sie so unsicher, wie man nur sein konnte. Sie wusste nur eins: Die Trennung von Trent würde sehr hart sein. „Ja.“
Er legte ihr die Hand in den Nacken, zog ihr Gesicht dicht zu sich heran und blickte ihr tief in die Augen. „Bis Montag hast du noch Zeit, deine Meinung zu ändern.“
„Ich weiß.“ Wie gern würde sie die Vernunft in den Wind schießen und nur ihrem Herzen folgen.
Tu’s nicht! Tu’s nicht!
Doch sie musste es tun, sie konnte nicht anders. Entschlossen drückte Paige die Taste. Sie musste einfach wissen, ob es vielleicht auch in Knoxville eine vergleichbare Position für sie gab wie hier in Las Vegas. Tatsächlich, zwei Hotels suchten Event-Manager. Als hätte man sie bei etwas Unrechtem ertappt, schloss sie das Fenster schnell wieder. Was sollte das? Sie machte es sich selbst nur immer schwerer. Am Montag würde ihre heiße Liebesgeschichte zu Ende sein. Schluss. Aus.
Das Telefon klingelte.
„Paige McCauley. Was kann ich für Sie tun?“
„Du kannst versuchen, euren Küchenchef dazu zu überreden, sein Käsekuchenrezept herauszurücken“, erwiderte Sammie.
„Schwesterchen, wie schön, dass du anrufst. Hast du denn schon Ferien?“
„Ja. Ich arbeite jetzt im Laden, mache aber gerade Pause. Und da dachte ich, ich ruf dich mal an. Wie geht’s dir?“
Endlich war Paige einmal in der glücklichen Lage, die Schwester nicht anschwindeln zu müssen. „Ich habe einen Supertypen kennengelernt. Der fährt genauso gern Achterbahn wie ich. Und hier gibt es jede Menge davon, musst du wissen.“
Sammie kicherte. „Und wie ist er sonst?“
„Groß und blond, eine Figur wie ein Sportler, witzig, intelligent und sexy.“
„Hört sich gut an. Was habt ihr denn für deinen Urlaub geplant?“
„Ich kann nicht weg, muss in der Nähe des Hotels bleiben. Das heißt, ich habe mich dazu bereit erklärt, abrufbereit zu sein, weil viele meiner Kollegen Urlaub eingereicht haben. Aber wenn ich mal ein paar freie Stunden habe, dann will ich – ich meine, wollen wir – zu ein paar der großen Shows gehen. Und ihr? Was macht ihr so?“
„Nichts Besonderes. Mom hat vor, das Haus gründlich auszumisten. Wird auch Zeit. Es steht einfach zu viel alter Kram rum.“
„Aber nicht alles wegwerfen. Vieles ist doch noch von Großmutter.“
„Eben.“
Paige musste lachen. „Entschuldige, Sammie. Du hast recht. Als ich so alt war wie du, wollte ich auch immer alles neu haben.“
„Na, sooooo alt bist du ja auch noch nicht. Aber sag mal ehrlich, hast du wirklich nicht vor, uns zu besuchen?“
„Nein, es geht leider nicht.“
Als Sammie schwieg, wurde Paige hellhörig. Irgendetwas war faul.
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