Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
Lebens.
Das war inzwischen einen Monat her, und er hatte sie jeden Abend begleitet, sofern sich die Gelegenheit dazu ergab. Und war ihr verfallen, obwohl oder gerade weil sie so anders war als alle Frauen, die er kannte. Sie brauchte und wollte keinen Mann, der sie beschützte, schien sich von dem Gedanken an eine konventionelle Ehe bereits frühzeitig verabschiedet zu haben, und nichts deutete darauf hin, dass sie diesen Entschluss jemals revidieren würde.
Eines Nachts, als sie in guter Stimmung war und mehr von sich preisgab als sonst, erzählte sie ihm von ihren Halbgeschwistern, dem Viscount Altea und seiner Schwester Elizabeth, zu denen sie eine recht enge Beziehung unterhielt. Nicht allein aufgrund der Familienbande, sondern weil diese beiden ebenfalls einen eher freien Lebensstil bevorzugten.
James’ Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, zu ihrem Angebot, ihr neuestes Werk zu begutachten. »Ich wusste nicht, dass das Gemälde schon fertig ist.« Er ließ die Finger an ihrem Arm hinaufgleiten und genoss, wie weich sich ihre Haut anfühlte. Sie war eine außergewöhnliche Künstlerin, redete aber nicht gerne über ihre Arbeit und zeigte ihre Bilder in der Regel nicht her, sofern sie nicht an den Wänden hingen.
»Ist es auch nicht«, sagte sie leichthin. »Ich arbeite noch daran.«
»Es wäre mir eine Ehre«, erklärte er leise und hoffte, sie las in seinen Augen, wie ernst er es meinte. »Soll ich mich anziehen?«
Regina lachte melodisch und schüttelte den Kopf, während sie aus dem Bett stieg. Mit den langen, offenen Haaren, die bis zur Taille reichten, und den üppigen Kurven glich sie einer nackten Nymphe, nein, viel passender, einer Göttin. »Das musst du nicht. Außer uns sind nur meine Haushälterin und meine Zofe im Haus, und sie sind an meine Grillen gewöhnt. Ich schätze mal, mitten in der Nacht bleiben sie lieber in ihren Zimmern, damit sie nicht mit einem allzu skandalösen Anblick konfrontiert werden.«
Unwillkürlich fragte er sich, was das besagte und ob sie gelegentlich auch andere männliche Besucher empfing. James stellte fest, dass er Eifersucht empfand, ein für ihn ganz neues Gefühl. Natürlich wusste er vom Verstand her, dass es vor ihm andere Männer in ihrem Leben gegeben hatte und dass sie ihm nie Rechenschaft ablegen würde, weder über das, was früher war, noch über ihr gegenwärtiges Tun und Lassen. Nie entschuldigte sie sich für etwas oder bot ihm eine Erklärung an. Trotzdem war sie die aufregendste Geliebte, die er im Bett gehabt hatte, vielleicht wegen dieser Aura des Geheimnisvollen, die sie umgab.
Nur würde er sie je besser kennenlernen? Würde sie ihn je so nahe an sich heranlassen, dass das möglich war? Oder würde er sich damit zufriedengeben müssen, ihren Körper besitzen zu dürfen, nie aber ihr Herz und ihre Seele?
Jedenfalls stellte sie für ihn eine reizvolle Herausforderung dar.
Was war nur in sie gefahren? Regina schlüpfte in ihren Morgenmantel und drehte sich um. Betrachtete den Mann, der immer noch auf den zerwühlten Laken ihres Bettes ruhte. James war unglaublich anziehend, das konnte sie nicht leugnen – obwohl sie sonst eher eine Schwäche für dunkle, dramatisch wirkende Männer hatte und nicht für blonde mit himmelblauen Augen, die gelassen in die Welt blickten und die man vielleicht sogar als eher gewöhnlich bezeichnen konnte. Ihr junger Geliebter war schlank und athletisch, und seine klaren Gesichtszüge sahen fast ein wenig jungenhaft aus. Aber zugleich umgab ihn eine Aura unerschütterlichen männlichen Selbstvertrauens, und das hatte anfangs ihr Interesse an ihm geweckt.
Das öde Dinner, zu dem sie ursprünglich gar nicht gehen wollte, nahm durch diesen Tischherrn, den man ihr zuwies, plötzlich eine interessante Wendung. Und es folgte eine noch viel lustvollere Nacht. Seitdem hatte er ziemlich regelmäßig ihr Bett geteilt, wobei die Bedingungen von Anfang an klar waren. Sie würde seine Geliebte werden, mehr nicht. Auf keinen Fall. Eine dauerhafte Beziehung schloss sie kategorisch aus. Nicht nur mit ihm, sondern generell. Der Gedanke an so etwas hatte ihr nie gefallen. Die Kunst war ihr Leben.
Dass er jünger war als sie, spielte deshalb für sie keine entscheidende Rolle. Er war nicht der erste jüngere Liebhaber. Allerdings war der vorherige keine besonders angenehme Erfahrung gewesen, denn er war zu eifrig und linkisch, weshalb sie sich damals geschworen hatte, sich nur noch mit älteren, reiferen Männern einzulassen,
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