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Eine Nacht wie Samt und Seide

Titel: Eine Nacht wie Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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Pris am Rand des Wäldchens hinter dem Jockey-Club aus ihrem Sattel gleiten. Der Halbmond, immer wieder verborgen hinter vorüberhastenden Wolkenfeldern, spendete nur schwaches Licht; unter den Bäumen war es noch dunkler, ein unbehagliches Gefühl beschlich sie, es war nicht unbedingt unheimlich, mehr, als ob die Bäume den Atem anhielten, abwarteten, was kommen würde.
    Einen Schauer unterdrückend schüttelte sie diese Überlegungen ab und band ihre Stute an einen niedrig hängenden Zweig. Es gab Büsche und Sträucher unter den Bäumen, aber sie waren nicht so hoch und dicht, dass sie etwas so Großes wie einen dahinter lauernden Mann verbergen könnten.
    Sie trat zwischen die Büsche. In Hosen, Stiefeln und Jacke, mit einem Tuch um den Hals, das Haar hochgebunden und festgesteckt, einen weichen, breitkrempigen Hut tief ins Gesicht gezogen, konnte man sie aus der Ferne für einen Stallburschen halten. Der Himmel wusste, davon gab es genug in Newmarket.
    Sich vorsichtig weiter durch das dunkle Wäldchen schleichend, spähte sie nach vorne, suchte nach einem Anzeichen einer anderen Person, die sich heimlich dem Jockey-Club näherte. Sie konnte das Gebäude durch die Bäume sehen, der rote Ziegelstein war in der Nacht dunkel, aber der Mörtel schimmerte blass, und die weiß gestrichenen Fensterrahmen strahlten auf, wann immer sich ein Mondstrahl zu ihnen verirrte.
    Ihre Worte zu Eugenia am Esstisch hatten sie daran erinnert, dass sie tatsächlich wusste, wie Russ dachte. Zu dem Zeitpunkt, als er seinen letzten Brief an sie geschrieben hatte, hatte er noch nicht gewusst, was das Register war, nicht im Detail, und auch nicht, inwiefern es mit Harkness’ verbrecherischem Plan zusammenhing. Russ hatte vorgehabt, mehr über das Register zu erfahren. Er hatte gewusst, dass es im Jockey-Club aufbewahrt wurde; vermutlich war er dorthin gegangen und hatte einfach gefragt, so wie sie.
    Vielleicht hatten Caxton und sein Freund dabei den irischen Akzent bemerkt.
    Es würde auch ihr merkwürdig Vorkommen, wenn innerhalb kürzester Zeit zwei Leute mit genau dem - bis auf die Betonung - gleichen Akzent kämen und sich nach dem Register erkundigten. Kein Wunder, dass sie argwöhnisch waren.
    Besonders wenn sie Grund zu der Annahme hatten, dass ein Betrug geplant war.
    Am Ende hatten sie Russ schon im Verdacht.
    Sie wusste, dass Caxton sie verdächtigte. Wenigstens, dass sie am Rande damit zu tun hatte. Doch das war egal, sie musste einen Blick auf das Register werfen. Sobald sie das erledigt hatte, wüsste sie so viel wie Russ - vielleicht mehr, wenn er es noch nicht gesehen hatte.
    Berücksichtigte sie, wie kurz angebunden Caxton war, und dazu ihren Eindruck von seinem Charakter - vermutlich hart und unversöhnlich, was Fehltritte betraf -, würde sie sich die Mühe sparen, seine Schreiber zu bezirzen. Wenigstens, bis sie alle anderen direkteren Wege ausprobiert hatte.
    Sie wusste genau - es war keine Ahnung, sondern sie war restlos davon überzeugt -, dass Russ, wenn er noch nicht sicher war, was das Register enthielt, genauso wie sie jetzt vorgehen würde.
    Sich im Geiste die Daumen drückend, hoffte sie, dass Russ heute Nacht herkommen würde. Einen Blick auf das Register zu werfen und ihren Zwillingsbruder zu finden, sich zu vergewissern, dass er trotz allem gesund und wohlbehalten war, das war alles, was sie sich jetzt vom Himmel erflehte.
    Sie gelangte an den Rand des Gehölzes, ging neben einem Baum in die Hocke; langsam und gründlich betrachtete sie die Rückseite des Gebäudes, versuchte sich anhand dessen, was sie gestern von innen gesehen hatte, zu orientieren. Caxton hatte das Register als Archiv bezeichnet. Es musste mehr als einen Band umfassen, untergebracht irgendwo, aber sie war sich recht sicher, dass das aktuelle in seinem Büro sein musste, in einem der Regale dort.
    Alles, was sie brauchte, war ein Blick, genug, um zu sehen, was diese »vertraulichen Details« waren.
    Ein Fenster auf der rechten Seite des Gebäudes, an der Ecke, die ihr am nächsten war, stand verlockend ein Stück offen. Ihr Blick blieb an dem dunklen Spalt hängen; einen Moment später hatte ihr Verstand die Information verarbeitet. Sie hatte die Entfernung von der Mitte des Hauses, wo sich die Eingangs-halle befand, die sie über den Flur zu Caxtons Büro gegangen war, abzuschätzen versucht. Genau dort befand sich das offen stehende Fenster.
    Sie betrachtete es mit wachsendem Argwohn. Ihre Worte zu Eugenia gingen ihr durch den Kopf. Sie

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