Eine riskante Affäre (German Edition)
Schiffsname und ein Datum vermerkt waren, und ließ sie wieder fallen. »Kam aus einem Ballen Baumwolle gekrochen. Etwa dreißig Männer haben sie auf der Laderampe erschlagen.«
Sie haben Angst, ich könnte wie diese Kobra sein . Er sah es nicht gern, wenn sie diesen gehetzten, unsicheren Gesichtsausdruck hatte. Das stand ihr nicht.
Sie nestelte an einem Splitter an der Ecke der nächsten Thessalonica-Kiste. »Er überlebte – der Junge, der gebissen wurde – , aber er verlor einen Fuß. MacLeish bildete ihn als Angestellten aus. Jetzt lebt er in Schweden. Ich weiß von den Gucklöchern in der Meeks Street. Warum erzählen Sie mir das?«
Weil sie ihm gehörte. Nichts und niemand würde sie von ihm fernhalten, nicht einmal das, was er ihr angetan hatte. »So wissen wir, wo wir stehen. Ich möchte keine Lügen zwischen uns.«
»Ein bisschen spät dafür.« Sie hatte noch ein zerfranstes Holzstück gefunden und fing an, daran herumzupulen.
»Ich werde Sie nicht noch mal heimlich beobachten.«
»Freimütig wie ein sonniger Tag sind Sie.« Sie warf ihm einen schnellen skeptisch-besorgten Blick zu und schaute wieder weg.
»Was haben Sie in meinem Arbeitszimmer gefunden?« Sagen Sie’s mir, Jess! Hören Sie auf, sich damit zu quälen, und erzählen es mir! »Ich habe es heute Morgen unter die Lupe genommen und nichts gefunden, was ich Ihnen nicht gezeigt hätte, wenn Sie mich darum gebeten hätten. Rein gar nichts.« Er ließ eine Minute verstreichen, ohne eine Antwort von ihr zu erhalten. »Wenn ich Cinq wäre und annähme, Sie hätten etwas Wichtiges entdeckt, dann hätten Sie es heute Morgen nicht lebend und auf freiem Fuß zur Arbeit geschafft.« Er sah zu, wie sie noch mehr Splitter aus der Kiste entfernte. »Sie handeln nicht besonders überlegt. Und es macht keinen Sinn, jetzt damit anfangen zu wollen. Was haben Sie entdeckt?«
»Ich müsste ja vollkommen verrückt sein, darüber mit Ihnen zu reden.« Mit einiger Verspätung versuchte sie es nun auf die vorsichtige Art. »Falls ich überhaupt etwas entdeckt habe, und ich sage nicht, dass das so ist. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich lieber wieder an die Arbeit gehen. Ich jedenfalls habe heute Morgen noch zu tun.«
Sie zog sich zurück und eilte mit langen Schritten davon, sodass ihre Röcke immer wieder aufflogen. Wahllos bogen sie um Ecken und überraschten Männer, die mit Bestandslisten oder dem Bestücken von Regalen beschäftigt waren. Sie passierten ein stabiles Regal mit dicht an dicht stehenden Kisten, auf denen in fünf Sprachen Zerbrechlich stand, und dicke weiße Carrara-Marmorplatten, die, durch Kieferklötze getrennt, schräg nebeneinander lagerten. Nichts von alldem nahm Jess zur Kenntnis. Sie war tief versunken, die Miene starr und fest entschlossen, der Blick abwesend.
Schließlich kamen sie in die Ecke, aus der eine Treppe in die oberen Stockwerke führte. Jess blieb stehen, hielt sich am Handlauf fest und murmelte: »… wenn er mich gehen lässt. Wofür es keine Garantie gibt.«
Sie stählte sich für die nächste Dummheit auf ihrer Liste. Wahrscheinlich hatte sie etwas Gefährlicheres im Sinn, als quer über Eatons Dächer zu krabbeln. Trevor hatte recht. Man sollte sie irgendwo einschließen.
Es war leicht, die Treppe zu versperren. Sebastian war immer wieder überrascht, dass er so viel größer war als sie. »Sie werden mit mir zusammenarbeiten. Sie brauchen meine Hilfe. Und um Ihnen etwas zu nützen, müssen Sie mir nicht vertrauen.«
»Sie sind wortgewandt, Kapitän. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie misstrauisch mich Redegewandtheit macht. Und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Cinq ein höllisch guter Redner ist.«
Es war an der Zeit, es ihr zu sagen. Sie musste wissen, was zwischen ihnen stand. »Mein Schiff, die Neptune Dancer , ist vor zwei Jahren mit Maus und Mann untergegangen. Männer, meine Männer, mussten sterben, weil Cinq den Franzosen die Segeltermine verriet. Der erste Maat war ein alter Freund.«
Er beobachtete, wie das Mitgefühl sie erfasste. Jeder Kaufmann, jeder Spediteur besaß Freunde, die nie mehr heimkamen. Sie erinnerte sich an Whitby-Schiffe, die untergegangen waren und mit ihnen jeder Mann an Bord. Vielleicht dachte sie auch an diesen Jungen – Ned – , der nicht mehr zu ihr zurückgekommen war.
Sie sagte: »Das tut mir leid. Das tut mir aufrichtig leid.«
»Und deshalb bin ich nicht Cinq, deshalb kann ich gar nicht er sein.«
Ihr Blick war düster. »Auf der ganzen Welt gibt es
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