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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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herum flatterte. Der
Stoff war um das trägerlose Oberteil mit funkelnden Strasssteinen, die die
Farbe ihrer Augen widerspiegelten, geschmückt und die schmalen, leicht
gebräunten Schultern wurden von honigblonden Haaren umschmeichelt, die in
glänzende Wellen gekämmt waren. Die wärmende Hermelinstola war ihr auf die
Ellenbogen gerutscht, so dass sie wie die Inkarnation einer glamourösen Hollywood-Filmdiva
wirkte.
Ihre hellen Augen waren auf den Krieger gerichtet, als sie auf ihn zuging und
die Arme nach ihm ausstreckte. Sie hob ihre schmalen Hände an dessen Gesicht,
das sie liebevoll umfasste und lächelte dann erleichtert zu ihm auf.
    „Ash! Wie
kannst du mir einen solchen Schreck versetzen. Ich dachte, dir wäre etwas
passiert! Nevin hat nur merkwürdige Andeutungen gemacht.“
Die junge Frau seufzte erleichtert auf und ging dann auf die Zehenspitzen, um
dem Krieger, der ziemlich überrumpelt wirkte, einen Kuss auf die Wange zu
hauchen. Ash umfasste ihre Hände und zog sie sanft von seinem Gesicht fort, um
sie dann in Richtung des Krankenbettes zu drehen, dessen Inhalt sie bisher
nicht die geringste Beachtung geschenkt hatte.
„Oh…“, hauchte sie überrascht und lächelte den Patienten mitfühlend an, bis sie
ihm in die Augen blickte. Die Zeit schien mit einem Mal still zu stehen und Ash
hielt den Atem an, weil er wusste, dass seiner Mutter die verblüffenden
Ähnlichkeiten eben bewusst werden würden.
    Der Kahlkopf
hatte sich umsonst gesorgt. Schon vom ersten Augenblick an war Chadh von der
weiblichen Erscheinung, die nach einem für ihn vollkommen uninteressanten Mann
das Zimmer betrat, vollkommen hingerissen und fasziniert. Es schlug sogar
seinen ersten Eindruck von Junos goldenen Haaren in der Bar um Längen, selbst
wenn er nicht ganz auf dieselbe Weise für die noch Fremde empfand. Er sah dabei
zu, wie liebevoll sie mit dem großen Krieger umging, was ein sehr abstraktes
unwirkliches Bild bot und sehnte sich plötzlich danach, ebenso begrüßt zu
werden. Obwohl er dies natürlich nicht erwarten durfte.
    „Mutter, ich
wollte, dass du ihn mit eigenen Augen siehst, das ist Murchadh… Nach eigenen
Angaben 330 Jahre alt und von einer Frau namens Levika Rukh großgezogen worden.“,
übernahm Ash die Vorstellung, ohne sich groß mit Vorreden aufzuhalten. Sie
würden die Wahrheit auch nicht erträglicher machen.
    Gwen riss
ihre Augen weit auf und starrte den jungen Mann auf dem Bett an, als würde sie
einen Geist sehen. Ihre Lippen bewegten sich stumm und kein Ton drang über ihre
Kehle, die sich vor lauter aufsteigenden Gefühlen wie zugeschnürt anfühlte.
„Murchadh… Oh, Gott… Wir hatten uns schon als kleine Mädchen geschworen, dass
unsere erstgeborenen Söhne Ashur und Murchadh heißen sollten! Der Gott des
Krieges und der Krieger zur See…“, wisperte Gwen, die den Tränen nahe war. „Das
kann nicht sein!“
Ihr Blick flog über die Gestalt des Jungen mit den eisigen Augen und den
weißblonden Haaren, bis sie an den Fesseln hängen blieb. Ihr Kopf ruckte zu
ihrem Sohn herum.
    „Ist das
wirklich nötig? Bitte entferne die Ketten, Ashur!“, verlangte sie mit leicht
bebender Stimme, die ihren inneren Aufruhr verriet, auch wenn der Ausdruck
ihres Gesichtes warm und mitfühlend blieb.
Sie setzte sich einfach an die Seite des Fremden, während sie mit ihm Schoß
ringenden Händen darauf wartete, dass ihr Sohn ihrer Bitte nachkam. Ash hatte
ihr nicht einmal widersprochen, weil er wohl der Meinung war, dass ihr in
seiner und Nevins Gegenwart nichts passieren konnte.
Seine Mutter mit diesem Ausdruck in den Augen sehen zu müssen, machte Ash
ziemlich zu schaffen. Er wusste genau, dass sie an die Entführung und die Zeit
der Gefangenschaft zurückdachte. Und nun würde sie sich wieder mit
Selbstvorwürfen überschütten, weil sie ihre Schwester zurückgelassen hatte, die
zum Zeitpunkt ihrer Flucht kaum tot gewesen sein konnte, wenn man davon
ausging, dass Murchadh die Wahrheit sagte. Und warum sollte er lügen, da er
doch keine Ahnung zu haben schien, welcher Familie er entstammen könnte?
    „Murchadh…
Ich bin Gwénaëlle Fontanus… Die Frau, die dich aufgezogen hat… Levika… Sie war
vor langer Zeit einmal meine Kerkermeisterin. Die Schwester des Lords, der
Muirgheal und mich entführt hatte. Mir gelang mit ihrer Hilfe nach Monaten die
Flucht… Ich floh nur, weil sie mich davon überzeugt hatte, dass meine Schwester
nicht mehr am Leben war. Sie war wie ich in anderen Umständen, aber wir

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