Eine Nacht wie Samt und Seide
entgegnete sie in ihrem hochmütigsten, eisigsten Ton, »dass ich ohne dieses besondere Amüsement leben kann.«
Die letzten Akkorde des Walzers wurden gespielt. Er kam mit ihr zum Stehen, lächelte, als er ihre Hand an seine Lippen hob. »Wir werden sehen.«
Sie rang darum, die Wärme zu ignorieren, die sich unter der Berührung in ihr ausbreitete, der andauernden Berührung seiner Lippen; sie wandte sich ab, schaute sich um. »Ich sollte besser zu Eugenia zurückkehren.«
Er blickte über die Köpfe der Umstehenden hinweg. »Sie ist dort drüben.«
Ein wenig zu ihrer Überraschung führte er sie geradewegs zu ihrer Tante, die auf einem Sofa an der Seite des Saales mit Lady Horatia Cynster und der wunderschönen und faszinierenden Dowager Duchess von St. Ives saß. Pris sah voller Erleichterung zu den drei Damen; in ihrer Gesellschaft war sie bestimmt sicher.
Der erste Verdacht, dass dem vielleicht doch nicht so war, kam ihr, als die drei Damen Dillon an ihrer Seite entdeckten. Eugenia strahlte; Lady Horatia und die Witwe begrüßten ihn überschwänglich. Pris, die neben ihm stand, hörte ihre neckenden, verschmitzten Bemerkungen und musste sich beherrschen, sie nicht mit offenem Mund anzustarren.
Sie ermutigten ihn!
Es gelang ihr zu verhindern, dass ihr die Kinnlade herunterfiel. Sie fing genug der berechnenden Blicke auf, die die drei Damen in ihre Richtung sandten, begriff genug von den verhüllten Spitzen in ihren Bemerkungen, um zu erkennen, dass sie hier keine Zuflucht finden würde.
Sie blickte sich um und entdeckte Russ ein Stück seitlich von ihr, Adelaide wie stets an seiner Seite. Sie hatte ihren Zwillingsbruder gerettet, jetzt konnte er dasselbe für sie tun.
Sie zog ihre Hand von Dillons Arm - nahm wahr, dass seine Aufmerksamkeit sich augenblicklich auf sie richtete -, behielt aber ihr süßes, unschuldiges Lächeln bei und machte vor den drei Damen einen Knicks. »Ich muss mit meinem Bruder reden.«
Zwei Schritte und Dillon hatte sich ebenfalls entschuldigt und folgte ihr auf den Fersen. Sie hatte nichts anderes erwartet, aber seine Geschwindigkeit bestätigte, dass die drei Damen auf seiner Seite standen.
Wie war es ihm gelungen, ihre Unterstützung zu gewinnen, und das sogar noch ehe sie wusste, dass er in der Stadt war? Was hatte er ihnen gesagt?
Ihr Verstand war wie gelähmt, aber dann ordnete er sich wieder. Er hätte ihnen nie alles verraten, das wäre zu schockierend; sie hätten ihn nicht mit so unverhohlener Billigung empfangen, seine Werbung nicht so willkommen geheißen. Vielleicht hatte er das eine oder andere vage angedeutet, wie nahe sie beide sich gekommen waren, ohne ins Detail zu gehen. Sie wusste genug über das Leben in der guten Gesellschaft, um zu wissen, dass er das vielleicht noch nicht einmal hatte tun müssen.
In jeder Hinsicht würden sie beide eine ausgezeichnete Verbindung eingehen. Und ausgezeichnete Verbindungen anzubahnen war Haupt- und Lieblingsbeschäftigung der älteren Damen.
Sie kam bei ihrem Bruder an, lächelte und deutete mit der Hand hinter sich. »Dillon ist da.«
Russ grinste ihn an und bot ihm die Hand. »Wunderbar.«
Da war etwas, schwang etwas in dem Blick mit, den Dillon und Russ wechselten, als sie sich die Hände schüttelten, das sie beunruhigte und dazu führte, dass sie sie beide scharf musterte.
Aber nein, beschwichtigte sie sich, er konnte nicht auch ihren Zwillingsbruder korrumpiert haben.
Zwei Minuten reichten aus, um sie zu der Erkenntnis zu bringen, dass er genau das getan hatte.
Adelaide strahlte Dillon natürlich an, war völlig zufrieden, da sie Russ neben sich hatte. Russ hatte recht rasch erkannt, dass er auf diesem Kampfplatz Adelaide nicht zu schützen brauchte; stattdessen konnte und würde sie ihn schützen; er hatte nicht gezögert, sich ihrer Hilfe zu bedienen.
Wenn Pris nicht guten Grund für die Annahme hätte, dass Russ’ Interesse, das bislang vorhersehbar unbeständig war, sich auf bestem Wege befand, dauerhaft jemandem zu gelten, hätte sie sich Sorgen um Adelaide gemacht. Wie die Sache stand, war sie die Einzige, die ihr Anlass zur Sorge gab. So verwunderlich es auch war, sogar Russ und Adelaide schienen zu glauben, dass sie und Dillon ...
Sie musste mit Russ reden und ihm die Lage erklären.
Aber ehe sie ihren Bruder beiseiteziehen konnte, stimmten die verflixten Musiker den nächsten Tanz an. Russ wandte sich an Adelaide und bat sie mit einem gewissen Funkeln in den Augen, mit ihm den Ländler zu
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