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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ihr feines Haar fiel und sie mich wieder anlächelte, hatte ich das Gefühl, sie sei nach Hause gekommen.
    Dann öffnete ich die Garagentür, und sie sah den Wagen, einen nagelneuen, schwarzen Jaguar mit einem Armaturenbrett wie in einer Raumkapsel. Ein verzweifelt teures Spielzeug für einen Mann, der sich verzweifelt im Junggesellendasein verstrickt hatte. Es war genau der Wagen, den er sich gekauft hätte.
    »Mein Gott, Jimmy.«
    »Ich weiß.«
    Ich erinnerte mich, daß es ihr nicht recht war, wenn ich ihr die Beifahrertür öffnete, doch als sie saß, zeigte ich ihr, wie man den Sitz elektronisch einstellte. Als ich rückwärts auf die Straße hinaus fuhr, drückte ich den kurzen Schalthebel fast schon wütend hin und her.
    Sie saß, den Sicherheitsgurt angelegt, genau in der Mitte des Beifahrersitzes – als habe sie Angst, mit dieser Karosserie des Bösen in Berührung zu kommen – und kicherte.
    »Was ist los?«
    »Tausend Pferdestärken, ein Dutzend Zylinder, eine Straßenlage wie ein Rennwagen, und du fährst immer noch wie eine alte Dame in ihrem Morris Minor.«
    Das tat weh. Doch dann amüsierte es mich. Sie hatte recht. Ich legte das Ungeschick eines Bücherwurms an den Tag, wenn es um technische Dinge ging: Elektrobohrer, Schraubenzieher, Heftmaschinen, Autos – sie gebärdeten sich alle aufsässig und hölzern in meinen Händen. Dabei hatte ich mich vor dem Studium in solchen Dingen gar nicht so ungeschickt angestellt.
    »Es ist so dumm«, sagte sie, »daß die Polizei dich überhaupt auf die Liste der Verdächtigen setzt. Man stelle sich dich mit einer Pistole vor.« Sie beugte sich zu mir herüber und küßte mich auf die Wange. »Ein Mann, der mit einem Jaguar so langsam fährt, könnte keiner Fliege was zuleide tun.«
    Wir blieben vor ihrem Haus stehen, das sich an einer Abzweigung an jenem Ende der Elgin Avenue befand, an dem die großen Villenwohnungen von Maida Vale den traurigen Reihenhäusern von Eastern Ladbrook Grove Platz machen. Ihr Haus gehörte einer Wohnungsbaugesellschaft, die es in drei Apartments aufgeteilt hatte. Sie hatte das mittlere. Unter ihr, erzählte sie mir, wohnte eine Frau mit vier Kindern und verwirrend vielen, einander abwechselnden Liebhabern.
    »Weißt du, bevor ich hierher gezogen bin, hätte ich nicht geglaubt, daß es solche Menschen gibt. Ich hab’ gedacht, die sind lediglich ein Hirngespinst der Rechten. Sie ist wieder schwanger geworden, bloß damit sie eine größere Wohnung kriegt.«
    Über ihr feierte ein Paar von den Westindischen Inseln erbarmungslos laute Partys, die am Freitag begannen und bis Sonntag morgen dauerten.
    »Vergiß nicht, den Wagen abzuschließen«, sagte sie.
    »Wohnst du hier, seit du gegangen bist?«
    »Ja.«
    »Vier Jahre?«
    »Fast fünf.«
    Ich machte ein düsteres Gesicht.
    »Ich wollte nicht gerettet, sondern allein gelassen werden. Ich habe eine Paranoia gegenüber Leuten entwickelt, die meine Adresse wußten. Wenn mir noch einer mit Gewalt gedroht hätte, wäre ich mit Sicherheit in einer Zwangsjacke gelandet.«
    »Ich hätte schon den Mund gehalten.«
    Sie drückte meine Hand, als wir um eine Barrikade aus schmutzigen Spielsachen herumgingen. Aus der oberen Wohnung drangen laute Reggae-Bässe. Daisy drehte den Schlüssel im Schloß. Als wir eintraten, schien die Musik noch lauter zu werden.
    »Für die bin ich Luft. In diesem Haus bin ich die Schwarze«, sagte sie, als wir von oben schwere Schritte hörten.
    Während sie Schubladen herauszog und Sachen in eine Tasche stopfte, wanderte ich fasziniert zwischen den beiden Zimmern der kleinen Wohnung hin und her und dachte darüber nach, in welch kärglichen Verhältnissen sie gelebt hatte. Wenn Reichtum bedeutet, daß man genug Geld hat, sich das zu kaufen, was man will, nicht nur das, was man braucht, dann war ich schon seit geraumer Zeit reich. Dieser Reichtum hatte sich sozusagen eingeschlichen. Aus Daisys Allerweltskieferntisch und -stühlen waren meine alten Eichenmöbel geworden, aus ihren Plakaten von Ausstellungen in Haywood-Galerien meine teuren Kopien und ein Original, und aus ihren Decken mein Entendaunenquilt. Während sie wütend und verlegen über die ohrenbetäubende Musik herummarschierte, betrachtete ich ihre Wohnung mit den Augen eines Snobs, doch gleichzeitig war mir bewußt, daß in meinem eigenen Haus ein bißchen die Liebe fehlte. Zum Glück hatte sie keine sichtbaren Erinnerungsstücke an ihr Leben mit ihm aufbewahrt.
    »Hat er dir denn überhaupt kein Geld

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