Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
of Eddington sie unter ihre Fittiche genommen hatte, fing das Gerede an.
»Ich bin für eine Anprobe hier«, sagte sie bemüht gleichgültig und wollte sich an Penelope Kerr, jetzt Lady Sebring, vorbeischieben, doch stellte diese sich ihr in den Weg.
»Haltet Euch von ihm fern«, zischte sie.
Lily konnte sich nicht erinnern, in ihrem Leben jemals so überrascht gewesen zu sein. Sie erstarrte und wahrte nur mit Mühe Haltung. »Von wem bitte?«
»Von meinem Ehemann.«
»Mir kommt’s vor, als hätten sich unsere Wege schon vor Jahren getrennt.«
»Ich weiß, dass er Euch vor einigen Monaten besucht hat.«
Weil das der Wahrheit entsprach, wusste sie nicht, wie sie diesen Vorwurf entkräften sollte. Arthur war unerwartet eines Abends zu Besuch gekommen, und sie hatten zum ersten Mal seit ihrer missglückten Flucht miteinander geredet. Aber Lily sah keine Veranlassung, Lady Sebring weitere Einzelheiten mitzuteilen. Auch eine Entschuldigung, gleich welcher Art, kam für sie nicht infrage. Schließlich war ihr Ruf ruiniert worden.
»Was ist das hier?«
Normalerweise hätte Lily beim Klang der frostigen Stimme das Gesicht verzogen, doch in diesem Augenblick kam Ihre Gnaden wie gerufen. Majestätisch rauschte sie gerade zur Tür herein, und das reichte, um Lilys Kontrahentin einzuschüchtern. »Aha, Lady Sebring. Freut mich wirklich, Euch zu sehen, aber wir haben einen Termin, den wir nicht verpassen dürfen. Entschuldigt uns bitte«, sagte sie und wedelte bedeutungsvoll mit der Hand. Das Zeichen für Lady Sebring, dass ihre Gegenwart nicht länger erwünscht war. Mit einem finsteren Blick trat sie beiseite und gab den Weg frei.
»Denkt Euch nichts dabei, mein Kind«, murmelte die Herzoginwitwe, als sie das Innere des Ateliers betraten. »Sie ist unter Eurer Würde.« Lily glaubte sogar, ein missbilligendes Schnaufen zu hören. »Sehr gewöhnlich, eine Lady so anzugehen. So etwas tut man nicht.«
Bestimmt nicht, wenn man mit einer gesellschaftlichen Institution wie dieser unterwegs war. Zum ersten Mal empfand Lily eine gewisse Dankbarkeit, weil ihr Bruder sie mit dieser resoluten Frau zusammengebracht hatte, die sie schon allein aufgrund ihrer Stellung schützen konnte.
Ihre Begleiterin wechselte das Thema. »Euer Bruder hat sich mehr als großzügig gezeigt, als es um die Zuwendungen für eine neue Garderobe ging. Und ich habe das Gefühl, wir werden etwas wirklich Atemberaubendes für die Gala bei den Wainworths im nächsten Monat brauchen.«
Und wie das aussehen sollte, darüber hatte die gute Eugenia natürlich sehr genaue Vorstellungen, was die folgenden Stunden bisweilen etwas mühsam gestaltete. Zahllose Stoffballen wurden vor ihnen entrollt, verworfen und manchmal wieder zurückgeholt, bis sie sich schließlich für eine zarte blaue Moiréseide entschieden. Den Stil der Robe diskutierten sie anhand des Modellkatalogs, und Lily wurde einmal mehr ausgemessen.
Erst als sie wieder in der Kutsche saßen, warf die Duchess ihr einen scharfen Blick zu und brachte das leidige Thema wieder zur Sprache. »Hat Sebring Euch tatsächlich besucht?«
Na wunderbar: Sie hat das Gespräch belauscht.
Lily lehnte sich auf der bequemen Sitzbank in die Polster zurück und entschied, so ehrlich wie möglich zu antworten, wenngleich sie auf keinen Fall alle Details dieses Gesprächs offenbaren konnte. »Ja«, gab sie zu. »Aber das war kein heimliches Treffen. Er sprach bei uns in Mayfair vor. Jonathan war mit Carole und Betsy aus, und ich habe ihn allein empfangen. Allerdings weiß ich nicht, wie seine Frau davon erfahren hat.«
Die Herzoginwitwe faltete die Hände in ihrem Schoß. Ihr Blick bohrte sich in Lilys. »Darf ich vielleicht erfahren, warum Ihr den Mann, der Euren Ruf beschädigt und sich später nicht wie ein Ehrenmann verhalten hat, überhaupt empfangen habt?«
Eine naheliegende Frage, die allerdings nicht leicht zu beantworten war. Außerdem fand sie nicht, dass es die Duchess etwas anging – schließlich war sie nicht ihre Mutter. Trotzdem verdiente sie eine angemessene Antwort. Lily räusperte sich und packte den Haltegriff, während die Kutsche um eine Ecke bog. »Arthur kam zu mir, weil er fürchtete, seine Frau sei unfruchtbar.«
Die Kinderlosigkeit des Paares war kaum ein Geheimnis, nur blieb die Frage, warum ein Mann dieses Problem seiner ehemaligen Verlobten vortrug. Entsprechend finster blickte jetzt die Herzoginwitwe. »Verstehe. Nein, ich verstehe es ganz und gar nicht. Warum vertraut er sich
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