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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Stuhl aufs Deck, legte die Füße auf ein aufgerolltes Tau und vertiefte sich in uralte Zeitungen. Dabei trank sie einen Becher Kaffee.
    Kedger marschierte los, um den Schreibtisch nach Federn abzusuchen. Sie tapste herbei, um ihrem eigenen regen Interesse an den Angelegenheiten des Kapitäns nachzugehen.
    Wenn Kennett Cinq war, dann gäbe es einen Beweis in diesem Raum. Keinen Brief, mit zwei Würfeln unterzeichnet, aber Namen, Orte und Zahlen, die nicht zusammenpassten. Dann wäre ein Hauch von Bestechung in den Abrechnungen. Sie hoffte inständig, nichts zu finden.
    Mitten auf dem Schreibtisch lag eine dicke Akte. Als Jess das Band löste und sie öffnete, fand sie eine hübsche Sammlung von Lithografien und Aquarellen sowie einige Karten. Karten, die so alt waren, dass die Kanten zerfielen. Sie war keine Kunstexpertin, nicht so wie ihr Vater, aber diese hier sahen sehr schön aus. Vor einigen Jahren, als sie noch eine Diebin gewesen war, wäre sie bei so etwas schwach geworden. Sie verknotete das Band mit denselben Schleifen wie zuvor.
    »Immer so, wie man etwas vorgefunden hat«, hatte Lazarus stets gesagt.
    Dann machte sie es sich in Sebastians Stuhl bequem, um in sein Privatleben vorzudringen. Sebastians Schreibtisch roch nach Ozean. Er brachte die See in seinen Taschen mit nach Hause, rollte sie auf in seinen Karten, verschnallte sie in der ledernen Teleskoptasche. Seeluft.
    Jess entzündete Kerzen auf seinem Schreibtisch – davon gab es fünf in der Lampe unter der grünen Blende – und blies ihre aus. Zu dieser nachtschlafenden Zeit war es ruhig im West End. Der Wind ließ das Haus knarren wie ein Schiff. Wenn sie angestrengt lauschte, würde sie den Kapitän atmen hören. Er war gar nicht so weit entfernt.
    Als ein Mann, der nackt schlief, kam er ihr in den Sinn. Sein schlanker Körper läge lang ausgestreckt und entspannt in den Decken und würde bei jedem Atemzug ein wenig schaukeln, wie ein Schiff am Kai. Wäre der Kapitän ein Schiff, dann so ein Zollkutter. Er bestünde aus einer Ansammlung kühner und stolzer Leinen und fest verbundener Dielen. Behände und in tadelloser Ordnung. Unversöhnlich, wie Zollkutter nun mal waren. Gewandt in Aktion, weise im Umgang mit der See. Mächtig.
    Er war stark, grimmig und von schlanker Gestalt. Sie dachte nicht mehr an Schiffe, sondern stellte sich seinen Körper über ihrem vor. Wie sie sich unter ihm wiegte wie die See, die das Schiff trägt. Sich ihm öffnete. Sich aufbäumte, um ihn zu empfangen.
    Doch solche Gedanken waren die reinste Zeitverschwendung, brachten nichts und luden offenbar zum Wahnsinn ein.
    Die ersten drei Schubladen seines Schreibtischs glitten butterweich heraus, Bollwerke geistiger Armut. Wenn ehrliche Leute etwas zu verstecken hatten, schlossen sie es ein und ersparten einem Dieb so unendlich viel Ärger.
    Würde sie einfach zum Kapitän ins Bett steigen und nicht mehr so viel Aufhebens darum machen, könnte sie nachts auch wieder durchschlafen. Dann würde sie nicht mehr schweißgebadet und keuchend aus dem Schlaf schrecken, den Körper um ihr Kissen geschlungen. Und auch nicht mehr vom Kapitän träumen müssen, sondern tief und fest neben ihm schlafen, nachdem sie miteinander fertig wären. Es ging doch nichts über den Schlaf danach. Diese Art von Schlaf barg eine gewisse Tiefe.
    Unglaublich, ihre Vorstellung von Moral, die sogar eine streunende Katze erröten ließe.
    Was sie wollte, befand sich in der untersten Schublade. Ach, wie schön … Heureka, wie eine ihrer Gouvernanten zu sagen pflegte, wenn sie ihr Strickzeug wiederfand. Da haben wir doch etwas, das sich einzuschließen lohnt . Sie holte den Metallkasten heraus.
    Das kleine Filzpäckchen war in ihren Schal gewickelt. Als sie es ausrollte, kam ein herrlicher Komplettsatz Dietriche zum Vorschein. Ihre Talismane, wie sie sie früher genannt hatte, als sie noch recht oft Gebrauch von ihnen gemacht hatte. Genauso vertraut und freundlich wie die eigenen Finger.
    Sie setzte sich in den Schneidersitz und nahm die Kassette auf den Schoß. Nicht schwer. Das war gut. Es bedeutete, dass sie keine Zeit mit Schmuck oder Münzen vergeudete. Und sehe sich doch mal einer dieses entzückende Schloss an, das diesen hübschen Kasten ziert! Diese Schlösser wurden von Louis Girard in Lyon hergestellt, und jedes von ihnen war ein hinterlistiges Meisterstück. Hinter so viel komplizierter Technik musste sich doch etwas Interessantes verbergen.
    Was verbergen Sie, Kapitän? Was verlangt Ihnen so

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