Eine Nacht und tausend Geheimnisse
Die Schwester war doch sonst nicht in ihrem Redeschwall zu stoppen. „Ist was passiert?“
„Nein … ja … ach, ich weiß auch nicht. Kelly und Jessie bringen mich um, wenn sie erfahren, dass ich es dir erzählt habe. Aber ich finde, dass du es wissen musst, falls du uns mal wieder besuchst. Und das wirst du ja hoffentlich.“
„Ganz bestimmt. Also, was ist es?“
„David ist wieder da.“
„Was? Zu Besuch?“
„Nein, für immer. Die Investmentfirma in New York hat ihn entlassen, und er hat hier einen Job bei der City Bank angenommen.“
David war zurückgekommen! Paige war vollkommen verwirrt. Viele längst verdrängte Gefühle stürzten auf sie ein. Aber die Schwester sollte nicht erfahren, wie es in ihr aussah. Sammies Mitleid konnte sie jetzt am allerwenigsten gebrauchen. „Das tut mir aber leid. Er hatte sich so darauf gefreut, in Manhattan zu arbeiten.“
„Wenn du mich fragst, er hat es nicht anders verdient.“
Eigentlich hatte Sammie recht. David war nicht nur die Ursache dafür gewesen, dass Paige ihre Heimatstadt hatte verlassen müssen. Auch jetzt noch sorgte er dafür, dass sie nicht so schnell zurückkehren konnte. Denn natürlich würde der Klatsch wieder einsetzen, und man würde sich in den verrücktesten Spekulationen über sie ergehen. „Grüß ihn schön, wenn du ihn das nächste Mal siehst“, sagte sie, sehr um einen gleichgültigen Tonfall bemüht.
„Soll ich wirklich?“ Offenbar kaufte Sammie ihr den Gleichmut nicht ab. „Ehrlich, Paige, du musst endlich mal lernen, wie man die Typen dafür büßen lässt, dass sie einem wehgetan haben. Glaub mir, Rache ist süß. Sieh mich an. Ich bin noch im College und weiß schon, wie ich die Kerle in die Knie zwingen kann.“
Paige musste lachen. „Herzlichen Glückwunsch. Aber mach dir keine Sorgen um mich. Ich arbeite in einem der besten Häuser von Las Vegas, ich habe einen Traumjob und habe schon viel von dem, was ich mir vorgenommen hatte, erreicht. David hat mir einen Gefallen getan.“
Je mehr sie darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr, dass all das genau der Wahrheit entsprach. Wenn sie David geheiratet hätte, dann hätte sie jeden Job angenommen, nur um bei ihm sein zu können. Seine Karriere wäre immer an erster Stelle gekommen, und den Traum, beruflich voranzukommen und überall auf der Welt zu arbeiten, hätte sie begraben müssen. Und die Liste, welche Städte sie unbedingt sehen musste, bevor sie vierzig war, hätte sie gar nicht erst aufgestellt.
Plötzlich war ihr, als würde ihr ein schweres Gewicht von den Schultern genommen. Das Leben war gut zu ihr. Sicher, der Montag würde noch einmal hart werden, aber sie würde auch das überstehen. Davon abgesehen hatte sie bisher genau das erreicht, was sie sich vorgenommen hatte.
9. KAPITEL
Ungeduldig trat Trent von einem Fuß auf den anderen. An diesem Freitagabend war er mit Paige in der Lobby des Lagoon verabredet. Warum war sie noch nicht da? Bestimmt schon zum zehnten Mal blickte er auf die Uhr. Der Zeiger hatte sich gerade um zwei Teilstriche weiterbewegt!
„Haben Sie es eilig?“
Donnie. Aus das noch. Mit einem gezwungenen Lächeln drehte sich Trent zu ihm um. „Ja, ich bin zum Essen verabredet.“
„Mit unserer hübschen kleinen Blondine?“
Unserer … Trent wäre Donnie am liebsten an die Gurgel gegangen. Doch er beherrschte sich. „Ja.“
„Paige ist ein reizendes kleines Ding. Aber ich habe für Mädchen aus den Südstaaten schon immer was übrig gehabt. Ihr Bruder offenbar auch.“
Achtung! Donnie wusste, dass Brent im letzten Jahr mit Paige zusammen gewesen war. „Ich möchte Sie nicht länger aufhalten, Donnie. Sie wollen doch sicher den neuen Comedian sehen. Er soll sehr gut sein.“
„Kein Interesse. Ich habe genügend Lachnummern als Kunden. So, dann teilen Sie sich in Ihrer Familie also die Frauen? Hat Paige es denn mit Zwillingen?“
Trent ballte die Hände in den Hosentaschen zu Fäusten, um nicht in Versuchung zu kommen, den grinsenden Kerl k. o. zu schlagen. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“
„Ich könnte schwören, dass Brent im letzten Jahr Ihr Namensschild getragen hat.“
„Vielleicht sollten Sie sich mal eine Brille verschreiben lassen.“
Donnie sah aus, als suche er nach einer schlagfertigen Antwort, doch dann verzog er den Mund zu einem schmierigen Lächeln. Mit dem Kopf wies er in Richtung Eingangstür. „Da ist ja unsere Kleine.“
Trent dachte fieberhaft nach. Was sollte er tun, wenn dieser
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