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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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fühlte sich wie das Natürlichste von der Welt an. Kalte Zonen in ihrem Inneren öffneten sich und ließen die Wärme hinein. »Ich versuche zwar ununterbrochen, ihn frei zu bekommen, aber ich schaffe es nicht. Ich habe auch schon unsere Freunde um Hilfe gebeten, doch nichts klappt.«
    »Ist Ihr Vater Josiah Whitby? Der Whitby, dem diese Lagerhäuser und die Schiffe gehören? Whitby Trading?«
    »Genau der.«
    »Dann sollte er besser auf Sie achtgeben, verhaftet hin oder her. Er hat Sie doch nicht etwa allein gelassen, ohne dass sich jemand um Sie kümmert, oder?«
    »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen, meistens. Normalerweise gelingt mir das besser.«
    »Da bin ich mir sicher. Was aber nicht heißt, dass Sie allein bleiben sollten.« Eunice klang schroff, und auch das tat gut. »Sie müssen große Angst haben.«
    Angst? Oh, das traf den Nagel auf den Kopf. Ihre Angst war praktisch grenzenlos. Wahre Ozeane der Angst erstreckten sich in alle Richtungen. Sie hatte Angst, wenn sie vor Sonnenaufgang aus dem Schlaf schreckte. Angst im Büro. Angst, wenn sie sich von morgens bis abends das Hirn zermarterte, in dem krampfhaften Bemühen, sich ein Gesamtbild von Cinq zu verschaffen, um herauszufinden, wer er war. Angst, wenn sie Papa in diesem verschwiegenen, hinterlistigen Haus in der Meeks Street besuchte. Und Angst, wenn sie sich nachts hinlegte, nicht schlafen konnte und Stunde um Stunde mit in die Laken gekrallten Fingern wach lag.
    »Ich besuche Papa jeden Tag zur Teestunde. Er macht sich Sorgen … « Dann kam sie irgendwie auf das Haus in der Meeks Street. Darauf, wie man sie hinter der Wand belauschte, wenn sie bei Papa war. Wie er sich so verdammt ruhig und fröhlich gab, dass es ihr durch Mark und Bein ging. Wie sie nach Cinq suchte.
    Sie sagte Dinge, die sie noch niemandem erzählt hatte. Nach einer Weile erklärte sie, dass Papa beim Geheimdienst nichts Ordentliches zu essen bekam und dass er nicht gut aussah, nein, ganz und gar nicht. All das murmelte sie in den bedruckten Kattun, den Eunice trug.
    »Sie werden schon eine Lösung finden. Ich glaube, dass Sie sehr gut im Lösen von Problemen sind.« Sie spürte, wie Eunice ihr die Tränen von der Wange wischte.
    Ihr übers Gesicht strich. Die Person, die das zuletzt bei ihr gemacht hatte, war ihre Mutter gewesen, bevor sie vor zehn Jahren am Fieber verstorben war. »Ich weiß nicht, warum ich weine. Sonst bin ich nicht so eine Heulsuse.«
    »Natürlich nicht, Kind.«
    »Weinen bringt nichts. Es bedeutet, dass einem nichts Besseres einfällt. Es gibt aber immer etwas, das man tun kann.«
    »Immer. Wir müssen nur entscheiden, was das ist. Doch nicht heute Morgen.« Eunice setzte sich neben sie und fuhr mit ihrer tiefen Stimme gelassen fort: »Als Erstes werden Sie Ihren Tee trinken. Sonst wird er kalt.« Und schon hielt sie die Tasse wieder in Händen.
    »Ja.« Sie würde einfach ein Weilchen hier sitzen bleiben und sich daran festhalten.
    »Ich denke, solange Ihr Vater nicht bei Ihnen sein kann, sollten Sie hier bei uns bleiben.«
    Sie konnte nicht hierbleiben. Die verschiedensten Gründe sprachen dagegen. »Ich kann nicht … «
    »Wir haben genügend Platz, auch wenn wir in Töpfen untergehen. Mir wäre nicht wohl bei dem Gedanken, dass Sie nach Hause zurückkehren, wo sich außer Dienern niemand um Sie kümmert. Und dann ist da auch noch dieser grässliche Zwischenfall bei den Docks. Wirklich beunruhigend. Hier, nehmen Sie einen Toast. Das Toastbrot ist heute besser als die Muffins. Das Brot ist vom Bäcker, doch die Muffins hat Cook gebacken. Heute ist leider nicht ihr Tag. Sie trinkt.« Während Eunice sprach, strich sie Marmelade auf den Toast.
    Man nahm ihr alles ab. Es war schon lange her, dass ihr jemand aus reiner Gefälligkeit alles hatte abnehmen wollen. Vielleicht ließ sie es einfach eine Weile so laufen.
    Der Teller vor ihr war von Sèvres, mit einem Rosenmotiv. Ein hübsches Stück Porzellan. Whitby’s hatte zwei Stäbe von Zollbeamten bestechen und die Schiffe wechseln müssen, um an Sèvres-Porzellan zu kommen. Sie verkauften es in Boston. In ganz Amerika gab es gute Absatzmärkte.
    Wenn sie Cinq nicht fand, würde Papa keine weiteren Verkäufe nach Boston mehr erleben.
    »Mögen Sie keine Marmelade?«, fragte Eunice. »In Hampstead lebt ein bezaubernder Mann, der mir jedes Jahr am zweiten Weihnachtstag einen Haufen Gläser davon schickt. Und jedes Mal haben wir das Gefühl, sie nicht alle aufbrauchen zu können, ehe er schon die

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