Eine Rose im Winter
dem Schwert eine Kerze in zwei Stücke zu zerteilen oder einen fingerdicken Zweig zu spalten. Die Klinge blinkte, als in einer Folge von Angriffen und Gegenstößen die Bewegungen so schnell aufeinander folgten, daß das Auge nicht folgen konnte. Erienne beobachtete ihn vom Bett aus mit einer Mischung aus Stolz und Besorgnis. Sie bewunderte, wie sich seine Muskeln über den Schultern und dem Rücken spannten, doch sie sah auch mit Sorge der Zeit entgegen, wenn er sich stark genug fühlen würde, erneut als Geisterreiter ins Dunkel hinauszureiten.
»Ich habe Angst«, murmelte sie eines Morgens, als er zurück kam, um sich neben ihr ans Bett zu setzen. »Mich verfolgt der Gedanke, daß ich es eines Tages erleben muß, wie man Sie tötet, und daß ich dann, ebenso wie ihre Mutter, fliehen muß, um eine Bleibe für unser Kind zu finden.«
»Mit Gottes Hilfe, Madam, werde ich klüger sein als meine Feinde.« Er legte sich zurück über das Bett und ließ seinen Kopf in ihrem Schoß zur Ruhe kommen, während er mit einer Hand nach oben tastete und zärtlich ihren weichen, glatten Bauch unter dem dünnen Gewebe des Nachthemdes liebkoste. »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als unseren Nachfolger zu sehen und neue Saat dort zu pflanzen, wo dieser wächst Sie brauchen sich nicht zu sorgen, daß ich tollkühn sein werde, meine Liebe.«
Erienne fuhr mit der Hand durch sein Haar. »Ich hoffe nur, daß bald die Stunde kommt, in der Sie Ihre Maske ablegen und Ihre Verkleidung aufgeben können. Ich will der Welt und allen Frauen, die da leben, sagen dürfen, daß Sie mir gehören.« Sie zuckte leicht mit den Schultern. »Es würde mir nichts ausmachen, meinem Vater von unserer Heirat zu berichten.«
Christopher lachte belustigt in sich hinein. »Der wird vor Wut quaken.«
Erienne kicherte und beugte sich über ihn. »Jawohl, ganz bestimmt wird er das. Und lauter als irgendeine bösartige Kröte, die je geboren wurde. Er wird stampfen und schnauben und behaupten, daß ihm Unrecht angetan worden sei. Aber da das Kind in mir wächst, glaube ich nicht, daß auch nur ein Mensch wegen einer Annullierung auf ihn hören wird.« Ihre Augen funkelten vor Freude. »Und außerdem, welcher Bewerber würde mich auch nur ein zweites Mal ansehen, sobald ich das Kind in meinem dicken Bauch herumtrage?«
Christopher stützte seinen Kopf auf den Ellenbogen und sah sie durchdringend an. »Madam, glauben Sie im Ernst, daß Ihr Vater oder irgendein Bewerber versuchen könnte, uns hinter meinem Rücken zu trennen? Ich kann Ihnen versichern, daß ich denjenigen mit kaltem Zorn verfolgen würde, wie zuvor noch keinen Banditen.« Er zog die Augenbrauen fragend in die Höhe. »Oder zweifeln Sie daran.?«
Erienne zuckte spielerisch flirtend mit den Schultern, rollte sich zur Bettkante und sprang mit einem leichten, trällernden Lachen auf die Füße. Doch bevor sie ihren Morgenmantel aufnehmen konnte, hatte sich Christopher über das Ende des Bettes geworfen und hielt sie fest. Seine Arme umfingen ihre Taille und zogen sie liebevoll an sich. Ihre Lippen trafen sich zu einem langen, genüsslichen Kuß. Als er seinen Kopf zurücknahm, dauerte es einen langen Augenblick, bis Erienne die Augen öffnete. Seine graugrünen Augen sahen lächelnd in die ihren, und sie hatte die Arme fest um seinen Nacken geschlungen.
»Ich glaube Ihnen«, hauchte sie.
Sein Mund kehrte zurück, um den ihren für eine neue wonnevolle Ewigkeit zu kosten. Sie seufzte tief, als er den Kopf hob.
»Jetzt weiß ich auch, warum Sie mich nie als Lord Saxton geküßt haben. Ich hätte Sie sofort erkannt.«
»Genau das habe ich befürchtet, Madam. Doch Sie können sich nicht vorstellen, wie schwer es war, dem Drang zu widerstehen.« Er küßte spielerisch ihre Lippen, wobei er sie ganz leicht wie mit Schmetterlingsflügeln berührte. Schließlich löste er sich von ihr und atmete tief aus. »So gern ich den Tag mit Ihnen verbringen möchte, Madam, ich fürchte, ich muß meine Verkleidung anlegen und mich aus ihren Gemächern entfernen.«
»Jeder Tag hat eine Nacht«, flüsterte sie.
Er lächelte auf sie herab, »ich werde die Dunkelheit der Nacht nicht mehr brauchen.«
»Wir können jederzeit eine Kerze anzünden«, schlug sie heiter vor.
»Besser noch«, sein Lächeln wurde breiter, »Sie kommen einfach, wenn ich winke.«
***
Außer Aggie und Bundy kannte keiner der anderen Dienstboten die Wahrheit. Wenn das Zimmer des Herrn nicht benutzt wurde, hielt Aggie es verschlossen,
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