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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Haar war zerwühlt, seine Halsbinde hatte sich gelöst. War sie das gewesen?
    Er atmete aus und fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste, schwarz glänzende Haar. Er war so schön wie eine Sommernacht und doppelt so teuer wie der Mond. Als ihr Blick auf seine verwunschenen, haselnussbraunen Augen traf, leckte er sich die Lippen. Nell begriff, dass er sie schmeckte.
    Ihr wurde noch heißer, und sie errötete so heftig, dass ihr Gesicht wahrscheinlich in Flammen aufging.
    Träge lächelte er. »Ich bin wirklich froh, dass Sie beschlossen haben zu bleiben«, sagte er.
    Sofort sprang sie auf, ohne ihre weichen Knie zu beachten. »Wenn Sie froh bleiben wollen«, sagte sie zitternd, »dann verschwinden Sie auf der Stelle. Sonst …«
    Aber er war bereits aufgestanden. Nach einer lässigen, braven Verbeugung ging er zur Tür.
    Als die sich hinter ihm schloss, lief Nell ein Schauer über den Rücken – als ob sie gerade noch einmal entwischt war.
Aber nicht ihm
, dachte sie.
    Erschrocken, dass in seiner Umarmung die größte Bedrohung von ihr selbst ausging, schlang sie die Arme fest um sich.

7
    »In diesem Fall erspart uns schlichte Habgier einen ziemlichen Haufen Ärger«, sagte Daughtry trocken, den Blick auf den Frühstücksteller gerichtet. Er war ein schlanker, silberhaariger Mann, dessen deutlich gewölbte Brauen und dunkle, unter schweren Lidern liegende Augen ihm ein kritisches, skeptisches Aussehen verliehen, ganz gleich, was gerade der Gegenstand seiner Betrachtungen war. Im Moment zum Beispiel der Speck, den er gerade auf die Gabel spießte.
    Simon fragte sich häufig, ob Daughtrys Gesicht der Schlüssel zu seinem Erfolg war. Kaum etwas war an einem Anwalt so beruhigend wie Pessimismus. »Sie meinen«, sagte er, als er seine Kaffeetasse hob, »dass Grimston und sein Mündel nicht damit einverstanden waren, Cornelia für tot erklären zu lassen.«
    »Genau.« Daughtry kaute schweigend und presste dann die Serviette an die Lippen, wobei er exakt den faltigen Bereich abdeckte. Selbst das Frühstück aß er wie ein Advokat, langsam und methodisch.
    »Das ergab natürlich Sinn«, fuhr Daughtry fort. Er nahm die Gabel in die Hand und zielte auf die zitternde Mitte seines weich gekochten Eis. Anscheinend überlegte er, aus welchem Winkel er das Eigelb am besten in Angriff nehmen könnte, gab den Plan zu Simons Enttäuschung jedoch wieder auf und legte die Gabel auf den Teller zurück. »Gemäß den Bedingungen für die Treuhand können Katherine und Cornelia erst voll über ihr Vermögen verfügen, wenn sie heiraten oder das Alter von fünfundzwanzig Jahren erreichen. In der Zwischenzeit erhält Sir Grimston eine jährliche Summe für ihren Unterhalt und ihre Ausbildung. Hätten wir mit dem Antrag, Cornelia für tot erklären zu lassen, Erfolg gehabt, wäre diese Summe halbiert worden und Grimston und infolgedessen auch Lady Katherine hätten weitaus weniger zur Verfügung.«
    Simon nickte. »Aber Cornelias Wiederauftauchen hat die gleichen Auswirkungen.«
    »Ja.«
    »Wir müssen uns also auf einen harten Kampf gefasst machen.«
    Daughtry räusperte sich. »Wir sollten vorsichtshalber davon ausgehen.«
    »Ich bin schon gespannt, wie sie das abstreiten wollen. Sie sieht Kitty zum Verwechseln ähnlich.« Simon zögerte. Die Bemerkung hinterließ einen unangenehmen Nachgeschmack. Sie warf ein komisches Licht auf die lange Stunde, die er letzte Nacht wach gelegen hatte. Während er freudig Pläne schmiedete, wie er Nell ausziehen und verführen konnte, hatte er Kitty gegenüber ganz andere Gefühle. »Es sind Zwillinge«, ergänzte er. »Natürlich sehen sie sich ähnlich. Ich wollte damit nicht sagen, dass die Ähnlichkeit über das Aussehen hinausgeht.«
    Daughtry missverstand die Bedeutung seiner Worte. »Ja, darin liegt wahrscheinlich die Schwierigkeit. Selbst wenn die Ähnlichkeit mit Lady Katherine so außergewöhnlich ist, wie Sie sagen, müssen wir beweisen, dass sie nicht irgendein uneheliches Kind seiner Lordschaft ist. Das Kindermädchen kann zu Muttermalen und Ähnlichem befragt werden. Und es wird ebenfalls wichtig sein, die Identität der Frau zu bestimmen, die Lady Cornelia aufgezogen hat. Gestatten Sie mir, die Firma Shepherd and Sons für diese Zwecke zu empfehlen.« Er wandte sich um und warf dem bebrillten Sekretär, der neben der Anrichte platziert worden war, einen kurzen Blick zu. Der unterdimensionierte Bedienstete nickte und machte eine Notiz. »Ein sehr diskretes Trio«, fuhr Daughtry fort.

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