Eine skandalöse Braut
zweite Stiefel rutschte über seinen Fuß. Energisch stand Alex auf. Er trug eine Reithose aus lohfarbenem Leder und ein feines, weißes Leinenhemd, das am Hals offen stand. Das ebenholzschwarze Haar, das gegen den Kragen stieß, bildete im Licht der durch die großen Fenster in den Raum fallenden Morgensonne einen hübschen Kontrast. »Ich habe mir gedacht, du möchtest am ersten Morgen lieber keine höfliche Konversation mit meiner Großmutter betreiben.«
Ich bin immer noch nackt, bemerkte Amelia erst jetzt. Diese Entdeckung stürzte sie in Verlegenheit, als sie sich aufsetzte, das Laken herunterrutschte und ihre Brüste entblößte. Das anerkennende Grinsen ihres Gatten, als sie das Laken wieder nach oben zog, half nicht besonders, ihre Verlegenheit zu vermindern. »Da hast du völlig recht«, erklärte sie ihm. Sie spürte Röte in ihren Wangen aufsteigen. »Danke für deine Rücksichtnahme. Aber wo gehst du jetzt hin?«
»Ich habe ein Treffen mit meinem Vater. Der Befehl traf mit dem Tablett ein. Ein ordentlich versiegeltes Briefchen mit dem herzoglichen Wappen, das neben einem Kaffeebecher ruhte. Niemand würde es wagen, diese Aufforderung zu ignorieren.« Sein Lächeln strahlte vor schelmischem Charme. »Ich habe nichts anderes erwartet.«
»Er will dich sehen, um über mich zu reden.« Sie war nicht sicher, wie sie sich fühlen sollte. Es war eine Feststellung, keine Frage.
Alex beugte sich über sie. Die Matratze gab unter seinem Gewicht nach. Seine Arme ruhten links und rechts neben ihrem Körper, als er sie küsste. »Wir werden über die Ländereien sprechen. Und über einige andere Geschäfte, da ich mich erst letzte Woche mit Hawthorne getroffen habe. Er ist der Anwalt meines Vaters. Wir werden über den Gesundheitszustand des Königs reden, über Liverpools neuesten Kurswechsel, und ja, zweifellos werden wir schließlich auch das Thema meiner plötzlichen Vermählung berühren.«
Er war so ruhig. So sicher.
Ein Teil von ihr liebte ihn dafür, weil sein Verhalten sie glauben ließ, es sei ihm egal, ob die Familie seine Wahl missbilligte oder nicht. Ein anderer Teil war schlicht neidisch, wie wenig ihn die Konsequenzen ihrer Heirat kümmerten. Es war offensichtlich, wie sicher Alex sich der familiären Unterstützung war, obwohl seine Wahl nicht dem Wunsch seiner Familie entsprach. Sie hatte diese Absicherung nicht. Soweit sie wusste, wollte ihr Vater nichts mehr mit ihr zu tun haben.
Trotzdem, dachte sie. Im rosigen Morgenlicht blickte sie zu ihrem lächelnden Mann auf. Wenn ich noch einmal vor der Entscheidung stünde, würde ich höchstwahrscheinlich dieselbe treffen. Seine Arme, seine Berührung, sein Kuss …
Außerdem war da seine Fürsorglichkeit und eine bereits wachsende Freundschaft, wie sie zu ihrem eigenen Erstaunen feststellte. Sexuelle Anziehung war eine mächtige Kraft, und sie war noch immer eine Novizin der Liebeskunst. Dennoch wusste sie einfach, dass die gemeinsam im Bett verbrachte Zeit nur ein Teil der Beziehung war. Sie hatte kein Interesse gezeigt an einem der unzähligen Gentlemen, die ihr Vater vor ihr hatte paradieren lassen. Aber dieser eine Mann hatte ihr Interesse vom ersten Moment an eingenommen, und es blieb ihr auch erhalten. Dabei lag das nicht nur daran, dass er so unglaublich gut aussah oder sie mit seinem Charme verzauberte.
»Ich hoffe, er wird mich um deinetwillen akzeptieren. Aber wichtig ist vor allem, dass es einen guten Grund gibt, weshalb wir uns gefunden haben«, flüsterte sie.
Er hielt ihrem Blick stand. Plötzlich war er ganz ruhig. »Das stimmt, meine liebe Mrs St. James. Wenn du mir das noch vor Kurzem gesagt hättest, hätte ich diese Gefühlsduseligkeit als lächerlich abgetan. Aber ich habe meine Meinung geändert. Wenn du mich jetzt entschuldigst? Ich werde meine Verabredung mit dem Duke wahrnehmen. Anschließend können wir ausreiten, damit ich dir die Ländereien rund um Berkeley und die Landschaft zeigen kann. Heute ist ein herrlicher Morgen.«
Amelia sank wieder in die Kissen. Ihre Schultern waren nackt, und wenn er sie so warm anlächelte, wusste sie nicht, ob sie beim Gedanken an seine Familie noch nervös werden sollte oder nicht. »Das klingt schön.«
Nachdem er sie allein gelassen hatte, suchte sie im Gemach, bis sie ihren Morgenmantel fand, den sie am Vorabend nachlässig abgestreift hatte. Er lag als Haufen blauer Atlasseide am Fußende des Bettes auf dem Fußboden. Er war wohl im Eifer des Gefechts in der Nacht dort gelandet.
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