Eine Sacerda auf Abwegen
als gut für ihn sein würde. Das in ihr wohnende
kollektive Wissen der Sacerdas ließ sie rechtzeitig aufhören, um die Wunden
sorgfältig mit ihrem Speichel zu schließen. Mit der Hand stützte sie sich auf
der Matratze ab und hob den schweren Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können.
Er hatte sie auf sich gezogen und Juno genoss diese intime Nähe zu ihm, so dass
sie ihm ein träges Lächeln mit noch blutverschmierten Lippen schenkte, wobei
ihre Fänge noch hervor blitzten, weil sie sich noch nicht vollständig
zurückgebildet hatten. Die langen Strähnen ihrer Haare bildeten einen
schützenden Vorhang um ihre Gesichter, so dass Juno den Eindruck bekam, es gäbe
nur noch sie beide auf dieser Welt.
Und dennoch überkam sie leichte Unsicherheit, weil sie sich von ihrem Wunsch
hatte übermannen lassen, ihm nahe zu sein. Sie hatte doch Zurückhaltung üben
wollen, bevor sie sein Blut nahm, um das allein es ja niemals gegangen war. Sie
wollte viel mehr, sie wollte ihn ganz und gar.
Chadh hob die
Hand, um mit den Fingerspitzen andächtig über ihr Gesicht zu streicheln.
“Du bist die schönste Frau, die mir je begegnet ist, Juno.” Das war nicht nur
so gesagt. In seinen eisblauen Augen lag der Glanz der Bewunderung und der
Überzeugung. Er fuhr mit seinen Berührungen fort, strich ihren Kieferschwung
nach, wie sie das bei ihm getan hatte, ihren Hals hinab bis zum Ansatz ihres
Hemdchens. Die Wunde, die der Käfer zugefügt hatte, war nicht mehr zu sehen.
Nichts als vollkommene Makellosigkeit. Angefangen von ihren goldenen Haaren
über ihre Augen, ihrem hübschen Mund mit der magischen Stimme darin und dem
Rest ihres Körpers. Er fühlte sich so sehr zu ihr hingezogen, dass er sein
Versprechen, ihr nichts zu tun, vielleicht brechen musste.
“Ich werde
mich niemals an dir satt sehen können.”
Der Zauber, mit dem Juno ihn belegt hatte, ließ langsam nach. Die Starre wich
einem leichten Gefühl von Schwere in den Muskeln und Chadh schaffte es
immerhin, den Kopf zu heben und Juno ein weiteres Mal zu küssen. Sich selbst
auf ihren Lippen zu schmecken war unvergleichlich. Es trieb ihn dazu, wissen zu
wollen, wie es schmecken würde, wenn ihr Blut sich ebenfalls darunter mischte.
Seine Hände konnten nicht länger tatenlos auf dem Bett bleiben. Er musste sie
berühren, ihren perfekten Körper mit allen Sinnen entdecken. Wenn es ihr nicht
gefiel, baute er darauf, dass sie ihm Einhalt gebieten würde. Sie konnte es.
Sie musste dafür nur den Mund aufmachen.
Er schob die Flut ihrer Haare zurück auf ihren Rücken, um sie dann behutsam
neben sich zu betten. Sie sah wirklich aus wie ein Engel. Zart und stark
zugleich. Mit einem Geheimnis in ihrer Seele, das er wohl niemals ergründen
würde. Ganz langsam fuhr er mit der linken Hand auf der Seite ihr zugewandt
liegend ihren nackten Arm bis zum Ende entlang, nahm ihre Hand auf, führte sie
an seinen Mund und küsste die Spitzen ihrer Finger und dann die zart
durchschimmernde Haut am Gelenk, bevor er sie auf seine Brust legte, weil er es
gemocht hatte, wie sie die Konturen seiner Muskeln nachgefahren war.
Der Stoff des Hemdchens fühlte sich trotz der seidigen Beschaffenheit nicht so
weich an wie Junos Haut. Trotzdem ließ er seine Hand einen Moment auf ihrer
Taille ruhen, bevor er sich zum Ansatz ihres Schenkels vorwagte und die
Außenseite genauso langsam entlang streichelte, wie zuvor ihren Arm. Dabei sah
er ihr tief in die Augen, in denen sie immer noch die Bewunderung lesen konnte,
die sie in ihm auslöste. Eine ehrliche Form der Zuneigung, die sich in Anbetung
steigern könnte, gäbe es nur die Möglichkeit für sie, zusammenzubleiben.
Juno war noch
die so dankbar für ihre äußere Makellosigkeit gewesen wie in dem Moment, als
Chadh ihr sagte, sie wäre schön. Allein diese Worte und die Zärtlichkeit seiner
Berührungen genügten, dass sie sich mit einer unglaublichen Wärme ausgefüllt
fühlte. Ihr Gesicht nahm ein nahezu madonnengleiches Strahlen an, als hätte er
in ihr ein Licht entzündet und so war es auch. Beinahe schmerzlich würde ihr
bewusst, dass sie ein derartig tiefgehendes Gefühl nicht einmal mit Bertrand
geteilt hatte. Während des Moratoriums hatte sie nur die Glut von dem Feuer
gespürt, das sie als Sterbliche für ihn empfunden hätte. Sie hatte aus schierer
Verzweiflung an den Gefühlen zu ihm festgehalten, die nach der Komplettierung
der Verwandlung keinen zeitlichen Bestand gehabt hätten. Sie wusste sich eben
nicht anders zu schützen.
Ihr
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