Eine Rose im Winter
seinen müden Körper zur Ruhe zu legen.
Christopher Saxton stand allein mitten im Zimmer seiner Frau, ohne für die schwere Sorge in seiner Brust Erleichterung finden zu können. Er betrachtete ihre Kämme und Bürsten, wie sie ordentlich auf die eine Seite ihres Toilettentisches gelegt waren, und dachte an die Fülle weicher, glänzender Locken, die in langen, prächtig dicken Kaskaden herunterfielen und zärtlich berührt werden wollten.
»Wie sehr hat dieses süße Weib von mir Besitz ergriffen!« dachte er nachdenklich. »Sie hat mein Herz und meine Seele gefangen. Wie ein Falke hat sie sie im Fluge gepackt.« Er schüttelte den Kopf. »Aber so anders als der wilde Vogel, hat sie sie nicht verletzt. O nein, sie hat sie vielmehr an ihre Brust gerissen und ihnen neues Leben eingehaucht und sie so wonniglich erfrischt, daß mein Herz zerspringen könnte. Bevor ich an diese Gestade kam, hätte ich geschworen, daß die Schifffahrt für immer meine große Liebe wäre. Bis dahin hatte mich nie ein Mädchen so in seinen Bann ziehen können. Nichts war mit dem erregenden Gefühl, unter den geblähten Segeln über die Meere dahinzugleiten, zu vergleichen.
Und als ich mich dann entschlossen hatte, meinen Bruder zu rächen, lief mir dieses liebliche Geschöpf über den Weg, die mich in allem zurückwies und sich durch nichts erweichen ließ. Doch ihre Schönheit fesselte mich immer stärker an ihre Seite, bis sie zum Herzstück aller meiner Freuden wurde. Ohne ihre Nähe sind die Tage leer, und alles wird sinnlos.«
Er lehnte mit einer Schulter an dem Bettpfosten und rief sich die süßen Augenblicke ins Gedächtnis, die sie hier gemeinsam genossen hatten. In plötzlicher Wut riß er an den Bettvorhängen, um sie zu schließen. Er wollte die weichen Kissen ihres seidenen Liebesnestes nicht mehr sehen. Sein Blick durchstreifte erregt den Raum und fiel auf die Wanne hinter den Schwingtüren. Vor seinem inneren Auge sah er die Rundungen ihres Busens und die einladende Wärme ihres Lächelns, mit dem sie seine Zärtlichkeiten und seine Küsse belohnte. Er fuhr sich mit zitternder Hand durch die Haare und kämpfte dagegen an, sich verzweifelt auf die Knie zu werfen und schluchzend seinem Schmerz nachzugeben. Die Pein seines Gemüts verstärkte sich sogar zu einem körperlichen Schmerz in seiner Brust, und er lief im Zimmer auf und ab, um ihn zu lindern.
»Sie verfolgt mich!« Er wandte sich an die dunklen Schatten in den Ecken. »Zum Teufel! Sie verfolgt mich jeden Augenblick! Wie kann ich daran denken, ohne sie weiterzuleben? Der bloße Gedanke daran läßt mein Herz erkalten und schickt Ängste in meinen Kopf wie große schwarze Nachtsegler, die mir die Ruhe rauben!«
Er konnte es nicht länger in diesem Raum aushalten und floh auf den Gang. Und niemand war da, mit dem er seine brennende Unrast teilen konnte. Partei! war auf dem Weg nach Wirkinton. Bundy wäre sicher bereit gewesen, doch er hatte sich für sein Unvermögen, Licht in die Sache zu bringen, selbst bestraft, Aggie würde sich grämen und immer verwirrter werden. Getrieben von dem Gedanken an seine ausweglose Lage wanderte er durch die Gänge, bis es zwei schlug. Er ging in sein Zimmer, doch sogar hier schien ihre imaginäre Gegenwart sich über seine Hilflosigkeit lustig zu machen.
Er warf sich auf das Bett und starrte auf den Samthimmel über ihm. Er wagte nicht, die Bettvorhänge zuzuziehen, um nicht die quälenden Bilder seiner Einbildung herbeizulocken. Langsam und fast unmerklich erleichterte Morpheus sein Los. Er schickte ihm Träume von dunklen, seidenen Locken, die seine Wangen liebkosten, von blassen Armen, die ihn umschlangen, und einem Kuß so leicht wie eine Flaumfeder und endlich die Barmherzigkeit eines tiefen Schlafes.
***
Die ersten schrägen Strahlen der morgendlichen Sonne erhellten das Zimmer. Christopher sprang auf die Füße und suchte kampfbereit den Feind. Mit kühlem Verstand begrub er seinen Zorn unter seinem festen Willen. Er streifte die zerknitternden Kleider ab, in denen er geschlafen hatte, und legte, nachdem er sich kurz gewaschen hatte, neue Garderobe an. Aggie brachte ihm das Frühstück auf sein Zimmer und vermied es, ihn anzusehen, nachdem sie ihm einen kurzen sorgenvollen Blick zugeworfen hatte. Sie war erregt und verlegen, als ob ihr etwas auf der Seele brenne und versuchte dies hinter einer ziellosen Geschäftigkeit zu verbergen. Schließlich knickste sie kurz und verschwand.
Christopher kleidete sich mit den Sachen,
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