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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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wäre doch mal ein Anfang. Hast du einen Schilling bei dir?«
    Sie blickte zu ihm hoch. »Ja.«
    »Gib ihn mir.«
    Sie kramte in einer Tasche mit Kleingeld und angelte einen Schilling heraus. Kein so neuer und glänzender wie der, den er für sie gegeben hatte, jedoch vollkommen ausreichend.
    »So«, verkündete er. »Nun hast du deine Seele zurückgekauft. Pass das nächste Mal besser auf sie auf.« Er verstaute den Schilling sicher in seinem Uhrentäschchen.
    »Gib ihn aber nicht nur für Würstchen aus«, empfahl sie.

26
    Kennett House
    Floras kleiner Junge war zwar wohlauf, bekam jedoch allmählich Hunger. Unten in der Küche schafften sie es, ihm ein wenig Ziegenmilch einzuverleiben, aber Eunice wollte keine Amme holen. Sie schickte ihn einfach immer wieder zu seiner Mutter hoch, die ihn in der Wiege liegen ließ.
    Flora ging es gar nicht gut. Den ganzen Tag schon lag sie nur da, starrte vor sich hin und gab nur Antwort, wenn sie direkt gefragt wurde. Ansonsten sprach sie kaum ein Wort und ignorierte das Baby.
    Offensichtlich dachte Eunice, dass Jess da vielleicht helfen könnte. Jedenfalls hatte sie sie gleich nach ihrer Rückkehr aus dem Lagerhaus zu Flora geschickt.
    Neben dem Bett der Wöchnerin stand ein Stuhl. Jess nahm Platz, stellte die Füße auf die Querstrebe des Stuhls und blickte aus dem Fenster. Dabei spielte sie mit einer Haarsträhne. So viele Leute erwarteten morgen eine Antwort von ihr. Vielleicht fand sie aber gar nichts. Oder die Antwort würde ihr nicht gefallen. Sie schloss die Augen und fühlte sich leer.
    »Du bist Lazarus entkommen. Das schafft keiner.« Es war so ungefähr das Erste, was Flora zu jedem gesagt hatte, von sich aus.
    »Komplizierte Angelegenheit.« Jess fuhr fort, sich Haarsträhnen durch die Finger zu ziehen. Im Augenblick war sie selbst nicht gerade sehr gesprächig.
    »Ich habe von dir gehört. Von der Zeit, als du ›die Hand‹ warst. ›Jess, die Hand‹.«
    Sie zuckte die Schultern. Das Baby in der Wiege gab leise Laute von sich, wie ein Kätzchen oder Ähnliches. So klangen Säuglinge meist in den ersten paar Wochen. »Das ist schon Jahre her.«
    »Einmal bist du durch einen Tunnel in eine Bank eingedrungen, und als es zu regnen begann, wären deine Verfolger alle beinahe ertrunken. Darüber lachen die Brüder noch heute.«
    »In dieser Stadt fällt ständig Regen. Würde ich das Ganze heute machen, dann auf andere Weise.« Sie hatten dieser Frau heute von früh bis spät die Hand getätschelt und sie dazu ermutigt zu reden. Vielleicht täte ihr jetzt ein wenig Ruhe gut.
    Flora setzte sich im Bett auf. Sie war älter, als Jess angenommen hatte. Sechs- oder achtundzwanzig. Eunice hatte sie in ein riesiges weißes Baumwollhemd mit etwa sechzig kleinen Knöpfen auf der Vorderseite gesteckt. Ihr Haar war streng zurückgekämmt, und sie machte einen erschöpften Eindruck. Dennoch war sie schön. Lazarus wählte sich immer hübsche Mädchen als Gespielinnen.
    »Er hat Twist ständig erzählt, was du alles besser konntest. Er meinte, dass du einen Bruch so planen konntest, dass er reibungslos über die Bühne ging.«
    »Das sagt er nur so. Mir hat er immer von diesem Jungen namens Hawker vorgeschwärmt. Vor meiner Zeit. Es hatte den Anschein, Hawker könnte alles – außer übers Wasser zu gehen.«
    Flora drehte die Hände in den Decken. »Die sind alle sehr freundlich hier. Aber sie verstehen es nicht. Ich hab da gewisse Dinge getan. Du kennst die Art von Dingen, die ich tun musste.«
    »Keiner wird je von ihnen erfahren, wenn du es für dich behältst.«
    »Ich erkenne mich selbst nicht wieder. Ich bin … Ich kann nicht glauben, was aus mir geworden ist.«
    »Darüber kommst du schon hinweg. Du kehrst nicht in dein altes Leben zurück.«
    »Du verstehst das, nicht wahr? Alle anderen sagen nur, dass ich machen kann, was ich will, und mich nicht zu sorgen brauche. Aber du verstehst es.« Flora legte sich hin und starrte wieder an die Decke. »Ich kann nicht nach Hause zurück.«
    »Das ist wirklich ganz allein deine Sache. Wenn du nichts mehr zu verlieren hast, kannst du sein, was auch immer du sein möchtest.«
    Das brachte Flora ins Grübeln. Jess fragte sich, ob sie das Richtige gesagt hatte, und kam zu dem Schluss, dass es am Ende wahrscheinlich ohnehin keine Rolle spielte, was sie der jungen Frau riet. Flora würde schon von allein dahinterkommen. Genau wie alle anderen.
    Jess blieb noch eine Weile bei ihr sitzen und überlegte, wie sie morgen vorgehen würde.

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