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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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weiten Hof einfuhr, der in seiner Größe kaum beeindrucken konnte, zumal er mit zerborstenen Quadern der einstmals stolzen Mauern übersät war. Auf der rechten Seite schützte ein hölzernes Vordach den Eingang zu den Unterkünften. Links waren vom Wachturm nur der erste und der zweite Stock geblieben, alles andere war eingestürzt. Davor lagen die Steine des verfallenen Haupthauses, zwischen denen nun ein Platz freigemacht worden war, wo die Pferde untergebracht wurden, und nicht weit davon war noch genügend Raum, damit die Wagen wenden konnten.
    Allan Parker trat gelassen aus der Tür der Unterkünfte und sah zu, wie der vertraute Wagen herbeifuhr und hielt. Lord Talbot mußte mit seinen Geschäften in York schnell fertig geworden sein, um noch vor Mittag hier einzutreffen, überlegte Allan, als er zum Wagen ging, um seinen Dienstherren zu begrüßen.
    Der Lakai lief herbei und klappte den Tritt herunter. Dann riß er den Schlag weit auf, und sofort füllte sich die Türöffnung mit karmesinroten Röcken und einem breitkrempigen Hut mit Federn in derselben Farbe. Allan stöhnte innerlich und biss wütend die Zähne aufeinander, als er die Person erkannte, die er hier am wenigsten zu sehen wünschte. Nachdem er seine Fassung wiedergewonnen hatte, verhielt er sich, wie es die Höflichkeit gebot. Er zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht und streckte die Hand aus, um Claudia beim Aussteigen behilflich zu sein. Sein Glück schien an diesem noch frühen Tag ins Wanken geraten zu sein. Nicht genug damit, daß ihm der Wagen dieses Frauenzimmer gebracht hatte; in der Tür erschien sogleich noch jemand. Mit unverhülltem Erstaunen verfolgte Parker, wie Lord Saxton seinen verkrüppelten Fuß in dem schweren Stiefel auf den Boden setzte.
    »Ich bin überrascht, Lord Saxton«, verkündete er freizügig seine Gedanken. »Sie sind der letzte, von dem ich angenommen hätte, daß er diesen Ort aufsucht.«
    Ein krächzendes verhaltenes Lachen drang unter der Maske hervor. »Ich hörte von Miß Talbot, daß sie die Absicht hatte, meine Frau zu besuchen, und ich hielt es für ein Gebot der Klugheit, gemeinsam durch diese unsichere Gegend zu reisen, da wir das gleiche Ziel hatten. Wenn Sie sich selbst überzeugen wollen, ich habe meinen eigenen Wagen dabei und Männer zum Schutz. Außerdem …«, er hob die Hand, um da noch etwas zu betonen, »meine Leute sind gut bewaffnet, Sheriff, und vielleicht auch ein bißchen aufgeregt. Sie wissen schon, was man sich so erzählt.« Er machte mit seinen Fingern eine lässige Geste. »Falls jemand von Ihren Leuten … äh … rein zufällig, zu nahe kommen sollte, kann ich nicht für die Folgen haften.«
    Jetzt war es an Parker, in sich hinein zu lachen. In gewisser Weise bewunderte er die Kühnheit des Krüppels. »Wenn sich andere Männer so verhielten, Sir, würde ich das als eine Warnung, vielleicht sogar als Drohung betrachten.«
    »Das sollten Sie besser nicht tun, Sir«, bat ihn Lord Saxton. »Löschen Sie es aus Ihrem Gedächtnis aus. Nichts von dem lag in meiner Absicht. Ich weiß nur, daß meine Bediensteten in letzter Zeit etwas unruhig sind. Sie wissen selbst, die Wegelagerer, dieser Geisterreiter, die Morde und all das. Es sind schlimme und furchterregende Zeiten.«
    Lord Saxton bemerkte das halbe Dutzend Leute, die langsam herausgeschlendert waren und jetzt hinter dem Sheriff in der Nähe der Tür herumstanden. Jeder der zerlumpten, grobschlächtigen Kerle starrte mit unverhüllter Neugier Lord Saxton an, einige deuteten auf Claudia, steckten die Köpfe zusammen und grinsten lüstern, während sie flüsternd Bemerkungen austauschten. Das Mädchen war elegantere Herren gewohnt; die geilen Blicke machten sie unsicher.
    »Ich bin hergekommen, um die Tochter des Bürgermeisters aufzusuchen, und ich bestehe darauf«, erklärte sie und fragte dann forschend: »Wo ist sie?«
    Der Sheriff schenkte ihr zunächst keine Beachtung. »Und Sie, Lord Saxton? Sind Sie auch gut bewaffnet? Mir scheint, das letzte Mal, als wir uns trafen …« Er ließ die Bemerkung unvollendet.
    Ungeschickt mit seinem verkrüppelten Fuß reckte Lord Saxton sich aufrecht. »Nichts außer dem hier.« Er reichte ihm seinen schweren Stock und öffnete Mantel und Rock weit. »Sie können mich durchsuchen, wenn es Ihnen beliebt, es sei denn, Sie finden etwas, das ich übersah.«
    Allan wog den Stock in seiner Hand. »Ein großartiges Ding, das hier.« Er drehte vergeblich an dem silbernen Knauf. »Aber behalten Sie

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