Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
mit deinem Leben kannst du so viel nachdenken, wie du willst. Aber halte mich da bitte raus.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt bislang von irgendwelchen Privatangelegenheiten wüsste, doch es freut mich sehr, das zu hören, Brüderchen. Vielleicht könntest du einfach zu ihr rübergehen und mit ihr plaudern, wenn ihr schon nicht tanzen könnt.«
»Verkuppelst du mich etwa gerade? Falls dem so ist, lass es lieber. Ich brauche deine hilfreichen Ratschläge nicht.«
»Ach nein?«
»Nein.« Er sagte es fest und entschieden.
»Nun, du wirst schon deinen eigenen Plan verfolgen, denn wie es aussieht, hat die Lady dich soeben bemerkt und kommt direkt auf uns zu.«
Wäre Damien nicht so exzellent geschult gewesen, in jeder Situation seine Reaktionen zu verbergen, hätte er sicher einen Blick riskiert. So hingegen blieb er einfach stehen, lehnte sich mit einer Schulter an die Wand und gab sich möglichst unbeteiligt.
»Lord Damien.«
Er richtete sich auf. Mit einem höflichen Lächeln wandte er sich ihr zu. »Lady Lillian.«
Sie war nur noch wenige Schritte entfernt. Das topasfarbene Kleid umspielte ihren Körper, und in ihren Augen sah er eine Verletzlichkeit, die ihn zutiefst rührte …
»Ich … Guten Abend.«
»Guten Abend«, erwiderte er freundlich und fragte sich, warum sie zögerte. »Kennt Ihr schon meinen Bruder Robert?«
»Wir sind einander tatsächlich irgendwann vorgestellt worden.« Robert beugte sich mit dem entwaffnenden Charme, der ihm vor seiner Heirat die Herzen der Frauen zufliegen ließ und ihm seinerzeit den Ruf von Englands berüchtigtstem Lebemann eintrug, über ihre Hand. »Aber das ist schon lange her. Darf ich wohl anmerken, dass Ihr heute Abend wirklich bezaubernd ausseht, Mylady.«
»Vielen Dank.« Der kurze Moment der Irritation war vorbei. Sie sprach ruhig und würdevoll.
»Wenn Ihr mich bitte entschuldigt? Ich glaube, ich habe Tante Beatrice den nächsten Tanz versprochen, und wenn ich nicht pünktlich erscheine, werde ich mir was anhören müssen.« Robert ließ ihre Hand los und lächelte.
Wie offensichtlich, dachte Damien und blickte amüsiert über so viel Mangel an Raffinesse seinem Bruder nach, der gerade in der Menge verschwand.
»Ich wollte nicht stören.«
Damien hob eine Augenbraue. »Ganz und gar nicht. Ich würde es immer vorziehen, mit einer schönen Lady statt mit meinem trübseligen Bruder zu reden, glaubt mir.«
»Trübselig?«, hakte Lillian ungläubig nach. »Robert Northfield? Ich denke, die meisten Leute wären da anderer Ansicht, Mylord.«
»Sie wären überrascht, was eine respektable Heirat und die Vaterschaft aus einem notorischen Lebemann gemacht haben«, murmelte er und bemühte sich, seinen Blick nicht dorthin gleiten zu lassen, wo ihr großzügiges Dekolleté einen verführerischen Blick auf ihre Brüste gewährte. Natürlich alles im Rahmen von Anstand und Schicklichkeit, aber sie trug, ihrem Alter entsprechend, das Kleid einer Frau und nicht das eines Mädchens. Obwohl sie noch unverheiratet war. Und das fiel ihm auf.
O ja, und wie es ihm auffiel.
»Ist das so?« Ihre blauen Augen strahlten ihn an. »Sprecht Ihr da aus der Erfahrung des unverheirateten von drei Brüdern?«
Was wusste sie wohl sonst noch über ihn? Er fragte sich, ob sie sich über ihn erkundigt hatte nach diesem Abenteuer in der Bibliothek. »Sagen wir einfach, meine Familie schießt sich gerade auf diesen Status ein, und das finde ich anstrengend. Es war einfacher, gegen die Franzosen zu kämpfen.«
»Ihr sprecht mit der Frau, auf die derzeit die werte verwitwete Duchess of Eddington all ihre Anstrengungen richtet«, erwiderte Lillian trocken. »Am Ende dieses Abends wird sie mir eine Bilanz vorlegen, wie oft ich zum Tanzen aufgefordert wurde, wer was über mein Kleid gesagt hat und zu welchen Veranstaltungen ich in den kommenden Wochen eingeladen bin. Nicht zu vergessen die ernste Ermahnung, dass die Saison nicht ewig dauern wird.«
Er mochte ihre Offenheit. Und die Form ihrer Lippen, und wie ihre langen Wimpern Schatten auf ihre zarten Wangenknochen werfen und …«
» Ich danke dem Himmel, dass das so ist.« Damien zögerte, doch da seine Gehbehinderung für sie kein Geheimnis mehr war, gab er sich einen Ruck. »Ich kann Euch leider nicht zum Tanz auffordern, aber vielleicht könnten wir ein paar Minuten lang die frische Luft auf der Terrasse genießen?«
Lillian zögerte. Es war eine sternenklare Nacht. Nur ein paar vereinzelte dünne Wolken flogen dahin und
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