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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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hatte Nell eine Woche gegeben, um sich anzupassen. Er war nicht wie der alte Rushden, er hatte kein Interesse daran, ihren Geist zu brechen. Aber ihr Geist musste sich dem Hauptziel unterordnen, Lady Cornelia zu werden. Sonst hatte er keine Verwendung für sie.
    »Ja«, murmelte Andreasson. »Natürlich, Eure Lordschaft. Wie es Ihnen beliebt.«
    Er war absolut fügsam, dieser Schwede. Er wusste, wem er seine momentane Beliebtheit zu verdanken hatte. Simon begleitete ihn hinaus und ertappte sich bei dem Wunsch, dass Nell ebenso klug wäre. Mit diesen Wutanfällen sabotierte sie ihre Chancen. Wenn sie nicht kooperieren wollte, würde er sein Interesse an ihr überwinden und sie wieder vor die Tür setzen. Dann könnte er nach einer reichen Braut Ausschau halten.
    Und er würde sich keine Sekunde lang schuldig fühlen. Nell verkannte die Situation. Sie nahm seinen Wohlstand als gegeben hin und glaubte, dass die ganze Sache für ihn nur ein Spaß wäre. Wie falsch sie doch lag. Es gab keine schöneren Tage als die, an denen er neue Seiten seiner Macht entdeckte. Das Oberhaus war dieser Tage ziemlich zahnlos, er hatte seinen Sitz jedoch bei der ersten Gelegenheit eingenommen. Er gehörte zu den besten Clubs, auch wenn er kein Interesse an der Gesellschaft der Mitglieder hatte. Verschiedene Unternehmen hatten ihn in ihren Vorstand gebeten, nicht etwa wegen seines Geschäftssinns – den er nicht hatte –, sondern wegen der Ehre, seinen Namen in den Urkunden stehen zu haben. Simon hatte immer sofort zugestimmt. Die hündische Ergebenheit der Gesellschafter bedeutete ihm nichts, aber ihm gefiel der Gedanke, dass er sie bekommen könnte, falls er je in der Stimmung wäre.
    Wohlstand bot einem viele Möglichkeiten. Wenn sie glaubte, er würde das aufs Spiel setzen, war sie gewaltig im Irrtum.
    Als er sich dem Ballsaal näherte, merkte er, dass sein Unmut beinahe zu Zorn angewachsen war. Er wusste, dass überstürzte Worte ihm bei der bevorstehenden Konfrontation nicht helfen würden, und so blieb er kurz in der Tür stehen, um sich zu sammeln.
    Drinnen hatte Palmier die Fäuste in die Hüften gestemmt und die buschigen weißen Augenbrauen beleidigt in die Höhe gezogen. Nell ging vor ihm auf und ab. Sie hatte sich nach dem Frühstück umgezogen, und das blassrosa Kleid – zweifellos ein Entwurf für Bankierstöchter, die den Nachmittag damit verbrachten, in einem bürgerlichen Bungalow in Hampstead Blumen zu gießen – eignete sich kaum für ihre aggressiven Schritte. Sie erinnerte Simon an eine Wildkatze mit Halskrause.
    Oder an Kitty, dachte er, als er einen Riss in ihrem Saum entdeckte. Ein weiterer Wutanfall war im Anmarsch.
    »Sie drehen sich zu schnell«, sagte Nell zu Palmier. »Und wenn ich die verfluchten Röcke nicht heben darf, ist es wohl kaum mein Fehler, wenn sie im Weg sind, oder?«
    »Ah! Die Schleppe eines Ballkleids …«
    Sie wirbelte auf ihn zu. »Aber ich bin nicht auf einem Ball, oder? Und wenn doch, würde ich sicher nicht mit Leuten wie Ihnen tanzen!«
    »Sie würden über’aupt nischt tanzen«, blaffte Monsieur Palmier. »Kein Gentleman würde es wagen, Sie aufzufordern. Selbst ein Elefant ist leichtfüßiger!«
    Mit einem Ruck richtete Nell sich auf. Eine unheilvolle Stille breitete sich aus, als der alte Kauz und das Gassenmädchen sich wütend anblitzten.
    Nell hasste diesen kleinen Kobold. Sie hatte ihn jetzt sechs Tage hintereinander gesehen, und es hatte eigentlich ganz gut angefangen. Die Schritte von Quadrille, Polka und Gavotte waren ihr vertraut und keine große Herausforderung. Aber sobald die Sprünge eingeübt waren und es ums Schweben ging, strauchelte sie. Sie hatte nie zuvor Walzer oder etwas in der Art getanzt. In den Pubs, in denen sie getanzt hatte, war überhaupt kein Platz für schwungvolle Drehungen gewesen.
    »Sie müssen anmutig sein«, sagte er jetzt streng – als würde sie absichtlich herumstolpern. Dieser finstere Blick sollte bei einem so kleinen Mann nicht so furchterregend aussehen, aber er war verschrumpelt wie ein Gnom und hatte merkwürdige weiße, spitz abstehenden Augenbrauen. Er hatte so viel von einem Feenwesen, dass er die Peacock Alley entlanglaufen und die Milchkannen der irischen Frauen einsammeln könnte, ohne dass jemand gewagt hätte, ihn aufzuhalten.
    »Das versuche ich ja«, entgegnete sie. »Sie können kaum bemängeln, dass ich die Füße aufsetze. Auch Ladys haben Beine!«
    Hinter dem Klavier in der Ecke des Ballsaals ertönte ein Räuspern. »In

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