Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
Blick.
Lily räusperte sich. »Er ist zwanzig Jahre älter als ich.«
»Schon, aber ein Baronet mit einem soliden Vermögen.« Doch im nächsten Augenblick seufzte die Duchess. »Natürlich: Ihr seid jung und schön, und Northfield ist trotz seiner Behinderung ein wirklich attraktiver Mann. Keine Frage, dass er faszinierender ist als Sir George. Warten wir einfach ab, ob er wirklich seine Aufwartung macht, ja?«
Darauf wusste Lily nichts zu antworten. Zumal sie sich nicht sicher war, ob Damien Northfields Worte wirklich ernst gemeint waren oder ob er sie bloß hatte loswerden wollen, um dem geheimnisvollen Mann zu folgen.
»Ich nehme an, das müssen wir«, murmelte Lily.
Kapitel 11
Er war ohne jeden Zweifel eifersüchtig.
Auf ein Gemälde.
Das war doch lächerlich.
Oder nicht? Kunst war ihre Leidenschaft. Es war entmutigend, nur an zweiter Stelle zu stehen.
James fuhr mit der Hand durch seine Haare und schlug die Füße lässig übereinander. Er lag in einem Sessel ausgestreckt und starrte nachdenklich aus dem Fenster. Seit über einer Woche hatte er Regina nicht gesehen, und als er sich heute endlich entschloss, bei ihr vorzusprechen, ließ sie ihn unverrichteter Dinge wegschicken. Weil sie sich in ihr Atelier zurückgezogen habe und arbeiten wolle. Diese Beziehung lief ganz und gar nicht, wie er sich das vorstellte.
Während er einen Brandy trank, musste er sich eingestehen, dass ihre Abweisung ihn wirklich schmerzte. Mehr noch, er fürchtete beinahe, dass dies der Anfang vom Ende sein könnte. Regina band ihre Liebhaber nicht dauerhaft an sich.
»Verdammt«, murmelte er und nahm einen Schluck. Der melancholische Ruf eines Nachtvogels drang durch das halb offene Fenster und schien ihm wie ein Widerhall seines eigenen ruhelosen Gemütszustands. Draußen war es kalt, und die Luft roch nach Rauch, denn überall waren die Kamine angezündet. Auch er saß dicht am offenen Feuer in seinem Arbeitszimmer und genoss die wohlige Wärme. Er hatte sich entschieden, heute nicht auszugehen, denn dieses Gefühlsdurcheinander verwirrte ihn. James, den sonst nichts so schnell aus der Ruhe brachte, kannte so etwas nicht. Normalerweise verlief sein Leben in geordneten, vorgegebenen Bahnen.
»Sir?«
Er drehte sich um. Irgendwie hatte er nicht bemerkt, dass noch jemand in Hörweite war. Sein Kammerdiener stand in der Tür. Obwohl er sich oft im Haus der Bournes aufhielt, besaß er ein eigenes Apartment ein paar Straßen weiter. Es verschaffte ihm mehr Privatsphäre und Unabhängigkeit und war zudem erheblich ruhiger als ein vielköpfiger Haushalt, in dem seine Cousinen ständig etwas von ihm wollten. Brandon verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, wirkte verlegen. »Verzeiht, wenn ich störe, aber ich soll Euch das hier geben.«
James beäugte den Umschlag, schaute auf die Uhr. Kurz vor Mitternacht. Zwar wurden während der Saison die Nächte gerne zum Tag gemacht, aber für einen Botenbrief war es allemal ein merkwürdiger Zeitpunkt. »Von wem kommt das?«
»Es gibt keinen Absender, fürchte ich. Ein Diener hat den Brief überbracht und ist sofort wieder verschwunden.«
Wollte er dieses Spiel wirklich mitspielen? Als er die elegante Handschrift auf dem Briefumschlag erkannte, wusste er, dass er mitspielen würde, auch wenn er sich damit einmal mehr ihren Regeln beugte.
»Vielen Dank«, sagte er knapp, stand auf und nahm den Brief entgegen. Dann wartete er, bis Brandon diskret die Tür hinter sich geschlossen hatte, ehe er die Nachricht öffnete.
Wir sind jetzt so weit.
Was zum Teufel sollte das nun wieder heißen? Niemand, den er kannte, würde eine so kryptische Nachricht schicken. Nur einen Satz, ohne jede Erklärung. Das war typisch Regina.
Jetzt. In diesem Wort schwang eine Dringlichkeit mit, die ihn auf eine archaische Art ansprach. Aber sollte er wirklich springen, wenn sie rief, obwohl sie ihn zuvor weggeschickt hatte?
Die Antwort lautete eindeutig Ja, und fünfzehn Minuten später stieg er vor ihrem Stadthaus aus dem Sattel. Sein Stolz möge verflucht sein, doch er konnte ihr einfach nicht widerstehen. Und, zum Teufel, er würde es gar nicht erst versuchen.
Diesmal öffnete sie die Tür persönlich. In einem blauen Tageskleid mit einem Malerkittel darüber. Ihre Finger waren fleckig, und ihre Augen funkelten. Ihre offenen dunklen Haare umspielten die Schultern und fielen ihr über den Rücken, und in ihrem strahlenden Lächeln schwang eine ungezügelte Freiheit mit. »Ich bin
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