Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
Sache ging, mit der Damien befasst war, doch musste es ausgerechnet jetzt sein? Konnte man einen Mondscheinspaziergang nicht besser nutzen?
Zudem ergaben seine Fragen für sie keinen Sinn. »Arthur Kerr. Thomas Fairfield. Der jüngste Sohn des Earl of Havesham. Henry Lawson. Du bist ihnen allen bestimmt irgendwann begegnet.«
Sie schaute ihn verständnislos an. »Lass mich überlegen … Du weißt , dass ich Arthur kenne. Die anderen habe ich irgendwo getroffen.«
Ihre Röcke streiften seine Stiefel, und obwohl er nicht einmal ihre Hände hielt, spürte sie durch diese kleine Berührung Erregung in sich aufsteigen. Wenn sie da an ihre Beziehung zu Arthur zurückdachte – an die Zeit, bevor sie von seiner Neigung erfuhr –, nie hatte es diese Atemlosigkeit gegeben, diese Unruhe. Sie mochte ihn, das schon – glaubte ihn sogar zu lieben. Aber das war wohl nur eine romantische Verliebtheit, ohne Leidenschaft und ohne wildes Begehren. Eine mädchenhafte Schwärmerei.
Jetzt war sie eine Frau und würde einen solchen Fehler nicht ein zweites Mal machen. Schließlich kannte sie inzwischen den Unterschied nur zu gut.
»Warum willst du das wissen?«, hakte sie nach einer Weile nach.
Sein Lächeln war geheimnisvoll. »Ich suche nach einer Gemeinsamkeit zwischen ihnen. EinerVerbindung. Wenn du so willst, nach einem Band, das sie zusammenhält.«
»Diese vier Männer? Warum ausgerechnet sie?«
»Sagen wir einfach, ich schulde einem alten Freund einen Gefallen. Und wenn ich diese Aufgabe zu seiner Zufriedenheit erfülle, könnte ich damit anderen Menschen helfen. Hast du eine Idee? Eine der zahlreichen Eigenschaften, die ich an dir bewundere, ist dein scharfer Verstand. Vielleicht muss ich zur Lösung dieses Rätsels die weibliche Perspektive kennen.«
Obwohl sie sich mehr handfeste Zuwendung erhofft hatte, fühlte sich Lily durch sein Kompliment geschmeichelt. »Ich weiß nicht, was ich dir dazu sagen könnte.«
»Irgendetwas.« Er blieb neben einer sauber gestutzten Eibe stehen. Im schwachen Licht funkelten seine Augen. »Es ist egal, ob du es für wichtig hältst oder nicht.«
Was für sie im Moment wirklich zählte, war der Wunsch, von ihm in den Arm genommen und offiziell gefragt zu werden, ob sie ihn heiraten wollte. Er musste ja nicht gleich vor ihr in die Knie gehen – ihr würde es genügen, die Worte laut ausgesprochen zu hören. Stattdessen fragte er sie über Gentlemen aus, die sie bloß flüchtig kannte.
»Ich sagte ja schon, ich kenne die meisten kaum. Und einer von ihnen, der arme Thomas Fairfield …«
»Er starb vor Kurzem, ich weiß.« Damiens Stimme klang merkwürdig leer, als sei er mit seinen Gedanken ganz weit weg. »James hat mir davon erzählt.«
»Hat das irgendwie mit Arthur zu tun? Er fragte mich neulich, ob sonst jemand von seinem … Geheimnis wüsste.« Sie war nicht sicher, wie sie es sonst nennen sollte.
»Das weiß ich nicht, aber genau deshalb frage ich.«
Sie wandte sich halb von ihm ab und blickte zum Himmel hinauf. Im Licht des Mondes warfen die Bäume Schatten auf den Weg. »Ist er der Freund, dem du einen Gefallen schuldest?«
»Nein.«
»Und warum fragst du dann ausgerechnet mich?«
»Das ist ein berechtigter Einwand.« Seine Finger umfassten ihr Kinn und zwangen sie, sich zu ihm umzudrehen. »Lily, wollen wir Arthur und seine Probleme nicht für den Augenblick vergessen? Wir sind ganz allein im Mondlicht, und du bist heute so atemberaubend schön. Und ich konnte bisher kaum mehr tun, als deine Hand zu berühren.«
Das wurde aber Zeit, dachte sie. Auch das Leuchten seiner Augen entging ihr nicht, und sie wusste, dass es nur der Auftakt war.
Und wirklich beugte er wie auf Kommando den Kopf zu ihr herunter: Sein Mund berührte ihren, erst ganz leicht, dann immer drängender. Das Blut schoss heiß durch ihre Adern. Die Heftigkeit, mit der sie sich sofort an ihn presste, war alles andere als züchtig. Und ebenso der Eifer, mit dem sie sich in seine Umarmung schmiegte. Aber das kümmerte sie nicht. Wenn es eine Lektion gab, die sie gelernt hatte in den vergangenen vier Jahren, dann die, dass Unschuld einen nicht vor dem größten Elend bewahren konnte. Mit anderen Worten: Sie war kein Wert an sich, und deshalb genoss sie in vollen Zügen, was das Leben für sie bereithielt.
Seine Lippen waren fest, weich und warm … Sie hörte sein Stöhnen, als er sie noch enger an sich drückte, bevor er sich gewaltsam von ihr losriss. Sein Atem heiß an ihrem Ohr, flüsterte er:
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