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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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waren
körperlich sehr schwach… Ich glaubte Levika… Das war ein Fehler, wie es
scheint. Ich brauche nur in deine Augen zu blicken. Und du in meine, nicht
wahr? Muirgheal glich mir bis aufs Haar, wir waren eineiige Zwillinge und
unzertrennlich…“
Gwen streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingerspitzen vorsichtig über die
hellen Stacheln, die sein Haupt zierten, wobei ihre Mundwinkel leicht zitterten
und sie kurz den Blick ihres Mannes suchte, um sich seiner Unterstützung zu
versichern. Als sie Chadh wieder in die Augen sah, glitzerten ihre Augen von
ungeweinten Tränen.
    Von ihrer
wunderschönen, makellosen Gestalt förmlich hypnotisiert wie das Kaninchen vor
der Schlange, registrierte Chadh erst wieder richtig, was sie sagte, als sie
schon bei ihm am Bettende weilte und Dinge von sich gab, die er gar nicht
verstand. Nicht, weil sie so leise sprach, sondern einfach Sachen erzählte,
deren Sinn er nicht nachvollziehen konnte. Oder besser wollte.
Sie musste von Sinnen sein. Genauso wie er. Trotz der nun entfernten Ketten
verharrte Chadh weiterhin bewegungslos auf dem Bett, als wäre er dort
festgewachsen. Ash und den fremden Mann hatte er längst vergessen. Genau wie
den Rest seiner Umgebung und sogar Juno. Er sah nur noch diese Frau. Ihr
Erscheinen brachte schmerzhaftes Licht in das Dunkel seiner Vergangenheit.
Genauso peinigend wie damals, als die Sonne zum ersten Mal in seine Augen
schien und schlimmer. Die Wirkung des Betäubungsmittels hatte vollkommen
nachgelassen. Er sah, hörte und verstand genauso gut wie die anderen Anwesenden
in diesem Raum. Mit einem Mal erschien alles, was ihm widerfahren war und die
aufgezwungene Beziehung zu Levika einen Sinn zu ergeben.
    “Sie hat
gelogen. Das konnte sie ziemlich gut.”, bestätigte Chadh Levikas Niedertracht,
als tauschten sie nur Belanglosigkeiten in diesem Gespräch aus, die ihn nicht
wirklich interessierten. Doch innerlich krampfte sich bereits alles unter dem
Druck der quälenden Erkenntnis und den Erinnerungen seines Lebens zusammen.
Sein Herz schmerzte bei Gwens Anblick so sehnsüchtig vor Hunger nach nie
gekannter Zuneigung einer Mutter, dass es sicher blutete.
Zwillinge.
So hatte also seine Mutter ausgesehen. Genauso. Sein tiefster und geheimster
Wunsch, zu wissen, wie sie gewesen war und sie ausgesehen hatte, wurde in
diesem Moment erfüllt. Eine Frau voller Güte, Liebe zu ihrer Familie und einer
Schönheit, die Chadhs Meinung nach alles auf der Welt in den Schatten stellte.
Trotzdem durfte er der Schwäche in sich nicht nachgeben. Er brauchte diese
Frau, seine Tante nicht. Er wollte kein Teil ihrer Familie sein. Nicht, wenn es
so weh tat, sich darauf einzulassen. Chadh bedachte Ash mit einem kurzen
eisblau stechenden Blick und dann veränderten sich seine Pupillen urplötzlich
zu Schlitzen. Die unterdrückten Emotionen in ihm schnappten über. Die Bestie
war wieder wach und immer noch auf Vergeltung aus.
    “Raus hier!”,
grollte er deswegen nachdrücklich und abweisend, was Gwen zurückzucken ließ,
als er sich mit Schwung aufrichtete und so aufgebracht um sich starrte, dass es
einem ohne Erfahrung mit dieser Spezies Angst gemacht hätte.
“RAUS!” Das gesprochene Wort hatte sich bereits mit dem wütenden Katzengebrüll
des Leoparden gemischt und Chadh wünschte sich, er wäre in Ketten geblieben.
Doch zu spät. Kaum hatte Ash die Tür hinter Gwen, Nevin und sich selbst
geschlossen, prallte der ausgehungerte Leib des Leoparden mit voller Wucht
dagegen. Zu ihrem Glück war das Türblatt mit Stahlstreben gestärkt und das
Schloss gab nicht einen Millimeter nach. Das Tier war zurück. Es tobte,
brüllte, rammte wieder und wieder seinen Kopf und den Leib an die Tür, um sie
aufzubrechen und seine Beute zu holen, die man ihm bisher verwehrt hatte.
Gestärkt durch das Blut der Infusion, dessen Nadel immer noch im Vorderlauf der
Katze steckte, würde es diesmal gewiss eine Weile brauchen, bis es müde wurde
und der Jagd überdrüssig.
    Draußen
stemmte sich Ash mit beiden Handflächen gegen die Tür, die sie gerade noch
rechtzeitig ins Schloss hatten fallen lassen, bevor der verwandelte Chadh
dagegen donnerte. Das Brüllen und Toben in dem Zimmer ließ den Tiger in ihm
außer Rand und Band geraten, als würde der Leopard ihn irgendwie rufen und
hervorlocken wollen. Allerdings bezweifelte er stark, dass es zu einem
freundlichen Händeschütteln kommen würde, sollten die beiden umgewandelten
Tiere unter diesen Umständen aufeinander treffen. Ash

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