Eine Rose im Winter
und vielsagenden Grinsen auf den Ausgang, und schon gingen die drei Paare zusammen dem Ausgang zu.
»Kommen Sie, meine Liebe«, befahl Nigel, ohne an Eriennes Einverständnis zu zweifeln. Sie wollte eben ihren Protest laut werden lassen, als ein drohender Finger vor ihrer Nase sie zum Schweigen brachte. »Es ist wirklich meine Pflicht, mich um Averys Tochter zu kümmern. Kein Wort mehr davon, daß Sie allein hier bleiben.«
»Lord Talbot, ich bin nicht allein!« rief sie verzweifelt.
»Ganz sicher nicht, solange ich bei Ihnen bin, meine Liebe.« Er zog ihre Hand unter seinen Ellbogen und hielt sie dort fest, als er sie mehr oder minder durch die Menge zerrte. »Sie wissen ja wohl, daß ich ziemlich verstimmt war, als Ihr Vater sich entschieden hatte, Sie zu versteigern, ohne sich mit mir vorher zu beraten. Ich bin sicher, daß wir zu einer Einigung gekommen wären, die beide befriedigt hätte.«
Erienne versuchte, sich nach Kräften zu widersetzen, ohne eine Szene zu machen. »Ich glaube nicht, daß mein Vater überhaupt davon wußte, daß Sie eine Frau suchen.«
»Um Gottes willen!« Lord Talbot lachte vergnügt schmunzelnd. »Der Gedanke an eine Heirat ist mir dabei nie in den Sinn gekommen.«
»Es war aber eine Bedingung für die Versteigerung.« Erienne keuchte, während sie unsanft davongeschleppt wurde.
»Nicht doch, nicht doch!« Talbot machte sich über sie lustig. »Mit ein paar hundert Pfund hätte ich mich mit Ihrem Vater schon über diesen Punkt geeinigt.«
Sie waren in der Vorhalle, und als sie an einer schlanken Säule vorbeigingen, klammerte sie sich mit einem Arm daran fest. Mit diesem Halt riß sie dann ihren anderen Arm frei und fürchtete, dabei auch etwas Haut zurückgelassen zu haben.
Talbot sah sie an, die Augenbraue überrascht hochgezogen und beeilte sich, in versöhnlichem Ton einzulenken, obwohl ihr Blick zornig funkelte. »Ich wollte doch nur sagen, mein liebes Kind, daß Sie in meinem Haushalt einen … eh … besonderen Platz eingenommen hätten. Ich bin sicher, daß Sie das der gegenwärtigen Situation vorgezogen hätten. Wie konnte Avery es zulassen, daß Sie dieses verunstaltete Schreckgespenst von einem Mann heirateten.«
Von ihrem Busenansatz stieg Röte in ihr Gesicht. »Mein Mann mag vernarbt sein, Sir, doch er ist kein Schreckgespenst.«
»Mein liebes Mädchen«, er senkte seine Augenlider, während er ihre Schönheit genoß, die ihr Zorn noch vertiefte, »ich möchte Ihnen nur versichern, daß Ihnen, sollten Sie das Joch der Bindung als unerträglich empfinden, eine solche Stellung in meinem Haushalt stets eingerichtet werden könnte. Im Gegensatz zu vielen anderen betrachte ich die Ehe nicht als einen Makel.«
Er schnalzte laut mit seinen Fingern, um die Aufmerksamkeit des Butlers von mehreren angekommenen Gästen abzulenken. »Meinen Mantel und Hut«, befahl er hochmütig, »und bringen Sie auch Lady Saxtons Mantel.«
»Glauben Sie mir, Lord Talbot!« Erienne wehrte sich heftig, »ich kann nicht mit Ihnen kommen! Ich bin hier mit den Leicesters, und sie würden außerordentlich bestürzt sein, wenn sie mich nicht fänden.«
»Beruhigen Sie sich, mein Kind«, besänftigte sie Lord Talbot. »Ich werde eine Nachricht hinterlassen, daß Sie mit mir gefahren sind und daß Sie« – er lächelte sie tröstlich an – »in den allerbesten Händen sind. Und jetzt kommen Sie, meine Liebe, meine Freunde warten schon im Wagen.«
Er griff nach ihrem Arm, als sie sich abzuwenden versuchte, und ließ ihre Versuche, seine Finger zu lösen, unbeachtet.
»Bitte!« stieß sie in ängstlichem Wispern hervor. Sie versuchte ihren Arm freizubekommen, dabei ängstlich besorgt, nicht die Wut eines so kräftigen Mannes zu erregen, doch zugleich entschlossen, hier zu bleiben. »Sie tun mir weh!«
Aus der Gruppe von Gästen, die eben kamen, löste sich ein Mann und wandte sich an den Butler, der im Begriff war, Lord Talbot Mantel, Stock und Hut zu übergeben. Beim Herannähern fiel dem Mann sein eigener Mantel vom Arm und vor die Füße des Lords. Er bückte sich, um das Kleidungsstück aufzuheben, doch als er sich wieder aufrichtete, stieß sein Kopf mit solcher Kraft an Talbots Unterarm, daß er Erienne unversehens losließ. Sie wurde durch den Körper, der sich dadurch zwischen sie beide schob, beiseite gedrängt und nahm die Gelegenheit wahr, ihre Röcke zu raffen und – ohne sich umzusehen – die Flucht zu ergreifen. Der Mann schob sich weiter hoch, seine Schulter traf
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