Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
»Ich würde dich am liebsten heute Nacht erneut entführen. Wie zum Teufel soll ich warten, bis wir verheiratet sind?«
»Wenn ich mich recht entsinne, hast du nicht gewartet.« Sie lächelte besänftigt. Er hatte es ausgesprochen! Das steife Abendessen unter den aufmerksamen Blicken ihrer Familie und der Duchess war es absolut wert gewesen.
»Das stimmt«, sagte er trocken. »Was meine Ungeduld nur unterstreicht. James hat mich übrigens heute Abend nicht nach allen Regeln der Kunst zerpflückt. Daher gehe ich davon aus, dass zumindest ein männlicher Verwandter nichts gegen unsere Verbindung hat. Und deine strenge Anstandsdame und ambitionierte Kupplerin wirkte ebenfalls hocherfreut. Bloß dein Bruder fehlt noch.«
»Er wird mich fragen, was ich möchte«, sagte Lily mit voller Überzeugung. Zwar kannte sie Jonathan weniger gut als James, weil der Bruder in Amerika aufgewachsen war, doch das zumindest wusste sie über ihn. Er machte sich ehrlich Sorgen um ihre Zukunft und würde sie zu nichts zwingen. Das war auch die Vorbedingung gewesen, als er die respekteinflößende Großmutter seiner Frau bat, für Lilys Rückkehr in die Gesellschaft Sorge zu tragen.
»Und was willst du?« Er fragte behutsam.
Ihr wurde die Kehle eng, als sie antwortete. »Einen Mann, der eine Karte über jeden Geheimgang in London besitzt. Einen, der ein kompliziertes Schloss in einem Weinkeller zu knacken versteht. Einen, der Helfer hat, die für ihn junge Damen aus ihren Schlafgemächern entführen.«
Langfingrige Hände umschlossen ihre Schultern. Seine Stimme klang samtweich. »Und würdest du so einen Mann heiraten?«
»Das könnte ich, ja.« Lily legte den Kopf in den Nacken und blickte zu ihm hoch. »Wenn er mich fragt.«
»Hat er das noch nicht? Wie ungehobelt von diesem Gentleman mit zweifelhaften Talenten.« Erneut küsste Damien sie voller Leidenschaft, und ihr Puls raste, als er schließlich den Kopf hob.
»Lily … heirate mich.«
»Habe ich denn eine Wahl?«
»Immer.« Seine Hand verharrte auf ihrem Rücken, und sie spürte die Hitze seiner Berührung selbst durch den Stoff von Kleid und Unterkleid. »Wenn du etwas anderes willst …«
»Das war ein Scherz …« Sie berührte sein Gesicht und wisperte: »Ja. Ich will nichts so sehr, wie für den Rest unseres Lebens gemeinsam in Bibliotheken herumzuschleichen. Aber was wird deine Familie sagen?«
»Sie werden sich alle sehr, sehr freuen.« Sein Mund strich über ihre Schläfe. Bildete sie sich das ein, oder atmete er wirklich erleichtert aus? »Du hast schon den Segen einer Schwägerin und zweier Brüder.«
»Sie wissen doch bestimmt …«
»Dass ich klug genug bin, eine richtige Entscheidung zu treffen? Ja, das wissen sie.«
»Ich meinte die Sache mit Arthur und dass ich durchgebrannt bin.«
»Jetzt sei nicht albern. Keiner von ihnen macht sich etwas aus dummem Gerede und alten Geschichten.« Sein Grinsen blitzte kurz in der Dunkelheit auf. »Ich bin so froh, dass wir das geklärt haben, Lady Lillian.«
Und nicht zum ersten Mal glaubte und vertraute sie ihm ganz und gar.
Endlich war ein Schlussstrich unter die vier Horrorjahre gezogen. Unter die albtraumhafte Flucht und die darauffolgende gesellschaftliche Ächtung. Unter die Zeit der Einsamkeit auf dem Land. Erst jetzt konnte sie gelassen darauf zurückblicken, auf ihren Irrtum und auf ihre falsche Entscheidung. Ihr größter Fehler war es gewesen, sich überhaupt auf Arthur einzulassen. Nun ja, sie fand ihn damals halt attraktiv: ein Verehrer mit Titel, wohlhabend und charmant, ein gut aussehender Mann mit seinen weizenblonden Haaren …
Lily erstarrte, obwohl Damien gerade ihren Hals liebkoste. Er spürte es sofort und hob den Kopf. »Was ist los? Du hast doch nicht hoffentlich deine Meinung geändert haben, meine Süße … Schließlich habe ich gerade erst gefragt.«
»Nein, nein.« Sie befreite sich aus seiner Umarmung und trat ein paar Schritte zurück, starrte auf einen verblühten Rosenbusch. Dann drehte sie sich um. »Du hast gefragt, ob ich eine Verbindung zwischen den Männern kenne. Irgendetwas, das sie gemeinsam haben. Richtig?«
Sofort schlüpfte Damien aus der Rolle des Liebhabers in die des Spions. »Und?«, fragte er wachsam.
»Sie sehen sich alle ähnlich.«
»Wie bitte?«
»Damien, alle vier Männer sehen sich verblüffend ähnlich: gleiche Größe, gleiche Haarfarbe, gleicher Teint. Sie sind alle blond, hellhäutig und schlank … Einmal habe ich Fairfield von hinten sogar für
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