Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
ich erst dahintergekommen, welches Ausmaß diese Erpressungen vermutlich haben. Sein Geheimnis hat nichts mit Spielsucht zu tun, sondern mit etwas völlig anderem.« Er war nicht bereit, über Arthurs sexuelle Vorlieben auch nur ein Wort zu verlieren. »Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist jedoch in allen Fällen identisch: Wie erfährt unser Erpresser von diesen kleinen, delikaten Details? Es muss eine Verbindung zwischen allen Opfern geben, nur bin ich an diesem Punkt noch keinen Schritt weitergekommen.«
»Sobald Ihr die Antwort gefunden habt, lasst es mich wissen.« Sir Charles schaute auf sein Glas Ale, verzog das Gesicht und schob es beiseite. »Gebt mir Nachricht, sobald alles erledigt ist.«
Damien musste grinsen, als er sein Ale austrank. Peyton ließ ihn mal wieder die ganze Arbeit machen.
Es war, als müsse sie erneut ein dunkles Geheimnis hüten, nur eben ein ganz anderes als das vor vier Jahren.
Männer, dachte Lily gereizt, musste aber sogleich lächeln. Was zwischen ihr und Damien passiert war, hatte schließlich gar nichts gemeinsam mit der Beziehung zwischen ihr und Arthur. So etwas wäre mit ihm gewiss nie passiert.
Lily lächelte versonnen. Es war herrlich gewesen – und so erregend verrucht.
Sie war noch vor Sonnenaufgang heimgebracht worden, völlig unauffällig und geräuschlos. Niemand hatte sie auf dem Weg durch die langen Korridore entdeckt, obwohl der Duft nach frisch gebackenem Brot ihr verriet, dass längst nicht mehr alle schliefen.
Später am Vormittag saß sie in der Badewanne und verspürte eine geradezu überschäumende Laune, die selbst der wolkenverhangene Himmel, den sie durch die Fenster sah, nicht zu trüben vermochte. Wie schnell das Leben sich von einem Tag zum anderen doch verändern konnte, dachte sie. Mal zum Schlechteren, aber Gott sei Dank auch mal zum Besseren … Warm umschmeichelte das Wasser ihre Haut, und das leicht wunde Gefühl zwischen ihren Beinen erinnerte sie daran, dass die letzte Nacht kein Traum gewesen war. Sie lehnte ihren Kopf gegen den Wannenrand und atmete den Duft der Fliederseife ein.
Als sie sich zum ersten Mal verliebte, hatte es ihr Leben beinahe ruiniert. Beim zweiten Mal wollte sie alles nachholen, was ihr dadurch bislang versagt geblieben war. Wirklich alles. Ohne Rücksicht auf Sitte und Anstand. Und daran war kein anderer als Damien Northfield schuld, der sie von Anfang an mit dieser Aura aus Geheimnissen und Intrigen in seinen Bann geschlagen hatte. Sie lächelte. Welch ein Kontrast. Nach Arthur, dem respektablen Gentleman mit einer unziemlichen Neigung, jetzt ein Spion mit Vergangenheit und ein perfekter Liebhaber dazu.
Sie erhob sich aus der Wanne und rieb mit dem Handtuch ihren Körper trocken – seit letzter Nacht war sie sich viel mehr ihrer Weiblichkeit bewusst als zuvor. Damien hatte versprochen, sie heute zu besuchen, und so wählte sie ein besonders hübsches Tageskleid aus einem aprikotfarbenen Seidenstoff. Sie passte sogar auf, als ihre Zofe ihr die Haare frisierte, was sie sonst für eher unwichtig hielt. Heute aber wollte sie in jeder Hinsicht elegant und modisch aussehen. Und begehrenswert.
Wenn sie an die vergangene Nacht zurückdachte, fragte sie sich manchmal, ob nicht alles bloß ein Traum gewesen war. Eine flüchtige Illusion. Oder waren sie Wirklichkeit, diese intimen, magischen Momente, in denen sie miteinander flüsterten, im Mondlicht verrückte, schamlose Dinge taten … Sie glaubte und glaubte wieder nicht, dass das alles passiert war.
Sie straffte die Schultern und ging nach unten. Ihre Gnaden, informierte man sie, sei bereits anwesend und werde beim Lunch zugegen sein. Die gute Eugenia war wirklich unermüdlich, dachte Lily. Ob ihre Argusaugen ihr wohl die Veränderung anmerkten? Umgab sie plötzlich ein besonderes Strahlen, das sie verriet? Sah man ihr an, dass sie keine Jungfrau mehr war?
Offenbar nicht, zumindest ihre Schwestern ließen kein anderes Verhalten ihr gegenüber erkennen. Carole fragte sie bloß: »Kommst du heute Abend mit?« Um Zeit zu schinden, nahm Lily noch eine Kelle von der Suppe, ehe sie nachfragte. »Zur Party bei den Brittons?« Die Einladung war schon vor einigen Wochen gekommen, und sie wollte eigentlich so tun, als habe sie den Termin vergessen. »Ich kann nicht …«, setzte sie daher an.
»Ich habe die Einladung bereits für euch alle angenommen, Lillian«, unterbrach die Duchess sie mit gewohnt scharfer Stimme und blickte sie vom anderen Ende der Tafel streng an.
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