Eine Schwester zum Glück
das ist wunderbar.« Ich betrachtete sie ebenfalls von Kopf bis Fuß, wie sie da in ihrem Hosenanzug stand – auf eine Art, wie ich es im Fu’s Garden nicht getan hatte. Sie hatte einen tollen Körper für eine Frau Ende fünfzig, mit den Beinen einer Tänzerin, einem kaum nennenswerten Bäuchlein und einem beeindruckenden Dekolleté.
Da läutete Dixies Handy – mit einem Elvis-Klingelton: »Hound Dog«. Sie bedeutete uns, ihr ins Haus zu folgen, während sie in ihren hochhackigen Sandalen auf der Suche nach ihrem Handy den Flur entlangklapperte.
Wir traten ein. Ich war auf gewisse Veränderungen gefasst. Doch ich hatte nicht erwartet, was ich nun vom Eingang aus sehen konnte: Abgesehen von zwei Luxus-Hundekörbchen für Dixies Shih Tzus aus dem Tierheim, ZaZa und Snippers, war das gesamte Erdgeschoss leer.
Noch vor Kurzem hätte man beim Betreten der Diele unseres Dads überall Zeitungsstapel erblickt, alte umgestürzte Postberge, einen überladenen Kleiderständer, Bücher und Manuskripte, die sich auf der Treppe türmten, schief hängende Bilder, Berge von Recycling-Müll, ein altes Fahrrad ohne Kette. Es gab einen Ausdruck für die Lebensweise meines Vaters: Messie-Syndrom . Mackie hielt das für eine Übertreibung, aber es traf zu. Mein Dad war einer dieser Menschen, bei denen es sehr wohl möglich war, dass sie eines Tages von Lawinen ihres eigenen Zeugs erdrückt werden.
»Es ist, als würde er versuchen, in seinem Haus Dinge zu verlieren«, meinte ich einmal zu Mackie.
Sie stimmte mir zu. »Sich selbst.«
Allerdings machte er den Abwasch. Es krochen keine Ratten in einer Spüle voll schmutzigem Geschirr herum. Es herrschte keine Verwahrlosung. Doch in diesem Augen blick, während ich im ausgeräumten Eingangsbereich stand, überkam mich auf einmal eine Erinnerung, wie das Haus früher ausgesehen hatte – und mir wurde klar, wie weit unser Dad sich von jenem Ort entfernt hatte.
Ich dachte an sein Arzneischränkchen, das immer noch voll von den Dingen meiner Mom war, stellte mir vor, wie er die Spiegeltür öffnete und schloss, um seine Zahnbürste oder ein Aspirin oder Zahnseide herauszuholen. Wie viele Male am Tag öffnete und schloss man sein Arzneischränkchen? Und was ergab das im Laufe von achtzehn Jahren? Die ganze Zeit über standen die alten Penizillinfläschchen seiner Frau da auf dem Regal, ihr Name in Druckbuchstaben auf dem Etikett einer Apotheke, die seit Langem abgerissen war. Fielen sie ihm nicht auf? Brachte er es nicht über sich, sich von ihnen zu trennen? War es trostreich für ihn, ihren Namen zu sehen, in Druckbuchstaben, als offizieller Beweis, dass sie dieses Badezimmer früher mit ihm geteilt, sich sein Rasiermesser geliehen und mit ihm darüber gestritten hatte, wer immer das ganze Warmwasser aufbrauchte?
Auf einmal fand ich Dixie richtig gut. Ihre Energie. Dieses tiefe Dekolleté. Diese mit Glitzernagellack pedikürten Zehen, als sie zu uns zurückgeklappert kam. Dann hatte sie eben enorm hochtoupierte Haare, die zu einer steifen Haube gesprayt waren – na und? Sie lebte. Sie bewegte sich. Und an diesem Ort hier war das verdammt viel wert.
Außerdem wusste sie, wie man Dinge erledigte. Ich musste zugeben, dass es hier unten jetzt viel besser aussah. Besonders nachdem wir im ersten Stock waren und den Teil des Hauses sahen, den Dixie noch nicht in Angriff genommen hatte – der Unterschied zwischen »vorher« und »nachher« wirkte wie ein Wunder. Die Böden glänzten, der Staub war gewischt, die Vorhänge waren entfernt, und Sonnenschein drang in Teile der Zimmer, in die schon jahrelang kein Licht mehr gelangt war. Alles wirkte heller und luftiger.
Dixie beobachtete uns, während wir uns umsahen. »Mädels«, sagte sie. »Es war an der Zeit, das Haus wieder zum Leben zu erwecken.«
»Wo sind die ganzen Sachen?«, fragte Mackie, und es plagte sie die gleiche Sorge wie mich: Hatte Dixie etwa alles weggeschmissen, ohne zu berücksichtigen, was es uns vielleicht bedeutete?
Doch Dixie konnte uns genau sagen, wo sämtliche Sachen aus dem Erdgeschoss waren. Sie zählte die Kategorien an den Fingern ab, während sie uns nach hinten in das Schlafzimmer unserer Eltern führte. »Der Müll ist im Müll. Der Beinahe-Müll ist für wohltätige Zwecke gespendet. Die Andenken sind weggepackt. Und die guten Sachen warten in der Garage auf euch.« Es war nicht so wichtig, dass Dixie weder das Recht noch die Erfahrung besaß zu entscheiden, welche dieser Dinge in welche Kate gorie
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