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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Augen sah, die schon wieder mit einer weiteren Schicht Eisigkeit
überzogen schienen, so dass sie heller den je wirkten und sie unweigerlich das
Verlangen überkam, sie mit ihrem Feuer zu entzünden.
Während der Fahrt achtete sie darauf, ihm nicht versehentlich zu nahe zu
kommen, obwohl die Haut an ihrem ganzen Körper sich mit einer Gänsehaut
überzog. In dieser beengten Kabine, die eigentlich recht großzügig geschnitten
war, war es eben unmöglich, sich seiner schier erdrückenden Präsenz zu
entziehen. Sie musste flacher atmen, um ihre Aufgewühltheit unter Kontrolle zu
bringen. Warum quälte sie sich nur so? Sie würde alles nur noch schlimmer
machen.
    Juno verließ
den Fahrstuhl mit einem erleichterten Aufseufzen, als die Türen endlich
aufglitten und lief den Gang voraus, an dessen Ende sich ihre vorübergehende
Wohnung befand. Sie Schloss auf und gab dann den Code in das Sicherheitssystem
ein, um den Alarm auszuschalten. 1962. Juno hatte es nicht unbedingt mit
diesem modernen Schnickschnack, von dem die Fortress nur so strotzte und der
natürlich auch in Europa unvermeidlich geworden war. Wenigstens hatte sie die
Zeit sie noch nicht in ihrem Leuchtturm eingeholt.
Sie ging direkt ins Wohnzimmer durch, wo ein Kaminfeuer brannte, das sie
angezündet hatte, bevor sie zu ihrer Verabredung mit Urien aufgebrochen war.
Sie hatte die letzten beiden Nächte damit verbracht, auf dem goldbraunen Sofa
zu sitzen und in die Flammen zu starren, weil sie wusste, dass sie keinen
Schlaf finden würde, wenn sie sich ins Bett legte, das bisher von ihr nicht
angerührt worden war.
Juno kickte die cremeweißen Pumps an der Schwelle zur Seite und ging dann
barfüßig auf dem flauschigen Teppich auf den Kamin zu, um zwei weitere Scheite
ins Feuer zu werfen, bevor sie den durchsichtigen Plexiglasschutz wieder
zurechtrückte, damit keine Funken auf den Teppich fallen konnten. Das leise
Knacken des Holzes würde hoffentlich ihrer beider Nerven beruhigen.
    Chadh
beobachtete jede von Junos Bewegungen. Sie war so grazil wie eine Tänzerin.
Selbst barfuß ohne Absätze hatte sie einen leicht wiegenden Hüftschwung drauf
und bewegte sich so leichtfüßig, als hätte sie jahrelang geübt, wie eine
Ballerina abseits der Bühne durch den Raum zu schweben. Für ihn war sie mit
Abstand die schönste Frau, die er je gesehen hatte.
Warum hatte sie ihn nur hergebracht? Warum hatte er sie begleitet? Wieder
nagten Zweifel an ihm, ob es so eine gute Idee gewesen war, im Fahrstuhl zu
bleiben, obwohl er sich mehr als alles andere danach sehnte, Juno nahe zu sein.
Auch jetzt, als sie dort vor dem Kamin hockte, überkam ihn das dringende
Bedürfnis, sich neben sie zu stellen und über ihren Rücken zu streicheln. Über
den flauschig weichen Stoff ihres Pullis, um die zarte warme Haut darunter zu
spüren.
    Juno drehte
sich am Boden verharrend zu Chadh um, dem sie ein schiefes Lächeln schenkte.
„Viel kann ich dir nicht anbieten… Allerhöchstens Alkohol oder Plasma, falls du
hungrig bist…“
    Chadh zuckte
ertappt zusammen, auch wenn sie ihm seine Gedanken nicht ansehen konnte. Etwas
zu Trinken hätte vielleicht seine aufgewühlten Nerven beruhigt, trotzdem lehnte
er die Einladung mit einem höflichen “Danke, im Moment nichts.” ab.
    Langsam erhob
Juno sich und ging auf ihn zu, um auf Schrittlänge von ihm entfernt stehen zu
bleiben.
„Du hattest das Blut nötig, ich hatte keine Wahl… Es liegt in meiner eigenen
Verantwortung, wenn ich nicht dafür sorge, dass ich körperlich belastbarer bin.
Ich kann das Risiko eingehen, weil ich in der Regel in einem sehr geschützten
Rahmen tätig bin. Ich habe bisher noch nie einen Immaculate getroffen, der
nicht innerhalb der Gesellschaft lebt. Und da du auf dich allein gestellt bist,
kann ich gut nachvollziehen, dass du nichts und niemandem traust. Eine
Entschuldigung ist überhaupt nicht nötig, Chadh, du tust gut daran, vorsichtig
zu sein. Ich will dir bestimmt nicht schaden… Aber du weißt einfach nicht,
worauf du dich einlässt. Wie solltest du auch? Ich kann dich gut verstehen, ich
wurde selbst in diese Welt geworfen, ohne es zu wollen und nicht das Geringste
über meine wahre Natur zu ahnen…“
Juno zuckte mit den Schultern und in ihre Mundwinkel schlich sich ein
schmerzlicher Zug, den sie jedoch sofort wieder unterdrückte.
    Sie beschämte
ihn leicht, in dem sie seine Entschuldigung für nicht nötig befand und schon
wieder so viel Verständnis für seine Situation aufbrachte, die er ihr doch

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