Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
schlug sie vor. Es war noch früh, und die meisten jungen Damen saßen plaudernd im Empfangszimmer, und mehr als eine warf ihm einen abschätzenden Blick zu, als er Madame zu einem Korridor folgte, von dem mehrere Türen abgingen. Ein Lakai öffnete schwungvoll eine davon.
»Setzt Euch bitte, Mylord.« Cyrene zeigte auf einen Stuhl und nahm ihm gegenüber Platz, bevor sie anmutig nach einem Glas Sherry griff, von dem sie offenbar vor seiner Ankunft bereits getrunken hatte. »Ich habe Eure Nachricht erhalten und bin jetzt natürlich neugierig. Wie kann ich Euch behilflich sein?«
Sie war in gewisser Weise eine Berühmtheit unter den Männern der ersten Gesellschaftskreise. Man erzählte sich, sie nehme sich selbst nie einen Liebhaber, allenfalls dann, wenn sie sehr exklusive Vereinbarungen treffen könne. Auch wenn ihm einschlägige Erfahrungen fehlten, vermochte er sich das gut vorzustellen. Sie war auf eine opulente Art wunderschön mit den dunklen, schimmernden Haaren, den dezent geschminkten vollen Lippen und den hohen Wangenknochen.
»Ich benötige Informationen über einen Eurer Kunden.«
»Nein.« Die Antwort kam sehr entschieden. Sie schüttelte den Kopf trotz ihres nach wie vor bezaubernden Lächelns. »Ich würde ziemlich schnell meine Geschäftsgrundlage verlieren, wenn ich irgendwelche Details über die Gentlemen preisgäbe, die für ihre Besuche hier gutes Geld bezahlen. Ich bin überzeugt, das versteht Ihr.«
»Was wäre, wenn einer Eurer Kunden Euren guten Willen und Eure Dienste ausnutzen würde, um pikante Details in die Hände zu bekommen und sie gegen andere Gäste einzusetzen?«
Ihre Miene veränderte sich, obwohl sie sich weiterhin erstaunlich gut im Griff hatte. Ein Mann, der nicht über seinen geschulten Blick verfügte, hätte ihr leichtes Zögern vermutlich nicht einmal bemerkt. »In welcher Hinsicht? Wer ist er?«
»Aha.« Er lehnte sich zurück und schaute sie undurchdringlich an. »Wisst Ihr, Ihr seid nicht die Einzige, der es widerstrebt, so einfach eine Quelle preiszugeben. Ich habe verständlicherweise kein Interesse daran, den Betreffenden zu warnen.«
Sie beobachtete ihn wachsam. Die charmante Kurtisane war einer praktischen Frau gewichen. »Und ich habe kein Interesse daran, meine Stammkunden zu verschrecken, weil es Hinweise auf indiskrete Enthüllungen gibt. Sie kommen hierher und vertrauen darauf, nicht nur ihren Spaß zu haben, sondern auch völlige Anonymität zu genießen.«
Mit ihrer präsenten Sinnlichkeit passte sie in diesen Raum mit den blassrosa Satintapeten und dem pastellfarbenen Interieur. Gut, sie führte ein Bordell, aber er wusste auch dank einiger Erkundigungen, die er über sie eingezogen hatte, dass sie als besonnene Geschäftsfrau galt. Ihre Karriere in diesem Gewerbe hatte sie übrigens als Mätresse eines deutlich älteren Duke begonnen. »Ich bin ziemlich sicher, dass sie ihren Spaß haben«, murmelte er. »Die Anonymität hingegen möchte ich bezweifeln. Sonst wäre ich nämlich nicht hier. Außerdem will ich keine Liste Eurer Kunden, sondern nur über einen ganz bestimmten etwas in Erfahrung bringen.«
»Woher soll ich wissen, dass diese Information nicht bis zu meinem Etablissement zurückverfolgt wird?«
»Und woher soll ich wissen, dass Ihr ihm keine Nachricht schickt, sobald ich diesen Raum verlasse? Es geht im Leben doch oft genug darum, jemandem einen Vertrauensvorschuss zu geben. Findet Ihr nicht auch?«
»Das denke ich tatsächlich.«
Geduld war eine der Tugenden, die ihm nicht von Natur aus gegeben waren – er hatte es erst während des Krieges gelernt. Jetzt jedenfalls saß er ganz ruhig da und wartete. Schließlich seufzte sie und hob schwach eine Hand. »Ich will ihn nicht hierhaben, wenn er mich in Misskredit bringt oder unsere Dienste zu anderen Zwecken nutzt als zu denen, die wir ihm bieten. Ich werde Euch sagen, was ich weiß, wenn Ihr mir seinen Namen nennt. Und natürlich gebt Ihr mir Euer Wort, Mylord, dass niemand je erfahren wird, von wem Ihr diese Information habt.«
»Ich gebe Euch mein Wort. Es geht um Edgar Kinkannon.«
»Kinkannon.« Etwas an ihrer Stimme klang verächtlich, als sie den Namen wiederholte.
»Ich habe mir schon gedacht, dass Ihr ihn kennt.«
»Selbstverständlich kenne ich ihn. Warum überrascht es mich nur nicht, dass Ihr seinetwegen gekommen seid?« Cyrene lachte kurz auf und senkte die Lider. »Es gibt einige Männer, bei denen spürt man sofort, dass sie nichts als Ärger bringen. Er ist hier
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