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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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nicht so viel, wie sie denkt. Und sie verwechselt dich mit ihrem Alten. Du verehrst sie – wie eine Ikone. Würde mich gar nicht wundern, wenn du nichts über sie als Mensch weißt; wahrscheinlich ist dir das sowieso egal. Du hast dir die ganzen Sachen, die das Leben für dich lebenswert machen, rausgepickt und alles in einen Mythos gepackt, damit du’s aushältst. In einen Mythos namens Smith.«
    Er grinste, stolz über seine Analyse.
    »Herzlichen Dank für diese Information, Oliver.«
    »Ich hab’ doch recht, oder? Weißt du, du und ich – wir sind unterschiedlich. Ich bin weiter gegangen als du. Ich hab’ keine Mythen; ich kann mich nicht auf Krücken stützen. Ich muß jeden Tag Scheiße den Berg raufrollen, und ich kann mir dabei nicht einreden, daß sich das auszahlen wird. Du könntest das, was ich mache, nicht. Du könntest die Scheiße nicht schippen, wenn du Daisy nicht hättest – ich meine den Mythos Daisy.« Er nahm einen Schluck Bier. »Aber ich sag’ dir was – wenn ich mir eine Ikone suchen würde, dann mit Sicherheit auch ’ne Amerikanerin.«
    »Tatsächlich? Ich hab’ gar nicht gewußt, daß du eine Schwäche für die Staaten hast.«
    »Hab’ ich auch nicht gewußt, bevor ich den Soziologiekurs gemacht hab’. Da ging’s mal um die Psychologie der Europäer, die emigriert sind – wie heißt die Insel, wo sie sich registrieren lassen mußten?«
    »Ellisisland?«
    »Yeah. In dem Buch geht’s um die psychologische Revolution, den Optimismus, das Lächeln der Leute, die wußten, daß sie entkommen waren …«, er machte eine Geste, die »Die Nutte«, die Rüschenvorhänge, ganz London, mit einbezog, »… dem Ganzen hier. Natürlich müßte ich da ein anderer Mensch sein. Ich werd’ nie mit ’ner Frau zusammenziehen, nicht mal mit ’ner Amerikanerin.«
    »Warst du schon mal verliebt, Oliver?«
    »Ich? Nun mach mal halblang. Ich bin mein ganzes Leben im Knast oder auf der Flucht gewesen. Die Nutten, mit denen ich’s zu tun gehabt hab’, wollten nichts von dem ganzen Scheiß mit der Liebe wissen. Das war immer bloß ’ne schnelle Nummer an irgend ’ner Hauswand, neben dem Pub, damit sie sich noch waschen konnten, bevor sie heimgingen zu ihrem Alten. So wollen die Flittchen das, schön schmutzig. Das törnt sie an. Für die bin ich ’n Wilder, ’ne heiße Nummer, so ’n bißchen S und M – bei mir kriegen die garantiert keine blauen Flecken, die ihr Alter sehen könnte. Ehrlich gesagt, glaub’ ich nicht, daß du sonderlich viel Ahnung von Frauen hast, James.«
    »Und du?«
    »Yeah, ich schon.«
    »Und das bloß von den Quickies an irgendeiner Hauswand?«
    »Warum bist du so sauer? Hab’ ich irgendwas gesagt?«
    »Ich bin nicht sauer. Ich glaub’ bloß nicht, daß du so viel über Frauen weißt.«
    »Weil ich im Knast war? Meinst du, ich bin schwul?«
    »Nein, Oliver, ich glaube nicht, daß du schwul bist. Jedenfalls nicht mehr als andere Männer.«
    Er rümpfte die Nase. »Tiere sind das, die Frauen. Bloß in ’ner hübscheren Verpackung. Nutten mit tierischen Trieben. Die lassen sich leicht manipulieren.«
    »Quatsch. Frauen sind das einzige, was uns vor der Selbstauslöschung bewahrt.«
    Er lachte verächtlich. »Dich hat’s ganz schön erwischt, Alter. Und das, obwohl sie das neulich mit dem Buch gebracht hat. Hätte ziemlich peinlich werden können, nicht nur für dich, sondern auch für mich.«
    »Das weiß ich.«
    »Nimm die mal lieber an die Kandare, mein Freund, bevor sie was wirklich Blödes macht.«
    »Und wie soll ich das deiner Meinung nach machen?«
    »Erteil ihr ’ne Lektion.«
    »Soll ich sie übers Knie legen? Sie ans Bett fesseln und vergewaltigen?«
    Er tat schockiert. »Das ist aber ziemlich unzivilisiert, James. Und nicht grade subtil, besonders, wenn man bedenkt, in was für einer Position du bist.« Er lächelte. »Aber neulich nacht ist mir was eingefallen.«
    Ich mußte zugeben, daß sein Einfall genial war, wenn auch ein bißchen brutal.
     
    Später in jener Woche trafen Daisy und ich uns im Garten eines Pubs in Belsize Park mit ihm. Ein unerwarteter Temperaturanstieg hatte die Menschen herausgelockt, die meisten davon zwischen Zwanzig und Dreißig. Daisy trug einen Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt, keinen Büstenhalter und einen kurzen Rock.
    Als Thirst von der Toilette zurückkam, flüsterte er: »Schaut mal, was ich vorm Klo gefunden hab’.«
    Er zeigte uns einen Autoschlüssel mit dem Aufdruck VW auf dem Schlüsselring.
    »Oliver!« rief

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