Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
ausgerechnet Euch an? Sagt mir jetzt bitte nicht, er habe seine Entscheidung von damals bedauert, weil Ihr ihm mit Sicherheit inzwischen Kinder geschenkt hättet. Wie eine zuverlässige Zuchtstute.«
Obwohl das Thema alles andere als lustig war, konnte Lily sich ein Lachen nicht verkneifen. Zumal Ihre Gnaden sich sonst nicht solch derber Vergleiche bediente. »Nein.« Das zumindest konnte sie voller Überzeugung sagen. »Ich glaube nicht, dass er so von mir denkt.«
»Sondern?«
Es schien keine andere Möglichkeit zu geben, als so ehrlich wie möglich zu antworten. »Wir waren früher sehr gute Freunde. Lange bevor er mich heiraten wollte. Ich glaube, er war ratlos und brauchte einfach jemanden, mit dem er über die Kinderlosigkeit seiner Frau reden konnte. Jemanden, der ihm zuhörte. Ein Mann würde wohl kaum anderen Männern dieses delikate Problem anvertrauen – es könnte ja schließlich auch an ihm liegen, dass es noch keinen Erben gibt.«
»Dennoch finde ich nicht, dass Ihr nach dem Vorgefallenen die optimale Wahl als mitfühlende Zuhörerin seid.«
Lily strich über ihren Rock, während sie über die passende Antwort nachdachte. Schließlich sagte sie: »Wir haben uns damals, während unserer Verlobungszeit, nicht sonderlich gut verstanden. Jetzt ist das anders. Trotzdem bereue ich nichts.«
»Bedauert er es vielleicht, eine andere geheiratet zu haben?«
Eine schwierige Frage. Lily überlegte einen Moment, dann sagte sie: »Das weiß ich nicht zu sagen. Jedoch bin ich mir völlig sicher, dass er es auf keinen Fall bereut, mich nicht geheiratet zu haben.«
Eine Minute lang musterten die Augen der Herzoginwitwe sie scharf. »Nun gut. Lord Sebring ist kein Thema mehr, aber sagt mir bitte, dass das auch für Euch gilt.«
»Absolut«, antwortete Lily aus vollem Herzen.
Kapitel 9
Einmal Spion, immer Spion. Offenbar traf das ebenfalls auf ihn zu.
Von dem Moment an, als er den Saal betrat, hatte Damien begonnen, in der Menge nach ihr Ausschau zu halten und möglichst leise und unauffällig herumzuschlendern. Sie war anwesend, das spürte er.
Es war ein angenehm warmer Abend, und er fand sie in der Nähe einer der geöffneten Terrassentüren, wo sie mit einer kleinen Gruppe junger Damen zusammenstand. Zwei von ihnen mussten ihre Schwestern sein, denn die Ähnlichkeit ließ sich kaum übersehen. Bei der dritten handelte es sich um eine dunkelhaarige junge Frau, die er nicht kannte. Woher auch? Schließlich besuchte er erst seit Neuestem wieder Gesellschaften.
Lady Lillian trug ein Kleid in einem hellen Topas, das ihre schlanke Gestalt betonte. Die glänzenden Haare waren hochgesteckt, nur einzelne Strähnen umspielten ihr Gesicht oder lockten sich hinunter bis zu ihren Schultern. Während er sie beobachtete, beugte sich die Unbekannte neben ihr zu ihr herüber und sagte etwas, das sie zum Lachen brachte. Er konnte den melodiösen Klang ihrer Stimme vernehmen und musste zugeben, dass ihr Lachen ihn schlicht verzauberte.
Ihn? Ein Lachen? Er konnte sich nicht erinnern, dass ihn je etwas verzaubert hätte. Es war eine völlig neue Erfahrung. Vielleicht begann er ja endlich, sich mit dem normalen Leben anzufreunden, überlegte er und lehnte sich gespielt lässig gegen die Wand. Was war schon so schlecht daran? Man trank Champagner, vertrieb sich die Zeit – schließlich gab es genug schöne Frauen …
Aber nur eine, die ihn interessierte. Er beobachtete, wie sie eine Hand hob und eine verirrte Locke mit einer graziösen Bewegung aus dem Gesicht strich. Warum hatte er Sharpe eigentlich darauf angesetzt, so viel wie möglich über sie herauszufinden?
Er wusste es nicht wirklich.
»Was fasziniert denn dich so?«
Damien blickte auf und sah seinen jüngeren Bruder Robert, der langsam zu ihm herüberkam und ihn anlächelte. »Und warum bist du hier? Ich dachte, du seist auf dem Land in Rolthven.«
»Offensichtlich nicht.« Robert hob die Brauen. »Ich hatte geschäftlich in London zu tun. Und jetzt möchte ich wissen, welche dieser jungen Ladys bei dir dieses Interesse auslöst.«
Damien drückte sich um eine Antwort, wechselte stattdessen das Thema. »Wann bist du in die Stadt zurückgekehrt?«
»Heute früh. Rebecca und die Kinder sind noch auf dem Land. Und du hast auf meine Frage nicht geantwortet, übrigens eine ziemlich lästige Angewohnheit von dir. Die hübsche Brünette zur Linken ist Lillian Bourne, wenn ich mich nicht irre. Ich erinnere mich an ihre erste Saison. Sie sieht heute Abend bezaubernd
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