Eine Rose im Winter
nicht klug, das Schicksal allzu sehr herauszufordern. Sie war durchaus zurecht verärgert und enttäuscht, und es war an ihm, dem Sturm mit Geduld zu begegnen.
»Was ist denn los, mein Herr?« fragte sie mit verstellter Stimme, als es ihr nicht gelang, eine Antwort aus ihm herauszulocken. »Bin ich etwa nicht gut genug für dich?« Sie legte ihren Arm um seinen Hals, griff nach seiner Hand, legte sie auf ihre Brust und rieb langsam die Handfläche gegen die wachsende Knospe. »Magste mich nicht?«
»O ja, das tu' ich, Madam.« Lässig zog er die Worte in die Länge. Er griff hinter sich, riß die wappengeschmückte Tür mit dem Schmuckwappen eines Schreibsekretärs auf, nahm einen Stapel Papiere heraus und hielt ihn ihr vor die Augen. »Das ist der Rest der Quittungen für die Rechnungen ihres Vaters, die ich in London bezahlt habe.« Er warf das Bündel zum Bett, gleichgültig, ob es sich auf dem Boden zerstreute. »Sie belaufen sich auf mehr als zehntausend Pfund.«
»Zehntausend?« wiederholte sie in fragendem Erstaunen.
»Ja! Und ich hätte zweimal soviel bezahlt, falls es nötig gewesen wäre. Ich konnte es nicht ertragen, daß Sie einen anderen Mann geheiratet hätten. Als Ihr Vater mich dann von der Versteigerung ausschloss, nahm ich meinen rechtmäßigen Titel als Lord Saxton an und ließ meinen Anwalt für mich bieten.«
Sie trat einen Schritt von ihm zurück; sie wollte nicht nachgeben. »Sie haben mich überlistet. Sie überlisteten meinen Vater … und Farrell … das ganze Dorf. Uns alle haben Sie überlistet!« Sie schluchzte, wieder quollen ihre Augen von Tränen über. »Wenn ich an all diese Nächte denke, in denen Sie mich genommen haben … mich in Ihren Armen hielten … und die ganze Zeit müssen Sie über uns alle gelacht haben.«
»Madam, ich habe niemals über Sie gelacht! Ich begehrte Sie, und ich wußte von keiner anderen Möglichkeit, Sie zu bekommen.«
»Sie hätten es mir sagen können …«, weinte sie.
»Sie hassten mich, erinnern Sie sich? Und Sie wiesen jeden meiner Anträge zurück.« Er zog sich das Hemd über den Kopf und warf es beiseite. Die Knöchel einer Hand in der Fläche der anderen reibend, ging er langsam auf und ab, als er nach den Gründen suchte, mit denen er sie überzeugen und besänftigen konnte. »Ich kam hierher in den Norden, um nach Hinweisen auf die Mörder meines Bruders zu suchen, und im Verlauf dieses Unternehmens erblickte ich eine Jungfrau, deren Reinheit mein Herz eroberte. Wie eine Sirene in südlichen Meeren fing sie mich in ihrem Netz, und ich begehrte sie, wie ich noch niemals eine Frau begehrt hatte.«
»Das Schicksal warf die Würfel ungleich, schon zu Beginn, und befahl mir, die Einzige, die ich mir wünschte, zu übersehen. Trotzdem nahm ich jede Gelegenheit wahr, um mich ihr zu nähern, und obwohl ihre Worte meine Hoffnungen abkühlen lassen mußten, suchte ich nach jeder Möglichkeit, sie meine Zuneigung wissen zu lassen, in der Hoffnung, daß sie mich eines Tages erhören würde.«
Er hob den rechten Arm und fuhr sich mit der anderen Hand über den Verband, als wolle er den Schmerz lindern. »Jedoch bald näherte sich die Stunde, daß sie einen anderen Mann ehelichen sollte. Das war für mich die Stunde der Entscheidung: Sollte ich sie gehen lassen und für immer vergessen, daß ich nie die Möglichkeit hatte, um ihre Hand zu bitten – oder mich als die Bestie zeigen und damit Vorteile aus einem Spiel ziehen, das mich auch wer weiß noch wohin treiben konnte? Je länger ich darüber nachdachte, um so mehr Vorteile schienen sich anzubieten. Ich hatte alles durchdacht, und so würde es mir gestattet sein, um die Dame meines Herzens zu werben.«
Eriennes Stimme war von Gefühlen zerrissen. »So betrogen Sie mich, verführten mich zu glauben, ich heiratete ein scheußliches Wesen. Hätten Sie mich wirklich geliebt, Christopher, würden Sie mir alles gesagt haben. Sie wären zu mir gekommen und hätten mir meine Ängste genommen. Doch Sie ließen mich in der ersten Woche unserer Ehe so leiden, daß ich meinte, sterben zu müssen, so groß war meine Angst.«
»Wären Sie erleichtert gewesen zu wissen, daß Sie mich geheiratet hatten?« fragte er. »Oder wären Sie zu ihrem Vater zurückgeeilt und hätten mich angeklagt? Ich mußte die Angelegenheit mit dem Tod meines Bruders klären, und ich konnte nicht wissen, ob ich ihnen vertrauen konnte. Viele waren darauf aus, uns umzubringen. Meine Mutter hatte eine Überfahrt zu den Kolonien
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