Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
des Erpressers lässt darauf schließen, dass nicht nur eine Person dahintersteckt. Kinkannon ist einer davon, aber der eigentliche Kopf dahinter ist ein anderer.«
Sir Charles Peyton nickte einem Regierungsbeamten zu, während sie über den hallenden Flur eilten. »Wenn ich an den fraglichen Burschen denke, überrascht mich das nicht. Was wisst Ihr noch?«
»Ich bin jetzt sicher, dass die jungen Männer nicht Selbstmord begangen haben, obwohl mir die Motive, warum sie sterben mussten, nach wie vor nicht klar sind.«
Peyton warf Damien Northfield einen scharfen Blick zu. »Ist das so?«, murmelte er. »Vielleicht sollten wir lieber einen anderen Ort aufsuchen, um dieses Gespräch ungestört fortsetzen zu können.«
Weil es offensichtlich um kaltblütigen Mord ging und weil das Ganze vorerst höchst geheim bleiben sollte, verließen sie das Gebäude, wo überall ungebetene Lauscher herumlaufen konnten, und steuerten eine kleine Wirtschaft an. Sir Charles bestellte Ale, stützte die Ellbogen auf den Tisch und hob fragend die Brauen. »Sprecht weiter.«
»Ich kann noch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, wer Kinkannon auf die Männer ansetzt.« Damien rutschte auf seinem wackligen Stuhl herum. »Aber zumindest habe ich Folgendes herausgefunden: Die Drohungen basieren allesamt auf kleinen Sünden wie Spielschulden, Affären. Zumeist nichts absolut Katastrophales und schon gar kein Verbrechen. Es geht darum, die Männer gesellschaftlich zu kompromittieren. Man droht ihnen richtiger gesagt damit, falls sie nicht zahlen. Und dann sterben plötzlich einige der Opfer.«
»Nur einige?« Peyton nickte dem Schankmädchen zu, das achtlos die beiden Krüge auf den Tisch schob, und drückte ihr ein paar Münzen in die Hand. Zu dieser frühen Stunde war die Wirtschaft fast leer.
»Ja. Das ist der Punkt, an dem ich nicht weiterkomme. Euren Neffen eingeschlossen, weiß ich jetzt von vier Opfern, aber ich wette, dass es mehr gibt.« Er beäugte das Getränk mit wenig Begeisterung. Das Ale war allerhöchstens lauwarm, und überdies zweifelte er an der Sauberkeit des Glases. Andererseits hatte er in Spanien bereits aus schmutzigeren Gefäßen getrunken, einmal sogar aus einer dreckigen Pfütze, als er fast am Verdursten war. »Es gab zuletzt zahlreiche ungeklärte Todesfälle. Der letzte war der Sohn des Earl of Havesham, der angeblich von seinem Pferd totgetreten wurde. Im Stall, sehr merkwürdig. Keiner der Stallburschen, die Sharpe befragte, hielten diese Erklärung für wahrscheinlich. Das Tier war ordentlich ausgebildet und zugeritten und galt als folgsam. Bei seinen weiteren Erkundigungen kam Alfred dahinter, dass der junge Mann eine der Spülmägde geschwängert hatte und wohl verzweifelt bemüht war, diesen Umstand vor seinem Vater geheim zu halten. Das könnte also der Grund gewesen sein, warum er Ziel einer Erpressung wurde. Trotzdem finde ich diesen Unfall höchst verdächtig.« Damien schnupperte missbilligend, denn durch den schmuddeligen Schankraum wehte gerade ein übler Geruch.
Peyton hingegen schien das nicht zu bemerken. »Tut Ihr das. Warum?«
Es gab einige gute Gründe, die Todesfälle mit Kinkannons Erpressungen in Verbindung zu bringen – die meisten Fakten hatte der unerschrockene Sharpe ausgegraben. Handfeste Beweise allerdings fehlten nach wie vor, und so stützte sich seine Überzeugung bislang lediglich aufVermutungen. Keine gute Voraussetzung, und doch glaubte Damien sich auf seine Intuition verlassen zu können. Die hatte sich schließlich häufig genug bewährt.
»Da ist noch mehr«, fuhr er bedächtig fort. »Vor sechs Monaten hat Archibald Gorsham, Lord Finnians ganzer Stolz, sich angeblich im Garten hinter dem Landsitz seines Vaters erschossen. Er war trotz der blinden väterlichen Liebe ein arrogantes Arschloch, wenn ich das so sagen darf. Ein eitler Pfau, der mit dem Geld um sich warf, den Frauen nachstieg und sich nicht um die Konsequenzen scherte. Diskrete Nachfragen haben ein umfangreiches Sündenregister zutage gefördert. Er hatte Spielschulden, unterhielt Affären mit verheirateten Frauen und dergleichen mehr. Sogar seinen Abschluss in Cambridge soll er sich gekauft haben, heißt es. Niemand scheint ihn gemocht zu haben, und unter der Dienerschaft war er verhasst. Ich zähle das alles auf, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass ein so skrupelloser Kerl sich wegen irgendeiner in seinen Augen lässlichen Sünde das Leben genommen haben soll. Überzeugt mich einfach nicht. Kurz gesagt,
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