Eine Rose im Winter
stülpte ihr den Lederhelm über den Kopf, so daß Knebel und Maske ihre Zornesschreie erstickten. Sie wehrte sich heftig, während er sie zum Tisch führte. Einen Stuhl stellte er mit dem Rücken zur Tür und setzte die Gefangene darauf. Erienne riß sich in fliegender Eile Streifen aus ihrem Unterrock, um sie als Bänder zu verwenden. Er nahm sie, um Claudia an Hüften und Beinen auf den Stuhl zu binden. Schließlich drapierte er den Mantel so, daß er die Fesseln versteckte. Christopher trat zurück und ließ den Degen vor der Maske spielen, so daß die Gefangene es sah.
»Ruhig jetzt«, flüsterte er. »Nur ein Laut oder eine Warnung, und Ihr Vater wird Sie mindestens um einige Stunden überleben.«
Die Augen in dem Lederhelm folgten ihm, als er sich auf die Bettkante setzte. Er öffnete die Arme, um seine Frau aufzunehmen, die sich ihm entgegenwarf. Ihre Lippen verschmolzen in einem tiefen Kuß, der, nach Claudias Meinung, mehr Leidenschaft verriet, als es die Situation zuließ.
»Oh, mein Liebster«, stöhnte Erienne, als er seine Lippen auf ihre Stirn preßte, »ich fürchtete und hoffte, daß Sie kommen würden.«
Leichte Küsse bedeckten ihre Wangen und ihre Stirn, als er sie an sich drückte und die kurzen Augenblicke ihrer Nähe genoß. »Ich wäre früher gekommen, hätte ich gewußt, wohin man Sie gebracht hat. Von Ihrem Vater hätte ich dies nicht erwartet. Doch ich werde ihn zur Rechenschaft ziehen, das verspreche ich Ihnen.«
Erienne schüttelte den Kopf und antwortete in dem gleichen gedämpften Ton. »Er ist nicht mein wirklicher Vater.«
Christopher hielt sie von sich weg und sah sie erstaunt an. »Was höre ich da?«
»Meine Mutter heiratete einen irischen Rebellen und war schon schwanger, als er gehängt wurde. Avery wußte davon und heiratete sie, aber er sagte ihr nie, daß er derjenige war, der den entscheidenden Befehl gab, meinen Vater zu hängen.«
Christopher strich ihr eine Locke von der Wange. »Ich wußte, du bist zu schön, um sein Fleisch und Blut zu sein.«
Sie schmiegte sich an seine Brust, als er seine Arme um ihre Taille schlang. »Oh, Christopher, Sie sind für mich alles, was ich habe. Ich liebe Sie, mein Herz.«
Er hob ihr Kinn, und seine Augen tranken von der überströmenden Zuneigung, die ihm aus den amethystblauen Tiefen entgegenstrahlte. »Und ich Sie, Mylady. Vielleicht mehr als mir bewußt war, bis diese Kerle Sie von mir nahmen.« Liebevoll küßte er die verletzte Stelle an ihrer Wange. »Ich werde dafür sorgen, daß sie das bereuen werden.«
»Es ist mir gleich, Christopher. Solange ich Sie habe und Ihr Kind in mir, ist alles andere unwichtig.«
»Laßt uns an unsere Flucht denken. Wir müssen uns fertig machen.« Er trat zurück, legte Rock und Weste ab und machte sich an dem geschnitzten Holzstück zu schaffen, das seinen rechten Stiefel in einem unnatürlichen Winkel verdrehte.
Erienne war es eben gelungen, einige der schwer zugänglichen Knöpfe ihres Mieders zu öffnen, als Haggard mit seltsamer Bass-Stimme in dröhnendem Ton verkündete: »Des Lords hoher Sheriff nähert sich!«
Erienne packte die Garderobe ihres Mannes und den karmesinroten Umhang und warf sie in die Abortkammer. Dann versuchte sie eilig ihr Mieder in Ordnung zu bringen. Zur Mahnung ließ Christopher die Degenspitze nochmals vor Claudias Augen auf und nieder wippen.
»Vergessen Sie das nicht, er ist nur wenige Zoll von Ihrer Kehle entfernt.«
In Wirklichkeit war seine Drohung nicht ernst zu nehmen, denn er ging durch den Raum und drückte sich neben der Tür flach an die Wand. Erienne hatte endlich ihr Kleid zu und setzte sich Claudia gegenüber an den Tisch. Eilig schenkte sie Tee ein und stellte eine Tasse vor Claudia. Aus den Augenlöchern der Maske traf sie ein Hasserfüllter Blick und trotz der ernsten Situation wies sie mit einer höflichen Geste auf die Tasse. »Trinken Sie nicht zu hastig, meine Liebe, Sie könnten daran ersticken.«
Der Sheriff kam die letzten paar Stufen heraufgesprungen und warf Haggard eine Frage zu. »Alles in Ordnung?«
»Jawohl, Sir!« bellte er viel zu laut zurück.
Allan Parker stockte und machte einen Bogen um den Mann, als sei er eine sonderbare weiß-purpurfarbene Katze.
Er sah durch das Fenster, machte jedoch keine Anstalten, die Tür zu öffnen. »Wo ist Claudia?«
Erienne stand auf und kam zur Türe. Sie bemerkte, wie sein Blick auf ihr halb offen stehendes Mieder fiel. Gleichzeitig spürte sie Christophers Blick auf sich ruhen, doch
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