Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
Arthur gehalten.«
Halb im Schatten stehend, schwieg Damien. Stand da mit undurchdringlicher Miene, die Stirn leicht gerunzelt. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Das ist interessant, nur verstehe ich nicht, inwiefern das von Bedeutung sein könnte.«
Sie ebenso wenig, doch je länger sie darüber nachdachte, umso überzeugter war sie. »Trotzdem ist es ein merkwürdiger Zufall, findest du nicht?«
Er betrat spätnachts ihr Schlafzimmer, ohne vorher anzuklopfen. Was auch besser war, denn schließlich sollte ja niemand geweckt werden. Ein lautes Hämmern gegen die Tür verbot sich da von allein.
Es war die erste einer Vielzahl von Sünden in dieser Nacht. Damien hatte nämlich vor, sämtliche Tabus zu brechen. Schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass ein Mann sich verlobte, wenngleich erst inoffiziell. Aber wie es aussah, würde der Bruder keine Einwände haben und Lily schon bald seine Frau sein.
Der Kuss im Garten hatte ihm nicht gereicht, weshalb er auf Abhilfe sann. Früher wäre er vielleicht durchs Fenster gestiegen, doch das verbot sich angesichts seiner Verletzung. Also musste er durch die feindlichen Linien, mit anderen Worten sich ungesehen durchs Haus schleichen. Und da war er nun.
Im Mondlicht, das durchs Fenster fiel, sah er, dass sie fest schlief. Sie hatte sich auf die Seite gerollt und die Hand ausgestreckt. Die Fülle ihrer Haare umfloss die schmalen Schultern, und ihre Brüste hoben und senkten sich mit jedem Atemzug.
Vielleicht sollte er einfach wieder gehen, überlegte er, was er indes erwartungsgemäß nicht tat. Er stand bloß da und überlegte, warum diese junge Frau ihn dermaßen bewegte. Seit jenem Moment in der Bibliothek, als er sich umdrehte und sie auf dem Sofa bemerkte, war er nicht mehr er selbst.
Vielleicht bestand sein Problem sogar darin, dass er generell nicht mehr wusste, wer Damien Northfield war. Kein Spion mehr, der Bonaparte zu besiegen half, und auch kein Titelanwärter mehr, denn sein Bruder hatte inzwischen einen Sohn. Er musste für sich ein anderes Leben finden. Eine Aufgabe. Als Ehemann? Als Vater? Vielleicht hatte sich Letzteres ja bereits ergeben. Ganz ausgeschlossen war es nicht. Und würde von nun an immer wahrscheinlicher.
Er entkleidete sich leise. Seine Bewegungen waren ebenso geschmeidig wie knapp. Heimlichkeiten waren sein vertrautes Umfeld. Im Zimmer hing dezent ihr Duft, der ihn unwiderstehlich lockte und ihn an ihre warme, weiche Haut erinnerte. Er konnte einfach nicht mehr warten. Jetzt, wo es um Lily und sein Verlangen nach ihr ging, war ihm selbst der letzte Rest seiner vielgerühmten Geduld abhandengekommen. Obwohl er natürlich sehr wohl wusste, wie skandalös sein Verhalten war.
Je früher sie heirateten, desto besser. Wenn es nach ihm ging, musste es keine große Hochzeit, kein gesellschaftliches Ereignis sein. Und Lily dachte vermutlich ähnlich. Für ihn war nur wichtig, dass es bald passierte. Damit er sich nicht mehr heimlich in ihr Zimmer schleichen musste. Er schob die Decke zurück und schlüpfte zu ihr ins Bett, streichelte ihr seidiges Haar und weckte sie behutsam. Er sah, wie ihre Lider flatterten und sich dann öffneten. »Ich bin’s.«
»Damien?« Einen Moment lang wirkte sie ehrlich verwirrt, weil er tatsächlich neben ihr im Bett lag. Sie setzte sich halb auf, die Haare wirr. »Was tust du hier? Hast du den Verstand verloren?«
Nicht zum ersten Mal fragte sie ihn das. Wenn er sich recht entsann, war es beim letzten Mal der Auftakt zu einem höchst befriedigenden Intermezzo gewesen.
»Das muss ich wohl«, erklärte er grinsend. »Ich riskiere immerhin, dass die erlauchte Eugenia, sofern sie heute hier nächtigt, in einem unpassenden Moment hereinstürmt, um mich eigenhändig aus deinem Gemach zu zerren. Können wir bitte ganz leise flüstern? Ich fürchte mich zwar nicht vor einem französischen Bataillon, aber ich muss zugeben, dass diese Dame michdurchaus einzuschüchtern vermag.«
»Sie würde das sogar bei einem französischen Bataillon schaffen«, flüsterte Lily. In dem sittsamen Nachthemd wirkte sie seltsam jung und verletzlich. Das Hemd glich jenem, das sie in jener Nacht trug, als Sharpe sie auf seiner Schwelle ablieferte.
»Dann sollten wir dafür Sorge tragen, dass das Risiko sich lohnt.« Damiens Stimme klang heiser, und sie schien erst jetzt zu merken, dass er nackt und bereits erregt war. Er beobachtete, wie unterschiedliche Gefühle über ihr Gesicht huschten. Überraschung. Freude. Erwartung.
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