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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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sich um den Fußboden. Der Staub, den er aufwirbelte, brachte sie jedoch einem Hustenanfall nahe und ließ sie um Verzeihung bitten. Mißmutig wischte er sich unsicher die Hände an seinen Kniehosen ab und verschwand.
    Zum Abend wurden ihr der gleiche Wildbreteintopf und die zweite Hälfte des Brotlaibs gebracht. Ihre Versuche, die Zelle etwas wohnlicher zu machen, waren nicht ohne Erfolg gewesen, wenngleich dies weit hinter dem zurückblieb, was sofort hätte repariert werden müssen. Von Haggard bekam sie ein halbes Dutzend kurzer, dicker Kerzen und eine Zunderbüchse, um sie anzubrennen. Als sie ihre Mahlzeit beendet hatte, begann es zu dämmern. Sie zündete zwei Kerzen an, und stellte die eine auf den Tisch und die andere auf den Eckpfosten des Bettes. Als die Nacht hereinbrach und das letzte Licht tiefrot im Westen verglühte, gaben sie dem alten Raum ein geheimnisvoll flackerndes Licht. Langsam kroch die Kälte in den Raum, und Erienne rollte sich in ihren Mantel und in die einzige Decke und legte sich zu Bett.
    Einsamkeit und Verzweiflung ließen sie nicht einschlafen. Sie versuchte, sich mit Ratespielen aus ihrer Kinderzeit aufzuheitern, doch es half nur wenig, da sie das meiste vergessen hatte. Es gab nur wenig, um sie von ihren Ängsten abzulenken. Langsam und unerbittlich gingen ihre Gedanken auf die Wanderschaft. Sie schloß die Augen und sah das Bild ihres Mannes, wie er seine Arme um sie schlang und wie seine Küsse sie berührten und ihre Gefühle erregten. Sie fröstelte und zog die Decken enger um sich, während sie noch einmal die zwei Wochen durchlebte, die sie gemeinsam in ungetrübtem Glück genossen hatten. Oh, wie sie sich nach den zärtlichen Liebkosungen seiner Hände sehnte, nach der Glut seines Körpers, der neben ihr sie wärmte und dadurch ihre Leidenschaften weckte.
    Wie finstere Dämonen der Nacht erhoben sich Zweifel und Furcht, um sie zu verfolgen und ihre Willenskraft zu schwächen. Tränen flossen über ihre Wangen, und schluchzend suchte sie verzweifelt nach einem Hoffnungsstrahls wie schwach er auch scheinen mochte. Doch dann spürte sie, wie tief in ihrem Inneren eine Ruhe sich ausbreitete, und wie beim Zurückgehen der Flut schien auch ihre Last leichter zu werden. Solange es Leben gab, gab es Hoffnung.
    Die Anstrengung des Tages und die Erschöpfung zwangen sie zur Ruhe und allmählich, Schritt für Schritt, hielten freundlichere Gedanken ihren Einzug, bis ein barmherziger Schlummer sie für den Rest der Nacht in die Arme nahm.
    ***
    Lord Saxton saß an seinem Schreibtisch und kam mit gewohnter Genauigkeit seinen Pflichten als Herr von Saxton Hall nach. Er spürte eine hilflose Ungeduld, während er auf Nachricht über den Verbleib seiner Frau wartete. Nichts kam, und der Herr des Hauses saß schweigsam und einsam vor seinem Abendessen, während Aggie die Hände rang und sich grämte, da er keinerlei Anstrengungen machte, zu essen oder sich zu unterhalten, sondern nur schroff und kurz antwortete, wenn man ihn direkt ansprach.
    Bundy kam zurück, und Christophers Laune verbesserte sich für einen Augenblick. Doch alles war wieder wie zuvor, als sich herausstellte, daß der Mann keine Neuigkeiten mitgebracht hatte. Alles sei so geschehen, wie es der Herr angeordnet hatte, meldete der Diener. Verzweifelt in seiner Einsamkeit, bat Christopher den Mann am Tisch Platz zu nehmen und ihm beim Essen Gesellschaft zu leisten. Doch was dabei herauskam, war wie ein schweigendes Mienenspiel. Sie hatten schon früher unter den verschiedensten Umständen zusammen gegessen. Doch diesmal litt Bundy unter seinem Unvermögen, den nur schlecht verborgenen Kummer seines Herrn lindern zu können.
    Für beide erwies sich das Zusammensein als unerquicklich, und sobald er genug zu sich genommen hatte, um der Höflichkeit Genüge zu tun, entschuldigte sich Bundy. Er entfernte sich, um noch einmal nach den Wächtern zu sehen und nach den Spähern, die man nach Lady Erienne ausgesandt hatte. Es war fast Mitternacht, als er zurückkam. Das schwache Licht im Zimmer der Herrin zeigte ihm, daß der Herr noch immer von seiner Verzweiflung gequält wurde. Fast schien es, als ob die Steine des Hauses mitfühlend seufzten.
    Es gab nichts, was Bundy tun konnte. Vor allem konnte er nicht noch einmal das Gesicht seines Herrn ertragen, wenn er ihm sagen mußte, daß es keine Hoffnung, keine Nachricht gab, daß all ihr Suchen bisher nichts gefruchtet hatte. Er brachte sein Pferd weg und suchte seinen Strohsack auf, um

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