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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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dann vollkommen überwältigt. Sie schlief ebenfalls.
Oder war sie auch tot und man hatte ihnen die Gnade erwiesen, auch nach dem Tod
vereint zu bleiben? Weil es das war, was er mittlerweile mehr als alles andere
wünschte? Oder war es nur ein Hirngespinst, das er sich einbilden durfte, bevor
alles um ihn herum verschwand und der Schwärze des Todes, den er verdient
hatte, Platz machte?
Schmerzgepeinigt glitt Chadh zurück in die Laken und griff nach ihr, um sie an
sich zu ziehen. Sie fühlte sich so herrlich echt an. Und als er einen weiteren
kurzen Atemzug nahm, roch er ihren süßen Duft nach Immortelle, von dem er trotz
seiner Schmerzen so viel nehmen musste wie nur möglich. Damit es für die
Ewigkeit danach ausreichte. Juno rührte sich und murmelte etwas, das er nicht
verstand. Chadh zog sie fest in seine Arme.
    “Wenn das die
Welt der Toten ist, dann will ich für immer hier bleiben.”, murmelte er,
schloss erschöpft die Augen, um Junos eingebildete Nähe und ihren ebenso
eingebildeten Duft wie heilsame Medizin auf sich wirken zu lassen.
    Ohne
Ankündigung materialisierte sich das Orakel der Immaculate am Ende des Bettes,
auf das man den Verletzten nach der Behandlung gebettet hatte. Juno Felix
schlief tief und fest, um die Wirkung von Ashurs Blut zu einer besseren
Entfaltung zu bringen. Nico hatte der jungen Frau auf ihr Geheiß hin einen
Schlaftrunk verabreicht, damit sie sich selbst nicht weiter schadete. Sie hatte
sich die letzten Jahre eigentlich schon genug bestraft.
Salama trug nicht mehr die offizielle Amtstracht des Orakels, die sie wirklich
nur anlegte, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Nach so langer Amtszeit wurde
man des Gewandes doch manchmal überdrüssig, weil es an die vielen schweren
Entscheidungen erinnerte, die sie über die Jahrhunderte hatte treffen müssen.
Sie trug einen dunkelblauen Hosenanzug zu einer cremeweißen Bluse und die
blonden Haare, die in ihrer Jugend vermutlich denselben goldenen Schimmer besessen
hatten wie die der Nuntia, in einer eleganten Hochsteckfrisur. Muirgheals Sohn
hatte die junge Frau eng an seine Seite gezogen, obwohl ihn jede Bewegung so
schmerzen musste, als würde er den Hieb wieder und wieder erleben. Auf
Manasses’ Präzision konnte man sich eben verlassen.
    „Oh, nein,
Junge! Du würdest keine körperlichen Schmerzen mehr empfinden können, wenn du
tatsächlich in die andere Welt übergetreten wärst.“, erklärte das Orakel
amüsiert, da sie seine letzten Worten aufgeschnappt hatte. Sie war sich nicht
zu schade einen der gepolsterten Stühle, von denen zwei an einem kleinen
Beistelltisch am Fenster standen, zu nehmen und selbst an die Seite des Bettes
zu stellen, wo Chadh sich von seiner Verletzung erholte.
Salama nahm Platz und schlug in einer grazilen Bewegung, die ihr Alter Lügen
strafte, die Beine übereinander, um den jungen Mann nachsichtig zu mustern.
Ihre schwarz-roten Augen schienen ihm auf den Grund der Seele blicken zu
können, was auch den Tatsachen entsprach. Sie hatte genug Bilder seines Lebens
gesehen, um Mitleid mit ihm zu haben aber auch gerechten Zorn seinen Taten
gegenüber empfinden zu können. Um ihre Pupille herum besaß sie einen schwarzen
Ring, so dass man den Eindruck gewann, sie wären in immer wie in Trance
geweitet, dabei waren sie einfach das Ergebnis ihrer näheren Verwandtschaft zu
dem anderen Volk.
    „Die Zeit
deiner Bewährung hat begonnen, Murchadh, Sohn der Muirgheal und Bruder von
Ashur… Dein Sterben war erst der Anfang eines neuen Lebens, das du dir
natürlich verdienen musst. Bis heute waren sehr viele Menschen bereit,
Nachsicht mit dir walten zu lassen, weil du verloren und unwissend gewesen
bist. Juno hat dir den Weg geebnet und als Letzter hat Manasses Faelis dir
vergeben, weil er dein Handeln als das erkannt hat, was es war und er selbst
nicht frei von Schuld ist, wenn es um diesen einen Punkt geht… Ich sehe, du
bist verwirrt und weißt immer noch nicht, wovon ich spreche… Juno war nicht
offen genug mit dir… Aus welchen Gründen werde ich dir nicht beantworten, das wirst
du sie selbst fragen können, wenn die Wirkung des Schlafmittels nachlässt.“,
begann Salama mit ihrer angenehmen Stimme zu erklären, wobei sie etwas aus
ihrer Jackentasche zog und es von ihrer Hand baumeln ließ, sobald sie sie
erhoben hatte: Den Skarabäus.
    Ein feines
wissendes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel: „Gwenaëlle und Muirgheal glichen
sich wie ein Ei dem anderen… Sie waren wie zwei strahlende Sonnen…

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