Eine Rose im Winter
Hause?«
Christopher hob den Kopf und ließ einen tiefen, rollenden Pfiff hören. Hufschläge mischten sich in die erwartungsvolle Stille, und Erienne erschrak, als sie den schimmernden schwarzen Hengst auf sie zugaloppieren sah. Er lief vollkommen frei auf sie zu, so daß sie nicht wußte, ob er zum Stehen kommen würde. Zur Sicherheit trat sie hinter Christopher und hielt sich zaghaft an seinem Hemd fest, als das Tier vor ihnen etwas rutschte und dann stillstand. Sie hatte wenig Vertrauen in Hengste und deren Temperament und hielt den Atem an, als er sie hinaufhob. Die Nähe des Yankees hinter ihr beruhigte sie. Es war ihr recht, daß er sie an seinem warmen Körper hielt, und im Augenblick kümmerte es sie wenig, daß sie der dünne Stoff der Kniehose nur wenig vor ihm schützte.
Den Dreispitz fest umklammernd schüttelte sie ihr Haar, um es in einem Knoten unter den Hut zu legen. Christopher hustete übertrieben laut, und sie warf ihm einen fragenden Blick über die Schulter zu. Im hellen Mondlicht sah sie sein trauriges Lächeln.
»Ich glaube, meine Dame«, hustete er halb erstickt, »daß Sie von dem Weg ein bißchen Staub mitgebracht haben. Wenn das hier vorbei ist, wird uns beiden ein Bad sicher gut tun.«
Erienne zog fragend eine Augenbraue nach oben, und sein Lächeln wurde breiter.
»Getrennte Bäder, natürlich. Nichts läge mir ferner, als Ihre jungfräuliche Reinheit mit dem Anblick eines nackten Mannes zu belasten.«
»Ich bin keine Jungfrau!« entfuhr es Erienne, und sie ärgerte sich sofort über sein herzliches Lachen. Sie versuchte, sich hinter dem Hut zu verbergen, doch in der Eile entglitt er ihrer Hand und fiel zu Boden.
»Dann würde es Ihnen also nichts ausmachen, zusammen mit mir in einer Wanne zu sitzen?« fragte er belustigt. Er beugte sich zu ihrem Ohr, und ein warmer Schauder durchlief sie, als er flüsterte: »Ich halte das für einen sehr verführerischen Gedanken.«
Sie verspürte eine Wärme, die nicht allein von ihrem Erröten herrühren konnte. »Und Sie, Sir, haben ziemlich schlimme Gedanken!«
»Überhaupt nicht, Madam«, widersprach er, »nur eine lebendige Phantasie. Und ich kann dabei nichts Schlimmes finden, das ist alles.«
»Es ist offensichtlich, daß Sie leicht …« Sie hielt inne und suchte nach einem sarkastischeren und treffenderen Ausdruck als ›auf Eroberungen aus …‹.
»Daß ich leicht zu erregen bin?« fragte er.
Erienne schluckte. »Ganz bestimmt nicht!«
»Haben Sie Ihre Meinung geändert? Gerade noch meinten Sie, daß ich dazu nur einen Rockzipfel zu sehen brauche …«
»Ich weiß sehr wohl, was ich gesagt habe!«
»Irgendwie scheint Sie diese Frage doch ziemlich stark zu beschäftigen, meine Dame.«
»Warum wohl?« gab sie ihm mit unmissverständlicher Ironie zurück. Sie spürte nur allzu deutlich, daß sich ein Mann gegen sie preßte.
»Weil Sie ein starkes Verlangen nach meinem Körper haben?« fragte er mit gespielter Unschuld.
Erienne holte vor Zorn tief Luft. »Ich bin verheiratet, Sir!«
Er seufzte hörbar. »Fangen wir also wieder damit an!«
»Oh, Sie Witzbold! Warum können Sie mich nicht in Ruhe lassen?«
»Habe ich Sie aufgefordert, mir nachzureiten?« entgegnete er.
Sie stöhnte verzweifelt. »Es tut mir leid, daß ich es getan habe.«
»Haben Sie sich verletzt?« Er nahm sie enger in die Arme. »Ich jedenfalls spüre nichts davon.«
»Christopher, wenn ich nicht solche Angst vor dem Pferd hätte, würde ich Sie ohrfeigen«, drohte sie.
»Wieso? Ich habe mich nur nach Ihrer Gesundheit erkundigt.«
»Weil Sie sich schon wieder mit Ihren Händen zu schaffen machen! Lassen Sie das!« Sie schob wütend die Hand weg, die es sich auf ihrem Schenkel bequem gemacht hatte. »Werden Sie niemals müde, den Verführer zu spielen?«
»Das ist ein Sport, der mich erwärmt und mir die nötige Aufregung verschafft, Madam«, sagte er und lachte verstohlen in ihr Ohr.
Erienne hatte schon den Mund zu einer bissigen Entgegnung geöffnet, doch sie überlegte es sich noch einmal, denn er schien für jede ihrer Fragen eine passende Antwort bereit zu haben. Obwohl es ihr nicht leicht fiel, beendete sie die Debatte, und so ritten sie schweigend weiter.
Der Mond ergoss sein silbernes Licht über Hügel und Täler, und Christophers Augen bot sich ein bezaubernder Ausblick. Immer häufiger wanderten seine Blicke nach unten, wo die sich langsam lösenden Bänder ihres Hemdes die sanften Erhebungen und das tiefe Tal zwischen ihnen
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