Eine riskante Affäre (German Edition)
Wenn es sein musste, würde sie auf die Ladelisten zurückgreifen. Das hing davon ab, wie viele Informationen Sebastian ihr beschaffen konnte.
Eine Magd trat mit einem Tablett ein. Darauf stand eine Terrine mit Fischeintopf. Das bedeutete, dass es Zeit für ihr eigenes Essen war.
Das Baby lag in der Wiege, wedelte mit den Händchen und machte einen recht unglücklichen Eindruck, als Jess vorbeiging. »Du solltest dir lieber ein paar Gedanken über diesen Burschen hier machen, wenn du ihn nicht willst. Noch ein paar Stunden, dann wird es dunkel, und er bekommt Angst so ganz allein.« Damit hielt sie das Thema für ausreichend erörtert.
Entweder hatte das geholfen oder etwas anderes. Auf alle Fälle stillte Flora den Säugling wenig später, und in dieser Nacht schliefen Mutter und Kind zusammen im Bett ein.
27
Garnet Street
»Versuchen Sie, die Haufen nicht durcheinanderzubringen. Sie sind geordnet, und ich weiß, wo sich was befindet. Mein Hauptproblem morgen dürfte sein, alles zu finden.«
»MacLeish hat noch Kisten mitgebracht. Da drüben.« Pitney sah alles andere als glücklich aus. Sie konnte erkennen, dass er sich allergrößte Sorgen wegen Papa machte, die schwer auf seinen Schultern lasteten und sein Gesicht um weitere zwanzig Jahre altern ließen.
»Alles von meinen Schreibtisch. Auch die übrigen Hauptbücher.«
Morgen um diese Zeit würde sie wissen, welche Schiffe Verrat über den Kanal trugen. Am darauffolgenden Tag würde Papa wieder zu Hause und außer Gefahr sein. Daran musste sie glauben. »Schaffen Sie die Akten heute Abend in den Wagen und postieren Sie eine Wache. Morgen Nachmittag etwa um drei Uhr fährt er zur Admiralität. Dort haben sie einen Raum für uns vorbereitet.«
Das Whitby-Lagerhaus war verlassen. Niemand außer ihr und Pitney sowie drei unten patrouillierenden Wachposten war noch da. Gähnende Leere, wohin man auch sah.
»Das ist verdammt gefährlich. Jess, das solltest du mit Josiah besprechen.«
»Das hat doch keinen Zweck. Ich weiß jetzt schon, was er sagen wird. Ich möchte seinen Anordnungen nicht zuwiderhandeln müssen.« Kedgers Käfig war leer. Sie kontrollierte den Futternapf und die Wasserschale. Beides war gefüllt. Auf dem Käfig lag noch ein Stapel Notizen, die sie dort abgelegt hatte. Jess nahm sie auf und schob sie sauber zusammen. »Und auch alles aus meinen Schreibtischschubladen. Dort sind Aufzeichnungen, die sich als hilfreich erweisen könnten. Schiffe, die gesichtet wurden. Schiffe, die nicht dort gesichtet wurden, wo sie sein sollten. Irgendwo da drinnen könnte die alles entscheidende Zeile stecken.«
»Jess, sie können dich für jede einzelne Seite in diesen Büchern aufknüpfen. Du schenkst ihnen zu großes Vertrauen.«
»Könnte schon sein. Aber es ist ohnehin zu spät für eine Kehrtwende.«
»Aber nicht, um England zu verlassen.« Pitney sah miserabel aus. Er war mutig wie ein Tiger, wenn es darum ging, mit einem Zollboot fertig zu werden. Papas Verhaftung hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Wäre Papa erst von allen Vorwürfen freigesprochen, würde es auch Pitney wieder gut gehen.
Sie blickte ein letztes Mal auf all ihre Karten und Listen, ihre Briefe und Berichte. Auf ihre gesamte Planung. »Morgen werde ich Cinqs Namen kennen. Ich werde es auf jeden Fall schaffen. Sie glauben gar nicht, wie viel Papier die für mich zusammengerafft haben.«
»Überleg dir gut, was du tust.« Pitney nahm die Papiere von ihr entgegen, als erhielte er den Befehl zu seiner eigenen Exekution. »Es muss noch einen anderen Weg geben.«
Genau das war das Problematische im Leben. Manchmal gab es keinen.
28
Es war kurz vor neun Uhr morgens, als Sebastian die Glocke in der Meeks Street betätigte. Doyle stieß zu ihm, schloss die Tür zum Arbeitszimmer auf und ließ ihn zu dem Alten.
Whitby schrieb gerade Briefe. Er hatte drei Blätte r ordentlich nebeneinander aufgereiht, um sie zu trocknen. Der Geheimdienst würde einen Blick darauf werfen, ehe sie verschickt wurden, so wie man auch die an Whitby gehende Post geöffnet hatte. Die Times lag gefaltet bereit, ein glänzend roter Apfe l obenauf.
Heute hatte er sich französischen Seidenbrokat um den Leib geschlungen, cremefarben und karmesinrot gestreift. Ein teurer Stoff für eine Weste, aber Josiah Whitby konnte ihn sich leisten.
»Ah.« Whitby sah ihn kurz an, blieb jedoch sitzen. »Ein neues Gesicht.«
Sebastian ließ sich Zeit, als er den Raum durchquerte. Er stützte sich mit den Knöcheln auf
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