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Eine Nacht zum Sterben

Eine Nacht zum Sterben

Titel: Eine Nacht zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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wasserdichte Stiefel und einen Anorak mit Kapuze angezogen; um den Hals trug er ein Fernglas. Darcy Preston kam in derselben Ausrüstung an Deck.
    Schließlich folgte auch Malik, der sich mit einem riesigen schwarzen Regenschirm gegen den Regen schützte. »Das letzte Fleckchen Erde, das Gott gemacht hat.« Der Pole bibberte vor Kälte. »Ich hatte ganz vergessen, daß es hier auch solches Wetter gibt.«
    »Das reinigt die Seele, Jacob.« Chavasse setzte das Schlauchboot aus. »Wir bleiben nicht lange – höchstens ein paar Stunden. Ich will mir nur ein Bild von den Größenverhältnissen machen, mehr nicht.«
    »Merkt euch den Weg, damit ihr auch wieder zurückfindet«, sagte Malik. »Das ist gar nicht so einfach in dieser Gegend.«
    Darcy Preston übernahm die Ruder; nach kurzer Zeit schon war die Alouette außer Sichtweite. Chavasse konzentrierte sich auf Karte und Kompaß, und Preston ruderte nach seinen Anweisungen; sie nahmen direkten Kurs auf Hellgate. Durch Sumpf, Schilfrohr und über schmale Flüßchen drangen sie immer tiefer in eine verlassene Welt ein.
    »Hier sieht alles aus, als hätte sich seit Urzeiten nichts verändert«, sagte Darcy.
    In dem Dickicht zu ihrer Linken raschelte es; das Schilfrohr teilte sich, und ein junger Stier bahnte sich einen Weg ans Ufer. An einer seichten Stelle blieb er stehen und beobachtete sie argwöhnisch.
    »Einfach weiterrudern«, sagte Chavasse. »Die Hörner von dem Burschen sind so lang wie dein Arm. Zu Fremden sind diese Tiere nicht besonders freundlich.«
    Darcy legte sich mächtig ins Zeug, und der junge Stier verschwand außer Sichtweite. »So einem Burschen möchte ich nicht im Dunkeln begegnen«, sagte er.
    »Warum läßt man die Tiere denn hier auch frei herumlaufen?«
    »Die Stiere werden hier gezüchtet – sie wachsen hier in Freiheit auf und werden kräftig und stolz. Das hier ist das Land der Stiere, Darcy. Die Leute beten die Burschen an. Und die Eindringlinge sind wir, nicht die Stiere.«
    Sie bogen in eine große Lagune ein, und keine fünfzig Meter vor ihnen erhoben sich die Türme eines Hauses aus dem Nebel. Chavasse machte eine rasche Handbewegung, und Darcy ruderte scharf rechts in den Schutz des Schilfrohrs. Dahinter war fester Boden. Sie steuerten ans Ufer und stiegen aus. Chavasse duckte sich und sah durch sein Fernglas.
    Malik hatte recht; das Haus war in russischem Stil gebaut. Es war ganz aus Holz; an den vier Ecken erhoben sich vierstöckige Türme, und an der vorderen Seite befand sich eine großzügige Terrasse. Das Gebäude war von Kiefern umgeben, die wahrscheinlich einmal eigens zu diesem Zweck gepflanzt worden waren; aber was ursprünglich ein Garten gewesen sein mochte, war nun eine Ansammlung von wild wuchernden Pflanzen, Gräsern und Bäumen.
    Das Ganze wirkte auffallend unecht – wie eine Imitation. Es hätte die Kulisse für ein Stück von Tschechow sein können, allerdings nur in einem Hollywoodschinken.
    Chavasse konnte keinen Landungssteg ausmachen; wahrscheinlich lag er hinter dem Haus. Strategisch gesehen war gar keine günstigere Lage für das Gebäude denkbar. Die Lagune hatte die Umrisse eines Halbmondes; sie war knapp hundert Meter breit und vielleicht zweihundert Meter lang. Bei Tageslicht war es nicht möglich, unbemerkt an das Haus heranzukommen.
    Er gab Darcy das Glas. »Was hältst du davon?«
    Der Jamaikaner sah hindurch und schüttelte den Kopf. »Das schaffen wir nicht. Bei Tage kommen wir da nicht heran.«
    Im selben Augenblick bellte ein Hund, und zwei Männer kamen um eine Ecke des Hauses gelaufen – es waren zwei Chinesen. Jeder trug ein Schnellfeuergewehr. Jetzt war der Hund neben ihnen; ein deutscher Schäferhund. Er lief aufgeregt hin und her, die Schnauze dicht über dem Boden.
    »Ich weiß zwar nicht, was er sucht; aber bei dem Regen wird er nicht viel wittern können«, sagte Darcy.
    »Da bin ich nicht so sicher.« Chavasse beobachtete die Szene gespannt durch das Glas. »Ein Schäferhund läßt sich nicht so leicht hereinlegen.«
    Rechts von ihnen waren plötzlich laute Geräusche zu hören; etwas planschte im Wasser, und die Spitzen des Schilfrohrs bewegten sich. Chavasse dachte erst, es sei wieder ein Stier; aber vorsichtshalber zog er seine Walther PPK. Ein Mann schrie auf vor Schmerz, dann hörte man wieder etwas ins Wasser klatschen, und schließlich rief der Mann auf französisch um Hilfe.
    Chavasse und Darcy bahnten sich einen Weg durch das Schilf; sie drangen bis zur anderen Seite der Sandbank

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