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Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Center
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Vielleicht würde J. J. sie tags darauf ausfindig machen und ihr seine Liebe oder sonst was gestehen. Und J. J.s Frau könnte einen besseren Mann finden und bekäme eine zweite Chance, diesmal alles richtig zu machen.
    Oder vielleicht rasten sie alle einfach durchs Leben, nahmen sich ein Stück vom Glück, wann immer es sich ihnen bot, und lebten von einem unbegreiflichen Augenblick zum nächsten. Wie wir anderen alle auch.
    Das Zweite, was sich ereignete, war eine Standpauke. Dixie bat mich eines Morgens, sie zum Lebensmittelgeschäft zu begleiten. Im Auto, die Eulen-Sonnenbrille auf der Nase, stellte sie Reba McEntire aus und tätschelte mir das Knie. Dann sagte sie: »Ich weiß, warum du deine Schwester nicht besucht hast.«
    »Ich habe sie nicht nicht besucht«, sagte ich. »Es hat sich nur so ergeben, dass ich noch nicht dort gewesen bin.«
    Doch das waren Ausflüchte. Ich hatte sie nicht besucht, das stimmte. Mehrere Male hatte ich versucht, mich zu überwinden, doch jedes Mal verkrampfte sich mein Magen bei der Vorstellung zu einer kleinen Faust, und ich machte an der Tür wieder kehrt.
    Es war einfach noch ein weiteres Thema, worüber Mackie und ich nicht redeten.
    Doch es gab so gut wie nichts, worüber Dixie nicht redete. »Du hast Angst vor den Babys.«
    Es geschieht im Leben nicht oft, dass ein Mensch, den man im Grunde nicht allzu gut kennt, einem etwas Wahres auf den Kopf zusagt, was einem bis dahin nicht klar gewesen war. Doch sie hatte so recht, dass ich auf einen Einspruch verzichtete. Ich saß nur in ihrem Auto und hörte auf dem Weg zu dem Geschäft zu, wie sie mir das Ganze auseiandersetzte.
    »Du hast Angst, dass du sie haben willst und dass es sich anfühlen wird, als würden sie dir gehören. Du fürchtest, dass ihr Anblick dir das Herz zerreißt. Und vielleicht tut es das auch.« Ein Typ in einem Mini fuhr bei Rot über die Ampel, und Dixie hupte. »Aber du musst trotzdem hin. Denn manchmal muss man für die Menschen, die man liebt, tapfer sein.«
    Was war dem noch hinzuzufügen? Sie hatte alles gesagt. Jetzt kannten wir die Wahrheit. Doch das Wissen der Wahrheit nützt nicht immer sonderlich viel.
    Ich hatte nicht bloß Angst, dass der Anblick der Babys mir das Herz zerreißen würde, sondern ich wusste mit absoluter Gewissheit, dass es so wäre. Ich spürte, dass ich noch nicht so weit war und dass ich noch Zeit brauchte, genauso wie ich wusste, dass Mackie überfordert war und mich unbedingt sehen wollte. Ich konnte Mackies Standpunkt sehen – doch meinen sah ich noch viel deutlicher.
    »Ich komme mit, wenn du möchtest«, sagte Dixie.
    Doch ich wollte nicht dorthin. Nicht-schwanger hatte ich lauter neue Möglichkeiten. Ich wollte ausgehen und mich gut fühlen. Bei Mackie rumzuhängen wirkte wie ein Schritt in die falsche Richtung. Nach vielen Monaten konnte ich wieder auf dem Bauch schlafen, mich im Bett umdrehen und meine Zehen berühren. Lauter Wunder! Ich war wie ein frisch entbundenes Wondergirl, und meine Fähigkeiten verblüfften mich immer wieder. Ich war bei Weitem noch nicht wieder die Alte, aber es hatte den Anschein, als könnte ich mich allem stellen – allem außer Mackie.
    Das Beste, was ich mit Mackie zustande brachte, waren kurze Telefonate. Es ließ sich nicht vermeiden, dass sie nach ein paar Minuten wegen einer Spuckkrise oder einer Windelexplosionskatastrophe weggerufen wurde. In die sen Tagen waren Telefonate mit ihr lediglich Konversationsfetzen. Mit einem richtigen Gespräch hatte das wenig zu tun:
    »Wie geht es so?«
    »Okay. Gar nicht schlecht.«
    »Hast du ein bisschen schlafen können?«
    »Nicht wirklich.«
    »Was machst du gerade?«
    »Ich esse kalte Nudeln und eine Tüte Schokochips.«
    In der Richtung liefen unsere Gespräche ab.
    Sie hatten eine Kinderfrau angeheuert, doch das brachte nicht viel. Mackie schlief, während sie da war, und sobald sie ging, war Mackie wieder allein. Clive half mit, allerdings fielen ihm neuerdings viele Gründe ein, warum er in die Firma musste. Die Babys hatten einen völlig unterschiedlichen Rhythmus, und sobald Mackie eines zum Einschlafen gebracht hatte, wachte stets das andere auf.
    Mackie war nicht mehr sie selbst. Meine supercoole Schwester, die so leicht nichts aus der Fassung brachte, klang fast die ganze Zeit über völlig außer sich. Sie brach bei den verrücktesten Sachen in Tränen aus. Sie legte bei unseren Telefonaten ständig auf, ohne sich auch nur zu verabschieden, weil sie sich um die Babys kümmern

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