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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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in fremden Häusern, dass
sie die Zeit allein in ihrem Leuchtturm wie ein Geschenk betrachtete. Manchmal
stand sie draußen auf der Plattform und beobachtete tagelang das Kommen und Gehen
der Gezeiten, dass es ihr schon vorkam, als würde es innerhalb eines
Wimpernschlages geschehen.
Juno brachte keinen Ton heraus, als würde jemand ihr die Kehle zudrücken. Sie
fand keine Worte, die ausdrücken würden, wie sehr sie den Tod von Sidonies Vater
betrauerte, von dem sie eben erst erfahren hatte.
Ihre klammen Finger schlossen sich um den Anhänger und dann ließ sie den Arm
langsam an ihre Seite sinken, obwohl sie den Eindruck hatte, dass ein
zentnerschweres Gewicht ihr die Hand nach unten zog.
Was würde Manasses tun, wenn sie ihn wirklich in die Fluten des Atlantiks
werfen würde? Ein zweites Mal würde er ihr diese Tat vermutlich nicht
durchgehen lassen. Sie erwartete sowieso schon eine Bestrafung für ihre Lüge
und die Unterschlagung einer Tochter, die nun ihr Leben in den Staaten
verbringen würde.
Ihre Schultern zuckten leicht, weil der europäische Anführer der Krieger ihr
kaum wirklich etwas antun konnte. Sie hatte nichts, das man ihr nehmen konnte. Außer
ihrem Refugium in Carnac.
    „Pia Nicolasa
hat gar nichts versucht, Mr. Lancaster. Sie hätte das mit Leichtigkeit tun
können, mit all der Macht, die sie in sich vereint. Sie sollten wie die Sophora
akzeptieren, dass manche Dinge einfach keinen Sinn mehr haben. Sie wünschen es
sich nicht wirklich und es wäre auch nicht zum Besten Ihrer zukünftigen Frau.
Ich hatte nicht mehr zu bieten, als diesen Anhänger. Und nun, da ich ihn zurück
erhalten habe, ist meine Einmischung nicht mehr von Nöten.“, sprach die Nuntia
mit klarer Stimme, die einen beinahe offiziellen Tonfall angenommen hatte.
Protokoll und Steifheit war eben alles, was ihr noch blieb. Um ihren hübschen
Mund legte sich ein verhärmter Ausdruck, den sie jedoch mit einem schwachen
Lächeln zu kaschieren versuchte.
„Du solltest dir die Worte deines Mannes zu Herzen nehmen, Sidonie. Sieh in die
Zukunft, der Blick zurück lohnt kaum. Ich bin nicht mehr als ein Geist… Ich
wünschte wirklich, dass Bertrand statt meiner weiter hätte leben können.“
Juno nickte der Sophora und dem Pärchen knapp zu, dann schritt sie zur Tür und
verließ das Zimmer, ohne Eile an den Tag zu legen, obwohl ihre Füße sie gerade
eiligst bis ans Ende der Welt tragen wollten. Dennoch lief sie beinahe wie eine
alte, gebeugte Frau den Gang entlang, um sich in ihre Gemächer zurück zu
ziehen, die sich weit oben in den Zinnen des Schlosses befanden. Weit weg von
dem fröhlichen Trubel, der seit Tagen im Castle herrschte und an ihren Nerven
zerrte.
    Im Salon
starrte Sid Juno wie vom Donner gerührt hinterher. Sie hatte einfach nicht
gewusst, wie sie zu der Frau durchdringen konnte, die ihre Mutter war. Sie
konnte doch nicht zulassen, dass Juno ein solches Leben führte. Sie barg das
Gesicht an Malcolms Oberarm, der sie stützte, weil er sich Sorgen machte, die
Aufregung könnte ihr weiche Knie bereiten.
„Ich weiß, dass sie das nicht möchte… Aber sie tut mir so unendlich leid,
Malcolm. Es ist einfach furchtbar! Es hätte mir genauso ergehen können, oder
nicht…?! Der Aryaner hätte mich genauso angegriffen, wie es Juno damals
passiert ist… Genauso hätte ich dich verlieren können, wenn ich nicht dieses
Erbe in mir tragen würde… Ich wünschte, ich könnte etwas tun. Sie ist doch
meine Mutter!“
Nun endlich flossen die Tränen über ihre Wangen, die sie die ganze Zeit vor
innerer Erstarrung einfach nicht hatte weinen können.
    . . .
“Warten Sie, Juno! Warten Sie!” Malcolm war es ein Leichtes, die Nuntia
einzuholen, die, kaum dass sie den Salon verlassen und eine aufgelöste,
verzweifelte Sidonie zurückgelassen hatte, in Haltung und Gang um mehrere Jahre
gealtert zu sein schien.
Es störte ihn, so von oben auf sie herabsehen zu müssen, nachdem sie ihnen
etwas von ihrem Inneren offenbart und Gefühle gezeigt hatte, die zwar durchweg
negativ ihnen gegenüber gewesen waren, jedoch für Juno anscheinend die einzige
Möglichkeit, sich mitzuteilen, ohne zusammenzubrechen. Aber ein Kniefall hätte
die Nuntia bestimmt noch mehr dazu bewogen, sich gegen ihn und Sid zu stellen,
die nichts lieber wollte, als endlich den Kontakt zur Mutter aufzunehmen und zu
halten, selbst wenn diese für die Zukunft eher Freundin als Mutter sein würde.
Sofern Juno sich überzeugen und zum Bleiben bewegen ließ. Er hatte in

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