Eine Rose im Winter
ihn. Vielleicht könnte die Versuchung« – er sprach den letzten Satz laut über die Schulter zu den anderen – »Sie dazu treiben, ihn unvernünftig anzuwenden.«
Er warf ihm den Stock zurück und lachte, als seine Männer das Spiel mit lautem Gejohle begrüßten und in hoffnungsvoller Vorfreude ihre Pistolen streichelten.
»Also gut«, seufzte Lord Saxton ungeduldig, »können wir uns dann, wie Miß Talbot vorgeschlagen hat, zu Lady Saxton auf den Weg machen?«
»Wie Sie wünschen.« Parker reichte Claudia seinen Arm und rief ihm zu: »Wenn Sie mir folgen wollen, Sir.« Ohne Zögern setzte er sich in Marsch, und nur die gezierten kleinen Schritte Claudias erlaubten es Lord Saxton, in seinem schwerfälligen Gang mitzukommen. Trotzdem wäre er ein paar Mal fast gefallen, als sein Stock auf Geröll rutschte. Von den Männern vor der Baracke wurde jeder Fehltritt mit einem spöttischen Gelächter begleitet.
»Hei, der ist sicher mit Haggie verwandt«, meckerte einer lachend.
Auf den Stufen zu dem jetzt verfallenen Turm hatte man zwischen dem Schutt einen Weg gebahnt. Der Sheriff ging voran und öffnete die Tür zu dem Turmzimmer, in einer Ecke saßen fünf Männer beim Würfelspiel an einem Tisch, auf dem eine Decke lag. Als der Sheriff mit seinen Gästen eintrat, sprang einer der Männer auf, der stets übereifrige Haggard Bentworth. Er trat vor, um sie zu begrüßen und merkte dabei nicht, daß das Heft seines Schwertes unter eine Ecke der Decke geraten war. Mit seiner Bewegung riß er den wackeligen Tisch um, und Münzen, Würfel und Krüge mit Ale landeten auf dem staubigen Fußboden. Er duckte sich vor einer heransausenden mächtigen Faust und kümmerte sich nicht um die Flüche und Drohungen, die auf ihn niederhagelten, während er sich aus der Decke befreite. Er setzte erneut ein fröhliches Lächeln auf, stolperte jedoch über einen zerbrochenen Stuhl und fiel kopfüber auf den Sheriff.
Parker fluchte und stieß den Mann zurück. Er fragte sich, warum er Haggard überhaupt mitgenommen hatte. Vermutlich nur, weil dieser Dummkopf zu unschuldig – oder zu blöde – war, um sich auf ihre Gefangene zu stürzen, und deshalb einen zuverlässigen Wärter abgab.
Haggards Ohr zuckte, als er einen unsicheren Blick auf den maskierten Mann warf. Er sah fragend den Sheriff an. »ist da irgendwas, was ich für Sie tun kann, Sir?«
»Jawohl! Gib mir den Schlüssel für die Zelle der Lady.«
Parkers Lippen hätten sich fast zu einem höhnischen Lächeln verzogen, als er den Kerl ansah, doch er beherrschte sich und zeigte nur einen nichts sagenden Gesichtsausdruck, als er den Schlüssel empfing. »Sieh zu, daß für unsere Gäste Tee und etwas zum Essen vorbereitet wird.«
Haggard verschwand mit einem flüchtigen Kopfnicken, und der Sheriff setzte seinen Fuß auf die erste Stufe der Wendeltreppe, die an der Wand entlang hinaufführte.
»Hier geht es weiter, aber seien Sie bitte vorsichtig«, warnte er. »Wie Sie sehen, gibt es hier kein Geländer.« Er führte sie hinauf, bis der Weg durch eine schwere Tür versperrt wurde. Die Stufen führten an der Tür vorbei. Sie wanden sich in Spiralen an der Turmwand weiter entlang nach oben und endeten im blauen Himmel, der oberhalb des verfallenen Gemäuers zu sehen war. Parker steckte den Schlüssel in das Schloß am Ende einer dicken Eisenstange, die vor die Tür gelegt war. Diese Sicherung sowie ein kleines Fenster mit Eisenstangen weiter oben an der Tür schienen erst in letzter Zeit angebracht worden zu sein. Der Sheriff lehnte seinen Kopf an die Öffnung und rief der Gefangenen zu:
»Mylady, ich bin wieder zurück.«
Von drinnen kam eine wütende Stimme, als er die Tür aufstieß. »Meine Antwort haben Sie schon bekommen! Wenn Ihnen das noch nicht genügt, wird Sie vielleicht dies hier überzeugen!«
Parker duckte sich vor einem Wurfgeschoß, das auf ihn zusauste. Das Zerschellen einer an der Tür zerschmetterten Tasse hallte durch das leere Zimmer. Ein Teller flog hinterher mit Kurs auf seinen Kopf. Er wehrte ihn mit dem Arm ab, war in drei Schritten durch den Raum und schlang seine Arme um die Wildkatze, als sie nach anderen Wurfgeschossen Ausschau hielt, um ihre Wut an dem Mann auszulassen. Er hob ihre Füße vom Boden und wandte sich mit ihr zur Türe, als Claudia eintrat.
»Ich habe Ihnen Gesellschaft mitgebracht, Mylady«, erklärte er schmunzelnd.
Erienne knirschte mit den Zähnen, während sie strampelnd und zappelnd in seinen Armen hing. »Ich
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